Wissen Himmelsscheibe: Eisen und nicht Bronze

Die Himmelsscheibe ist in der Ausstellung „Bewegte Zeiten. Archäologie in Deutschland“ im Martin-Gropius-Bau in Berlin zu sehen.
Die Himmelsscheibe ist in der Ausstellung »Bewegte Zeiten. Archäologie in Deutschland« im Martin-Gropius-Bau in Berlin zu sehen. Neue Untersuchungen lassen Zweifel an ihrem wahren Alter wachsen.

Bisher galt die Himmelsscheibe von Nebra als frühbronzezeitlich und damit als älteste Himmelsdarstellung der Welt. Forscher der Universität in Frankfurt und München haben nun herausgefunden, dass sie vermutlich aus der Eisenzeit stammt und damit viel jünger ist. Zu diesem Ergebnis kamen Archäologen der Goethe-Universität Frankfurt und der Ludwig-Maximilians-Universität München, als sie erneut verschiedene Daten zur Rekonstruktion von Fundort und Begleitumständen der Funde analysierten. Es zeigte sich, dass die Scheibe in die Eisenzeit datiert werden muss und damit rund 1000 Jahre jünger ist als bisher angenommen. Laut der Universität sind damit alle bisherigen astronomischen Interpretationen hinfällig.

Archäologisch mit nichts zu vergleichen

Die Himmelsscheibe von Nebra ist einer der bedeutendsten archäologischen Funde Deutschlands und zählt seit 2013 zum Unesco-Weltdokumentenerbe. Sie wurde 1999 bei Raubgrabungen gefunden, nach Angaben der Raubgräber zusammen mit bronzezeitlichen Schwertern, Beilen und Armschmuck. Dieser Fundzusammenhang war für die wissenschaftliche Datierung wichtig, denn die Scheibe selber konnte weder naturwissenschaftlich noch archäologisch durch Vergleiche mit anderen Objekten datiert werden. In langjährigen Untersuchungen versuchten daher mehrere Forschergruppen sowohl die Zuweisung des angeblichen Fundortes als auch die Zusammengehörigkeit der Objekte unabhängig von den vagen Angaben der Raubgräber zu verifizieren.

Rupert Gebhard, Direktor der Archäologischen Staatssammlung München und Lehrender an der Ludwig-Maximilians-Universität, und Rüdiger Krause, zuständig für Vor- und Frühgeschichte Europas an der Goethe-Universität Frankfurt, haben jetzt Fundumstände und Forschungsergebnisse zur Himmelsscheibe von Nebra umfassend analysiert. Ihre Ergebnisse: Bei der Stelle, die bisher als Fundort galt und die in einer Nachgrabung untersucht wurde, handele es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht um die Fundstelle der Raubgräber. Es gebe zudem keine überzeugenden Hinweise darauf, dass die bronzezeitlichen Schwerter und Beile sowie der Armschmuck ein zusammengehöriges Ensemble bilden. Deshalb müsse man davon ausgehen, dass es sich nicht um eine der typischen Deponierungen der Bronzezeit handelt und die Scheibe sich nicht zusammen mit den anderen Objekten in originaler Lage im Grabungsloch befunden habe.

Scheibe muss neu interpretiert werden

Damit, so die Archäologen, müsse die Scheibe als Einzelfund untersucht und bewertet werden. Stilistisch und kulturell lässt sich die Himmelsscheibe nicht in die frühbronzezeitliche Motivwelt des beginnenden zweiten Jahrtausends vor Christus einfügen. Deutlichere Bezüge lassen sich zur Motivwelt der Eisenzeit des ersten Jahrtausends vor Christus herstellen.

Auf einer veränderten Datenlage und auf Grundlage dieser neuen Einschätzung, so Gebhard und Krause, müssten alle bisherigen, teilweise weitreichenden kulturgeschichtlichen Schlussfolgerungen neu und ergebnisoffen diskutiert werden. Grundlage hierzu müsse die Vorlage aller bisher nicht veröffentlichten Daten und Fakten sein, so die Wissenschaftler.

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