Reisen mit dem Auto Was vor und während der Urlaubsfahrt wichtig ist
Geht es um das richtige Verhalten, ist schnell vom „Knigge“ die Rede. Auch für die Autofahrt in den Urlaub gibt es Regeln. Die wichtigsten Punkte im Überblick.
Papiere prüfen
Sind die Ausweise noch gültig, läuft die HU noch nicht ab? „Wenn es ins Ausland geht, sollte auch unbedingt ein Europäischer Unfallbericht im Handschuhfach liegen“, sagt Gerrit Reichel vom Automobil-Club Verkehr (ACV). Gerade bei der Regulierung von Auslandsunfällen ein wichtiges Dokument, das die meisten Autoclubs zum Download anbieten.
Daneben sollten Reisende auf mögliche Besonderheiten im Zielland achten. Wer beispielsweise in die Türkei fährt, benötigt laut ACV eine internationale Versicherungskarte. Zusätzlich sei es weiterhin hilfreich, sich beim Robert Koch-Institut oder Auswärtigen Amt über die aktuellen Corona-Bestimmungen zu informieren.
Fahrzeug-Check vor Reisebeginn
Dazu gehört etwa das Kontrollieren der Füllstände von Öl oder Wischwasser, eine Funktionskontrolle der Scheibenwischer und eine Sichtprüfung der Reifen. Die Profiltiefe sollte noch mindestens 3 Millimeter betragen. Wem das zu viel Arbeit ist, für den hat Reichel einen Tipp: „Viele Werkstätten bieten vor und während der Reisesaison Urlaubs-Checks für kleines Geld an.“
Richtiges Beladen
Grundregel: Schwere Teile kommen nach unten. Am besten platziert man etwa schwere Koffer direkt hinter den Sitzen zur Fahrzeugmitte. Eine Dachbox sollte der Prüforganisation Dekra zufolge nur für sperriges, aber leichtes Gepäck herhalten.
Wer mit Dachbox oder Heckgepäckträger unterwegs ist, muss zudem die zulässige Traglast beachten. Bei Fahrrädern und Pedelecs sollte Zubehör wie Korb oder Akku abmontiert werden, um Heck beziehungsweise Dach zu entlasten.
Dekra rät zudem zur defensiven Fahrweise. Ein voll beladenes Fahrzeug habe einen längeren Bremsweg, sei vor allem in Kurven instabiler und auch Überholvorgänge dauerten länger.
Für den Notfall gewappnet
Einige Dinge sollten unbedingt griffbereit bleiben. Gerrit Reichel vom ACV sagt: „Warnweste, Warndreieck und Verbandskasten sollten nicht ganz unten unter allen Koffern liegen.“ Am besten habe jeder Mitfahrer - wie in vielen Ländern vorgeschrieben - eine eigene Warnweste.
Technischer Check
Sind alle Sachen im Wagen verstaut, folgt nach dem Beladen die Kontrolle der Scheinwerfer und des Luftdrucks. Denn erst dann ist laut Jeannine Rust vom Auto Club Europa (ACE) klar, „ob und wie Scheinwerfer und Luftdruck angepasst werden müssen“.
Route überprüfen
Ist der Wagen startbereit, folgt ein Blick auf die Route. Ist die Strecke mautpflichtig? Kann man sich schon vorab eine Vignette besorgen? Laut Gerrit Reichel sind Automobilclubs eine gute Adresse, da in manchen Ländern die Vignette nur noch in digitaler Form ausgegeben wird. Kameras auf der Autobahn scannten dann zum Abgleich mit dem Vignettenkauf das Kennzeichen.
Reichel rät zudem, sich bei der Routenplanung nie blind auf das Navigationssystem zu verlassen, sondern die Strecke und die wichtigsten Punkte auch ohne elektronische Hilfe zu kennen.
Die Fahrweise anpassen
Jeannine Rust fasst die Regeln zusammen: „Außerhalb geschlossener Ortschaften gilt das Rechtsfahrgebot. Der äußere linke Fahrstreifen ist nur zum Überholen bestimmt. Wer links fährt, obwohl rechts alles frei ist, halbiert außerdem die Kapazität der Autobahn und fördert so die Gefahr der Staubildung“.
Auch die Mittelspur dürfe nur befahren werden, wenn rechts hin und wieder ein Fahrzeug fahre. Genauso wenig sei es erlaubt, den Standstreifen als Abkürzung zur Ausfahrt zu nutzen. Rückwärtsfahren oder gar wenden sind ebenfalls tabu, es sei denn, die Polizei fordert dazu auf.
Spritsparend aufs Gas treten
Voll beladen beschleunigt und reagiert das Auto träge und der Spritverbrauch steigt. „100 Kilogramm schlagen an der Zapfsäule etwa mit einem halben Liter je 100 Kilometer zu Buche“, nennt Karsten Graef vom TÜV SÜD eine Faustformel. Reisende sollten konstant 120 bis 130 km/h fahren und häufiges Gasgeben sowie heftiges Abbremsen vermeiden.
Richtige Fahrweise bei Stau
Stockt es auf der Autobahn, weil eine Fahrspur gesperrt ist, heißt es einfädeln lassen - und zwar nach dem Reißverschlussprinzip. Laut Jeannine Rust vom ACE bleiben Autofahrer, die sich auf der Spur mit dem Hindernis befinden dort und fädeln sich erst unmittelbar vor Ende auf die weiterführende Spur ein. Andernfalls verstopfe man diese nur.
Genauso sollten Autofahrer ihrer Ansicht nach nicht gleich die vorgeschlagene Ausweichroute des Navis wählen. Viele Geräte lieferten zwar Stauwarnungen in Echtzeit. Die meisten greifen aber auf die gleichen Informationen zurück, wodurch Autofahrer auf dieselbe Umfahrung ausweichen - und der Stau sich verlagert. Daher: Erst bei einer Vollsperrung oder einem Stau, der länger als zehn Kilometer ist, abfahren.
Frühzeitig Rettungsgasse bilden
Laut Dekra-Unfallforscher Markus Egelhaaf reagieren viele Autofahrer zu spät - erst dann, wenn sich Rettungsfahrzeuge von hinten nähern. Stattdessen: Eine Gasse freihalten, sobald Fahrzeuge Schritt fahren oder zum Stand kommen. Andernfalls gehe durch das Rangieren Zeit verloren. Die ganz linke Spur weicht dann immer nach links aus, die anderen nach rechts.
Straße ist kein Spielplatz
„Die Fahrbahn darf im Stau nicht betreten werden“, sagt Karsten Graef vom Tüv Süd. Das Aussteigen sei nur erlaubt, um etwa einen Unfall abzusichern. „Der Gesetzgeber sieht weder ein menschliches Bedürfnis noch das Wickeln eines Kindes als Notfall an“, sagt der Fachmann.
Verpflegung einplanen
Um unnötige Unterbrechungen zu vermeiden, sollte nichts fehlen. Die Liste des ACV: Ausreichend Essen und vor allem Trinken, Papiertücher, Lesestoff, ein paar Spiele sowie ein USB-Kabel und einen Adapter (USB-C), um Tablets und Smartphones anzuschließen.
Kinderbetreuung
Ist ein Stopp unvermeidlich, sollten Eltern ihre Kinder nicht unbeaufsichtigt im Auto zurücklassen. Der Tüv Süd warnt vor Szenarien wie diesen: Das Auto rollt los, der Schlüssel steckt und ist samt Kind eingesperrt.
Früh losfahren
Familien sollten mit Kleinkindern Fahrzeiten wählen, wenn die Kleinen schlafen. Ein positiver Nebeneffekt der frühen Morgen- und späten Abendstunden seien die niedrigeren Temperaturen und zumeist leeren Straßen. Kinder bis zwölf Jahren oder unter 150 cm Körpergröße benötigen einen Kindersitz.
Regelmäßige und aktive Pausen
Der Tüv Süd rät, alle zwei Stunden Pausen zu machen, um Arme und Beine aufzulockern oder um für zehn Minuten mal die Augen zu schließen. Schon 20 Minuten können helfen, sich über die Fahrt hinweg konzentrieren zu können. Sind Kinder an Bord, sei ein Rastplatz mit Spielplatz empfehlenswert.
Ruhe bewahren
Drängelt jemand auf der Autobahn, sollte man nicht versuchen, ihn auszubremsen, sagt Jeannine Rust. Das sei extrem gefährlich und Selbstjustiz. Vielmehr empfiehlt sie, die Polizei zu informieren und eine Strafanzeige zu stellen. „Bereits dichtes Auffahren und Lichthupe können als Nötigung ausgelegt werden.“