Wissen Wann wird es wieder eisig?

Steigt weniger Tiefenwasser aus dem Antarktischen Ozean auf, bleibt auch das Kohlendioxid in der Tiefe.
Steigt weniger Tiefenwasser aus dem Antarktischen Ozean auf, bleibt auch das Kohlendioxid in der Tiefe.

Von winzigen Ozeanfossilien und ihrer Rolle beim Wechsel zwischen Warm- und Eiszeiten

Während der letzten Eiszeiten waren die Kohlendioxid-Konzentrationen in der Atmosphäre niedriger als in der übrigen Zeit. So viel ist schon länger klar. Die Ursache des Phänomens lag hingegen bislang im Dunkeln.

Nun haben Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz und der Universität Princeton in New Jersey Hinweise darauf gefunden, dass während der Eiszeiten im Antarktischen Ozean weniger Tiefenwasser aufgestiegen ist. Das wiederum hat dazu geführt, dass mehr des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) in der Tiefsee zurückgehalten wurde. Die deutsch-amerikanische Studie hilft, den Klimazyklus zwischen den Eis- und Warmzeiten besser zu verstehen. Sie deutet aber auch darauf hin, dass sich der Tiefenwasseraufstieg infolge der globalen Erwärmung verstärken wird. Als Folge erwarten die Forscher, dass sich die Konzentration des atmosphärischen CO2, das globale Klima und die Ökosysteme der Ozeane verändern werden.

Schwankungen in Erdumlaufbahn um die Sonne

Die Entstehungsgeschichte der Erde ist in Millionen von Jahren von häufigen glazial-interglazial-Zyklen (Eiszeit-Warmzeit-Zyklen) geprägt. Die großen Klimaschwankungen waren mit dem Wachstum und Schrumpfen massiver, kontinentübergreifender Eisdecken verbunden. Ursache für die Entstehung der Eiszeiten sind Schwankungen in der Erdumlaufbahn um die Sonne. Sie reichen jedoch nicht aus, um eine so große klimatische Veränderung zu erklären. Die Wissenschaft ging deshalb schon länger davon aus, dass ein Rückkopplungsmechanismus innerhalb des Klimasystems diese Schwankungen verstärkt.

Bereits in den 1970er-Jahren hatten Wissenschaftler herausgefunden, dass die atmosphärische Konzentration des Treibhausgases CO2 während Eiszeiten um etwa 30 Prozent geringer ist. Deshalb ging man davon aus, dass die CO2- Konzentration in der Atmosphäre der Verstärker dieser Klimazyklen ist. Es gab Hinweise darauf, dass das CO2 während Eiszeiten tief unten im Wasser der Ozeane gespeichert ist.

Windgetriebener Wasseraufstieg der Schlüssel

Das internationale Wissenschaftlerteam hat nun herausgefunden, dass Veränderungen im Oberflächenwasser des Antarktischen Ozeans dazu führten, dass mehr CO2 in der Tiefsee gespeichert wurde. Mithilfe von Sedimentkernen aus dem Antarktischen Ozean erstellten die Forscher detaillierte Datensätze über die chemische Zusammensetzung von organischem Material, das in den Fossilien von Kieselalgen eingeschlossen wurde. In einer Studie zeigen sie, dass es zu einer systematischen Verringerung des windgetriebenen Tiefenwasserauf-stiegs im Antarktischen Ozean während der Eiszeiten kam.

„Die Ursache der Eiszeiten ist eines der großen ungelösten Probleme in den Geowissenschaften“, so Daniel Sigman, Professor für geologische und geophysikalische Wissenschaften an der Universität Princeton. „Wenn wir dieses Klimaphänomen erklären können, werden wir zukünftige Klimaveränderungen besser vorhersagen können.“

Im tiefen Wasser hohe Konzentration an Stickstoff

Bei dem neuen Ansatz werden Diatomeen (Kieselalgen) untersucht. „Die Analyse der in den Kieselalgenfossilien eingeschlossenen Stickstoffisotope zeigt die Stickstoffkonzentration im Oberflächenwasser in der Vergangenheit“, erklärt Ellen Ai, Erstautorin der Studie. „Tiefseewasser weist hohe Konzentrationen von Stickstoff auf, auf den das Plankton angewiesen ist. Je stärker der Auftrieb in der Antarktis ist, desto höher ist die Stickstoffkonzentration im Oberflächenwasser.“

Durch einen neuen Ansatz zur Datierung der antarktischen Sedimente wurden die Daten noch aussagekräftiger. So wurde die Temperaturveränderung des Oberflächenwassers in den Sedimentkernen rekonstruiert und mit den Aufzeichnungen der Lufttemperatur der antarktischen Eiskerne verglichen.

„Diese neue Methode ermöglichte es uns, den Kieselalgen-Stickstoff-Datensatz mit gleichzeitigen Klima- und Ozeanveränderungen aus der ganzen Welt in Verbindung zu bringen“, erklärt Alfredo Martínez-García vom Max-Planck-Institut für Chemie. „Damit sind wir jetzt in der Lage, den Zeitpunkt zu bestimmen, an dem der Aufstieg des Tiefenwassers abklingt und das Klima beginnt, sich abzukühlen. Wir können zudem die Veränderungen des Tiefenwasseraufstiegs in der Antarktis mit den schnellen Klimaschwankungen während der Eiszeiten in Verbindung bringen.“

CO2- Veränderungen verlängern Warmzeit

Die neuen Erkenntnisse erlaubten es den Forschern auch zu entschlüsseln, wie die Veränderungen des antarktischen Auftriebs und des atmosphärischen CO2 mit den orbitalen Auslösern der Eiszeit-Zyklen zusammenhängen. Dies hilft, den Ursprung der Eiszeiten besser zu verstehen.

„Unsere Entdeckungen zeigen, dass die durch den Tiefenwasseraufstieg verursachte atmosphärische CO2-

Veränderung zwar zentral für die Eiszeit-Zyklen war, aber nicht in der Art und Weise, wie viele von uns angenommen hatten“, fasst Daniel Sigman zusammen. „Anstatt zum Beispiel den Übergang von einer Warmzeit in die Eiszeit zu beschleunigen, verursachte der antarktische Auftrieb CO2-

Veränderungen, die die Warmzeit verlängerten.“

Die Ergebnisse der Studie helfen auch bei Vorhersagen, wie der Ozean auf die globale Erwärmung reagieren wird. „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass sich die Atmosphäre und der Antarktische Ozean im kommenden Jahrhundert stark verändern werden“, schätzt Ellen Ai. „Dadurch, dass sich der windgetriebene Tiefenwasseraufstieg im Antarktischen Ozean während der vergangenen Warmzeiten deutlich verstärkt hat, lässt sich vermuten, dass sich der Auftrieb auch unter der globalen Erwärmung verstärken wird. Dies wird sich auf die biologischen Bedingungen im Antarktischen Ozean und das Eis auswirken.

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