Wirtschaftstrend Windeln und Parfüm im Abo

Bedenkt ma, wie viele volle Windeln man als Eltern entsorgen muss, bis das Kind sauber ist, da könnte sich ein Windel-Abo sogar
Bedenkt ma, wie viele volle Windeln man als Eltern entsorgen muss, bis das Kind sauber ist, da könnte sich ein Windel-Abo sogar lohnen.

Immer mehr Unternehmen setzen zur Kundenbindung auf Abonnements und Flatrateangebote. Bei den Konsumenten kommt das gut an.Doch nicht immer rentiert sich das.

Lange Zeit gab es Abonnements vor allem für Zeitungen und Zeitschriften. Doch das hat sich geändert. Egal ob Musik, Filme, Lebensmittel, Windeln oder Luxus-Accessoires – immer mehr Produkte gibt es mittlerweile als Abos oder Flatrateangebote. Die Unternehmensberatung Kearney spricht in einer Studie schon von einer „neuen Ära der Abonnements-Ökonomie“.

Vorreiter waren Streaming-Dienste für Filme und Musik wie Netflix und Spotify, die sich inzwischen große Teile des Marktes gesichert haben, aber auch Elektronik- und Software-Konzerne wie Apple oder Microsoft. Doch nun eifern ihnen immer mehr Start-ups nach, mit Abos für ganz alltägliche Produkte.

Fast alles gibt es im Abo

Tatsächlich scheint es kaum etwas zu geben, was derzeit nicht irgendwo im Abo angeboten wird. So liefert das Frankfurter Start-up Lillydoo auf Wunsch alle paar Wochen Windeln und Babybedarf im Abo, und das Berliner Unternehmen Mornin’ Glory vertreibt auf dem gleichen Weg Rasierklingen – und erspart so den Weg in den Drogeriemarkt. Andere Abo-Anbieter setzen auf den Spaßfaktor. Das Berliner Start-up Fobe etwa vermietet im Abo-Paket für 79 bis 99 Euro monatlich Luxushandtaschen von Dior, Gucci, Prada und Co. Alle zwei Monate erhält die Kundin ein neues Modell. Auch Überraschungspakete mit Wein oder Parfüms lassen sich online abonnieren.

Für den Marketingexperten Martin Fassnacht von der Wirtschaftshochschule WHU in Düsseldorf ist die Attraktivität der „Abos 2.0“ leicht zu erklären. „Es geht um Bequemlichkeit. Bei der Musik-Flatrate zahle ich einmal im Monat. Ich muss nicht mehr bei jeder Nutzung darüber nachdenken, was mich das jetzt kostet“, erläutert er. Bei Abos für Konsumgüter, egal ob es um Lebensmittel, Rasierklingen oder Windeln handele, erspare sich der Kunde nicht nur das Führen von Einkaufslisten, sondern auch den Weg in den Supermarkt. „Und vielleicht kriegt er sogar noch einen Preisnachlass.“

Paradebeispiel Hello Fresh

Wie erfolgreich Abo-Modelle sein können, zeigt etwa der Kochboxen-Anbieter Hello Fresh, der seinen Abonnenten regelmäßig vorbereitete Zutaten für das Mittag- oder Abendessen nach Hause bringt – samt Kochanleitung. Im vergangenen Jahr konnte das Unternehmen seinen Umsatz weltweit mehr als verdoppeln, auf 3,75 Milliarden Euro. In diesem Jahr rechnet der Kochboxen-Anbieter mit einem Plus von rund 50 Prozent.

Die Attraktivität von Flatrates ist inzwischen auch abseits des Internets erkannt. Die Coffee-Shop-Kette Espresso House bietet in Deutschland Kaffee- und Cappuccino-Flatrates für Koffein-Liebhaber. Und in Berlin offeriert eine Autowaschanlage eine Flatrate, die tägliches Waschen des fahrbaren Untersatzes zu überschaubaren Kosten ermöglicht.

Einfache Kündigung ist wichtig

Wichtig für den Erfolg der neuen Abo-Generation ist nach Einschätzung Fassnachts, dass sie in der Regel viel leichter kündbar sind als frühere Varianten. „Nur so funktionier es“, zeigt sich der Marketing-Fachmann überzeugt.

Womit noch nicht gesagt ist, dass sich die Abos für die Kunden immer lohnen. „Flatrates und Abos sind ein zweischneidiges Schwert“, sagt Fassnacht. „Sie sind bequem, aber etliche Verbraucher überschätzen auch die eigene Nutzung und zahlen am Ende mehr Geld als ohne eine solche Bindung.“dpa

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