Wissen Wer ist im Recht beim Einkauf im Supermarkt?

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Ist Naschen am Obst erlaubt? Darf die Verkäuferin dem Kunden in die Tasche schauen, wenn sie einen Diebstahl vermutet? Über die häufigsten Rechtsirrtümer beim Einkaufen.

Die Weintrauben sehen köstlich aus – doch ob der Anblick hält, was er verspricht, merkt man leider erst beim Reinbeißen. Also stecken sich viele Kunden am Obstregal die eine oder andere Beere in den Mund. Erlaubt ist das laut Stiftung Warentest aber nicht – streng genommen handelt es sich dabei um Diebstahl. Denn bis zum Bezahlen gehört die Ware grundsätzlich dem Supermarkt.

Wer Obst oder Gemüse vorab probieren möchte, muss das Personal fragen. In Ordnung ist es, den Reifegrad von Früchten durch vorsichtiges Betasten zu testen. Und eine Flasche Wasser zu öffnen, bevor man an der Kasse ist, geht nur, wenn „erkennbar ist, dass man die Ware am Ende auch bezahlen wird“, sagt Jürgen Widder, Rechtsanwalt aus Bochum. Im Zweifel könnten durstige Kunden das Personal darauf hinweisen.

Sind auch alle Eier in der Packung noch heil? Viele Kunden werfen lieber einen Blick hinein, bevor sie den Karton in den Einkaufswagen legen. Kein Problem, sagt das Verbraucherschutzministerium Baden-Württemberg: Kunden dürfen Eierkartons oder Aktionsware öffnen, wenn sie dabei weder Verpackung noch Inhalt beschädigen. Das gilt selbst dann, wenn Warnhinweise behaupten, dass das Öffnen zum Kauf verpflichten würde. Das hat keine Rechtswirkung.

Beschädigt man die Verpackung, zahlt man

Wichtig ist allerdings, die Verpackung behutsam aufzumachen und sie wieder zu verschließen. Wenn der Inhalt beschädigt wird, muss in der Regel das Produkt bezahlt werden. Ist nur die Verpackung kaputtgegangen, müssen die Kunden allenfalls für diesen Schaden aufkommen.

Das Bier ist im Sonderangebot – da könnte so mancher auf die Idee kommen, sich einen Vorrat für das nächste halbe Jahr anzulegen und die Kisten zu Hause im Keller zu stapeln. Doch der geplante Großeinkauf platzt dann manchmal spätestens an der Kasse. Denn in der Regel dürfen Kunden im Supermarkt nur „haushaltsübliche Mengen“ mitnehmen, wie die Stiftung Warentest erläutert.

Hintergrund: Gerade von besonders begehrter Ware, die als Sonderangebot angepriesen wird, sollen so viele Personen wie möglich etwas haben. Denn Kunden, die leer ausgehen, könnten sich sonst getäuscht fühlen. Was „haushaltsüblich“ ist, dafür gibt es allerdings keine rechtlich bindende Definition – das dürfen die Händler selbst entscheiden.

Umtausch ausgeschlossen

Bringt jemand versehentlich Makkaroni statt Spaghetti nach Hause, hat er kein Recht darauf, die Nudeln wieder umzutauschen – auch wenn die Packung unversehrt und der Kassenbon noch da ist. „Das 14-tägige Rückgaberecht gibt es im stationären Handel nicht“, erklärt Rechtsexperte Widder. Hier sind Kunden auf die Kulanz der Händler angewiesen, solange die Ware keine Mängel aufweist.

Mitunter drucken die Händler aber Umtauschfristen auf ihre Kassenbons. In diesem Fall sind die Kunden an die dort gemachten Angaben gebunden, denn die gehören zum Kaufvertrag, den man mit dem Bezahlen an der Kasse abgeschlossen hat.

Ein heikles Thema ist der Ladendiebstahl. In die Tasche eines Kunden darf das Ladenpersonal bei einem Verdacht nicht schauen – und selbst öffnen muss der Kunde sie gegen seinen Willen auch nicht. Taschen gehören zum rechtlich geschützten Privatbereich, heißt es beim Verbraucherschutzministerium Baden-Württemberg. Wird ein Dieb dagegen auf frischer Tat ertappt, darf ihm das Personal das Diebesgut natürlich wieder abnehmen.

Ladendiebstahl: Nur die Polizei darf filzen

Besteht aber nur der Verdacht, dass der Kunde etwas eingesteckt hat, muss das Personal erst die Polizei rufen, die dann die Taschen kontrolliert. Der Kunde ist in diesem Fall verpflichtet, bis zum Eintreffen der Polizei zu warten und kann solange im Laden festgehalten werden.

Dass beim Einkauf mal ein Becher Joghurt oder ein Glas Gurken herunterfällt und dabei kaputtgeht, ist den meisten Menschen schon mal passiert. Normalerweise kommt dann ein Verkäufer mit dem Putzlappen und wischt das Malheur wieder weg – auf eine Erstattung wird verzichtet. Ein Entgegenkommen der Händler, betont die Arag Rechtsschutzversicherung: Denn eigentlich müsste der Kunde in einem solchen Fall den Schaden ersetzen, auch wenn er das Produkt noch nicht gekauft hat.

Besteht ein Händler darauf, etwa wenn es sich um besonders hochwertige Ware wie etwa ein Smartphone handelt, kann der Kunde den Schaden bei seiner Haftpflichtversicherung geltend machen.

Zeitung durchblättern ist erlaubt

Im Supermarkt in Zeitungen oder Zeitschriften zu blättern, ist erlaubt – solange man sie dabei nicht beschädigt, heißt es bei der Arag Rechtsschutzversicherung. Wer also nicht gerade fettige Finger hat, darf sich eine Zeitschrift ansehen, ohne sie zu kaufen. Wer allerdings in aller Ruhe ganze Artikel liest, den kann der Händler des Ladens verweisen.

Wann der Supermarkt haftet

Stürzt ein Kunde wegen größerer Unebenheiten oder anderer Hindernisse, haftet der Marktbetreiber für den Schaden. Das hat das Oberlandesgericht Hamm im Fall eines Kunden entschieden, der im Außenbereich eines Lebensmittelgeschäfts unglücklich gefallen war und sich dabei einen komplizierten Oberarmbruch zugezogen hatte. Der Marktbetreiber sei dafür verantwortlich, das Geschäft wie auch den Außenbereich in Schuss zu halten, befanden die Richter. Bei Gehwegen entspreche es der überwiegenden Rechtsprechung, dass Fußgänger Unebenheiten bis 2 oder 2,5 Zentimeter hinnehmen müssen. Mit tieferen Kanten oder Löchern müssten sie dagegen nicht rechnen, lautete die Argumentation des Gerichts (Aktenzeichen: 9 U 158/15). Dem Kunden wurde für seine Verletzung ein Schadenersatz zugesprochen.

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