Autoindustrie Verband sieht Hemmnisse für Elektromobilität

Ladesäulen für Elektroautos wie hier in der Stuttgarter Innenstadt sind noch rar gesät.
Ladesäulen für Elektroautos wie hier in der Stuttgarter Innenstadt sind noch rar gesät.

Überall und jederzeit unkompliziert laden: Das muss aus Sicht der Autobranche das Ziel bei E-Autos sein – davon sei man aber noch weit entfernt. Der Branche macht noch etwas anderes zu schaffen.

Die deutsche Autoindustrie sieht den Hochlauf der Elektromobilität in Deutschland gefährdet. „Deutschland hängt beim Ausbau der Ladeinfrastruktur für die E-Autos extrem hinterher“, sagt die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller. Um die Menge der E-Autos, die die Bundesregierung vorsieht, erreichen zu können, müssten pro Woche etwa 2000 neue öffentliche Ladepunkte installiert werden, so Müller. Tatsächlich seien es gerade mal 300.

Aus Müllers Sicht sollte zudem das Wallboxen-Programm verlängert werden, das den Einbau eines Ladepunkts in der heimischen Garage fördert. Die staatlichen Fördergelder, die es dafür im laufenden Jahr gab, sind schon länger ausgeschöpft. Bei der staatlichen Förderbank KfW können derzeit keine Anträge darauf gestellt werden.

Ziel: 15 Millionen E-Pkw bis 2030 in Deutschland

Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hat sich das Ziel von mindestens 15 Millionen vollelektrischen Pkw bis 2030 gesetzt. Die Neuzulassungen von reinen E-Autos sowie Plug-in-Hybridfahrzeugen sind 2021 weiter deutlich gestiegen, auch wegen erhöhter staatlicher Kaufprämien.

„Die Autoindustrie kann 15 Millionen E-Autos bauen“, sagte Müller. „Aber der Verbraucher nimmt sie nur an, wenn er sich zu 100 Prozent darauf verlassen kann, sein Auto überall und jederzeit unkompliziert laden zu können.“ Plug-in-Hybride würden für die nächsten Jahre eine wesentliche Rolle für den Klimaschutz spielen, so Müller. Der Autonutzer fahre durchschnittlich 37 Kilometer am Tag, das schaffe ein Plug-in-Hybrid im elektrischen Fahrmodus. „Gibt es doch längere Strecken, steigen die Sorgen. Reichweitenangst bei Langstreckenfahrten oder noch lückenhafte Ladeinfrastrukturen gibt es beim Plug-in-Hybrid nicht. Der kann wenn nötig beides, mit Strom und mit Benzin oder Diesel fahren. Das vereinfacht den Einstieg in die E-Mobilität für viele Menschen.“

Wie umweltfreundlich sind Plug-in-Hybride?

Bei Umwelt- und Klimaverbänden stehen Plug-in-Hybridfahrzeuge, die einen Elektro-Antrieb mit einem Verbrenner kombinieren, dagegen in der Kritik. Umstritten ist, wie viel sie wirklich im rein elektrischen Betrieb gefahren werden.

Ab 2023 soll es nach den Plänen der Ampel-Koalition eine Reform der staatlichen Förderung für E-Autos geben. Dann sollen nur noch solche Elektrofahrzeuge gefördert werden, die nachweislich einen Klimaschutzeffekt haben. Dieser solle über den elektrischen Fahranteil und eine elektrische Mindestreichweite definiert werden.

Plädoyer für die Pendlerpauschale

Müller warnte, dass Bürger mit niedrigen Einkommen im Verkehrsbereich überproportional belastet würden. „Die hohen Preise für Energie, gerade auch für Benzin, bringen viele jetzt schon an ihre Grenzen. Mobilität muss für jeden immer zugänglich und bezahlbar sein. Die Pendlerpauschale ist ein wichtiger sozialer Ausgleich. Sie sollte bestehen bleiben und der Kostenentwicklung angepasst werden.“

Zur Lage in der Branche sagte Müller, es gebe Licht und Schatten. „Positiv ist: Wir haben volle Auftragsbücher und wollen die Aufträge natürlich auch alle bedienen. Die deutsche Autobranche investiert dafür Rekordsummen. Bis 2026 gehen 220 Milliarden Euro in Digitalisierung, neue Antriebe und Elektromobilität. Das ist eine gewaltige Summe, die auch wieder erwirtschaftet werden muss.“ Allerdings wirke sich der globale Halbleiter- und Rohstoffmangel weiter negativ auf die Produktion aus: „Wir liegen nach den aktuellen Zahlen noch immer unter den schlechten Werten des Krisenjahres 2020. Im zweiten Halbjahr 2022 sollte sich die Situation hoffentlich entspannen.“ Wegen Lieferengpässen bei Halbleitern sind in Deutschland 2021 deutlich weniger neue Autos zugelassen worden.

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