Wirtschaft Viele Gläubiger gehen leer aus

Mehr als eine Million Gläubiger von Air Berlin und Niki werden keinen Cent mehr von ihrem Geld zurückbekommen. Die Pleite der beiden Airlines verursache einen Schaden von deutlich mehr als 1 Milliarde Euro, sagte ein Sprecher von Insolvenzverwalter Lucas Flöther.

Betroffen sind vor allem mehr als 700.000 Kunden, die Tickets gebucht haben. Die Insolvenzmasse reiche bisher nicht einmal aus, den staatlichen Rettungskredit von 150 Millionen Euro vollständig zurückzuzahlen. Die meisten Betroffenen haben die Hoffnung, ihr Geld wiederzusehen, offenbar schon aufgegeben. Zur Gläubigerversammlung von Air Berlin in der Hauptstadt erschienen gestern nur rund 200 Personen. Im Veranstaltungssaal des Hotels Estrel, der mehr als 4200 Gäste beherbergen kann, herrschte gähnende Leere. Bis zum Abschluss der Insolvenzverfahren könnten zehn Jahre vergehen, weil nach gesetzlichen Vorgaben jede Forderung der Gläubiger und auch jede Zahlung der Unternehmen bis zur Pleite genau geprüft werden muss. Hier stehe man noch ganz am Anfang, sagte der Sprecher des Insolvenzverwalters. Nach jetzigem Stand könne das vorrangige Darlehen von 150 Millionen Euro, mit dem die schwarz-rote Bundesregierung das sofortige Aus von Air Berlin im vorigen Sommer verhindert hatte, nur zur Hälfte an die Kreditanstalt für Wiederaufbau zurückgezahlt werden. 75 Millionen Euro Schaden müssen demnach allein in diesem Fall die Steuerzahler übernehmen, da der Staat für die Rückzahlung bürgt. Air Berlin hatte im August Insolvenz angemeldet und im Herbst den Flugbetrieb eingestellt, die Tochter Niki folgte im Dezember. Mehr als 700.000 Ticketkunden haben das Geld für Flüge teils schon ein Jahr im Voraus komplett überwiesen. Die Zahlung bei Buchung ist in der Branche üblich. Zu einer Absicherung der Vorauszahlungen, die sich jedes Jahr allein in Deutschland auf Milliardenbeträge summieren, sind die Airlines bisher nicht verpflichtet. Der Luftverkehrsmarkt wird nach dem Ende der zweitgrößten deutschen Airline neu sortiert. Marktführer Lufthansa und sein Ableger Eurowings sowie die britische Easyjet haben wesentliche Teile der Flotte und Crews von Air Berlin aus der Insolvenz übernommen. Der Ferienflieger Niki geht zurück an den einstigen Gründer Niki Lauda. Der Ex-Rennfahrer hat, wie berichtet, am Dienstag den Zuschlag erhalten, nachdem das Niki-Insolvenzverfahren in Österreich neu aufgerollt wurde. Mit seiner Firma Laudamotion, die am Flughafen Wien-Schwechat stationiert ist und bisher Geschäftsflüge anbietet, will Lauda ab März mit zunächst 15 der 21 Niki-Ferienflieger starten. Dazu soll es eine Kooperation mit dem Reiseveranstalter Thomas Cook und dessen Airline Condor geben. Lauda hat die wertvollen Start- und Landerechte erhalten und bekommt die Flieger von der Lufthansa, die Teile der Air-Berlin-Flotte voriges Jahr geleast hatte. Zunächst war der Zuschlag für Niki im deutschen Insolvenzverfahren an den britisch-spanischen Konzern IAG gegangen. Das Fluggastrechteportal Fairplane setzte aber per Klage beim Landgericht Berlin durch, dass die Insolvenz in Österreich abgewickelt werden muss, wo Niki gegründet wurde. Dadurch erhoffte sich Fairplane-Rechtsexperte Ronald Schmid ein transparenteres Verfahren. Fairplane vertritt Forderungen von rund 3000 Niki-Kunden und ist nach eigenen Angaben mit Forderungen von 1,2 Millionen Euro größter Gläubiger in Sachen Fluggastrechte. Gegen das Verfahren in Österreich legte der deutsche Verwalter Flöther Beschwerde ein, zog diese aber gestern zurück. Zuvor hatte der Anwalt mit der dortigen Verwalterin Ulla Reisch eine enge Kooperation vereinbart. Mit der Einigung ist der Weg für Lauda frei. Der Kaufvertrag könne nun, so Flöther, „endverhandelt und unterschrieben werden“. Kommentar

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