Wissen Schwarzes Loch fast in der Nachbarschaft

Eine Simulation zeigt die Nahansicht des stellaren Schwarzen Lochs Gaia BH1.
Eine Simulation zeigt die Nahansicht des stellaren Schwarzen Lochs Gaia BH1.

Mit Daten des Esa-Astronomiesatelliten Gaia hat ein Max-Planck-Team das erdnächste bekannte Schwarze Loch gefunden. Getauft wurde es auf den Namen Gaia BH1.

„Gaia BH1 ist ein Rekordhalter, da es weniger als mit weniger als 1600 Lichtjahren Entfernung halb so weit weg liegt wie das nächste bisher bekannte Schwarze Loch“, betonen die Wissenschaftler. Winzige Positionsverschiebungen des Sterns verrieten die Anwesenheit des Begleitobjekts. Mit derselben Methode sollten sich noch zahlreiche weitere Schwarze Löcher entdecken lassen, vermutet die MPIA-Gruppe. „Die Eigenschaften des Doppelsternsystems sind freilich unerwartet und weisen auf eine Lücke im Verständnis der Astronomen hin, wie solche Systeme überhaupt entstehen“, berichtet Kareem El-Badry, der die MPIA-Gruppe (Max-Planck-Institut für Astronomie) auch für das Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics leitet.

Schwarze Löcher seien per Definition schwer zu beobachten: Ihre Masse sei in einer Region mit extrem kleinem Durchmesser konzentriert, aus welcher die resultierende extrem starke Schwerkraft nichts entweichen lasse, nicht einmal Licht. Dennoch seien diese Objekte seit Jahrzehnten ein wichtiger Teil unseres Bildes vom Universum. Dies gelte insbesondere für sogenannte stellare Schwarze Löcher mit einigen Sonnenmassen, die als Endzustand von sehr massereichen Sternen auftreten.

Viele schwarze Objekte noch nicht entdeckt

In unserer Heimatgalaxie, der Milchstraße, gebe es schätzungsweise hundert Millionen stellare schwarze Löcher. Aufgrund der grundlegenden Schwierigkeiten bei der Beobachtung schwarzer Objekte habe allerdings nur ein geringer Teil davon bislang nachgewiesen werden können. Einige seien von Gravitationswellendetektoren aufgespürt worden, andere – einige Dutzend – durch Teleskopbeobachtungen. Die meisten Schwarzen Löcher umkreisten einen Begleitstern, der nahe genug sei, dass die Schwerkraft des Schwarzen Lochs Wasserstoffgas aus dem Begleitstern in eine sogenannte Akkretionsscheibe ziehen könne, die das Schwarze Loch umgibt. Das Gas werde dabei heiß genug, um beträchtliche Mengen an Röntgenstrahlung zu emittieren. Es gibt 20 bekannte „Röntgendoppelsterne“ dieser Art und weitere 50 Kandidaten.

Bereits seit einigen Jahren würden Astronomen die Hoffnung hegen, dass die Esa-Mission Gaia einen neuen Weg zur Entdeckung und Charakterisierung von Schwarzen Löchern in Doppelsternsystemen eröffnen könnte: indem sie ergänzende Informationen liefert zu anhand der Spektren von Sternen gewonnenen Daten. „Gaia ist für hochpräzise Messungen von Sternpositionen ausgelegt. Dazu gehört auch die Fähigkeit, die Bewegung eines sichtbaren Sterns am Himmel zu dokumentieren, und daraus wiederum lässt sich auf die Anwesenheit eines unsichtbaren Begleiters schließen“, erläutert die Forschergruppe.

Mit hochwertigen Daten Nadel im Heuhaufen finden

Binärsysteme bei denen einer der Partner ein Schwarzes Loch ist, seien allerdings im Vergleich zur Gesamtanzahl von Doppel- oder Mehrfachsystemen sehr selten. Daher sei die Reichweite von Gaia für die Suche ebenso wichtig wie die Genauigkeit: „Hochwertige Daten für mehr als hunderttausend Doppelsternsysteme bieten eine gute Chance, die Nadel im Heuhaufen zu finden, das Schwarze Loch unter den vielen normalen Doppelsternsystemen“, so El-Badry.

Anhand besonders geeigneter Auswahlkriterien seien sechs „Kandidaten“ für ein Schwarzes Loch herausgefiltert worden. „Bei Gaia BH1 passte alles zusammen. Alle verfügbaren Daten waren wechselseitig stimmig. Zusätzliche Gewissheit brachten Teleskop-Beobachtungen“, so die Forschergruppe.

Alles spreche dafür: Gaia BH1 ist ein System mit einem unsichtbaren Objekt mit einer Masse, die der von rund zehn Sonnen entspricht; und das System umkreist einen sonnenähnlichen Stern mit einer Umlaufzeit von 185,6 Tagen. Der Abstand zwischen Stern und Begleiter entspreche in etwa dem durchschnittlichen Abstand zwischen Erde und Sonne.

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