Automobilbau Umwelthilfe und Greenpeace drohen Konzernen mit Klage

Die Konzerne sollen schriftlich erklären, wie sie ihre Treibhausgasemissionen senken wollen.
Die Konzerne sollen schriftlich erklären, wie sie ihre Treibhausgasemissionen senken wollen.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und Greenpeace wollen die deutschen Autobauer BMW, Mercedes-Benz und Volkswagen sowie den deutschen Gas- und Erdölproduzenten Wintershall Dea auf juristischem Weg zu mehr Klimaschutz zwingen. Sie sehen die Grundrechte kommender Generationen in Gefahr.

Wenige Tage vor Beginn der Automesse IAA haben die beiden Umweltschutzorganisationen Greenpeace und DUH Klimaklagen gegen die Autobauer VW, Mercedes und BMW sowie den Öl- und Gaskonzern Wintershall Dea angekündigt. Sie drohen mit Klagen, sollten die vier Konzerne bis 20. September beziehungsweise Ende Oktober keine entsprechenden Unterlassungserklärungen unterschreiben.

Diese Konzerne – stellvertretend für viele – müssten ihren klimagerechten Umbau „deutlich“ beschleunigen, forderten die Organisationen am Freitag. Sie berufen sich auf das Klimaurteil des Bundesverfassungsgerichts: Daran seien auch große Unternehmen gebunden.

Grundrecht auf Klimaschutz

Das Verfassungsgericht in Karlsruhe hatte im April geurteilt, dass künftige Generationen ein Grundrecht auf Klimaschutz haben. Die Umweltschützer machen nun gegenüber den Unternehmen zivilrechtliche Ansprüche auf Schutz ihrer persönlichen Freiheits- und Eigentumsrechte geltend, wie Anwältin Roda Verheyen erläuterte. Greenpeace und die Deutsche Umwelthilfe (DUH) knüpfen demnach auch an das Urteil eines niederländischen Gerichts vom Mai gegen den Ölkonzern Shell an, wonach Großunternehmen eine eigene Klimaverantwortung haben.

Konkret verschickten die Organisationen sogenannte „Anspruchsschreiben“ an die Konzerne. Darin setzen sie den Autobauern eine Frist bis Ende Oktober und Wintershall Dea bis zum 20. September. Bis dahin sollen die Unternehmen verbindlich erklären, wie sie ihre Treibhausgasemissionen senken wollen. Tun sie das nicht, würden die schon vorbereiteten Klagen eingereicht. Kläger sind jeweils die Geschäftsführer der Organisationen sowie Clara Mayer von Fridays for Future (FFF).

Früherer Ausstieg gefordert

Anwältin Verheyen sagte: „Wir verlangen von den Autokonzernen einen Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor bis 2030 und von Wintershall Dea den Ausstieg aus der Erschließung von neuen Öl-und Gasfeldern spätestens bis 2026.“ DUH und Greenpeace ließen von Fachleuten ausrechnen, wie hoch das jeweils verbleibende CO2-Budget der Unternehmen ist, das mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit dazu führen kann, dass das 1,5-Grad-Ziel bei der Begrenzung der Erderwärmung erreicht wird. Mehr dürften die Unternehmen nicht verbrauchen, entsprechend müssten sie die geforderten Maßnahmen umsetzen.

„Klimaschutz ist Grundrechtsschutz. Mit diesem Satz sind wir zum Bundesverfassungsgericht gezogen und bestätigt worden“, erklärte DUH-Anwalt Remo Klinger. Mit diesem Gedanken würden nun solche Unternehmen in die Verantwortung genommen, die für mehr CO2-Emissionen verantwortlich seien als ganze Länder.

„Zusagen bisher gebrochen“

Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser ergänzte: „Wir begreifen den Richterspruch aus Karlsruhe als Auftrag, den Schutz unserer gemeinsamen Lebensgrundlagen auf allen Ebenen des Rechts schnell und wirksam durchzusetzen.“ Greenpeace und FFF-Aktivistin Mayer wollen gegen VW klagen, die DUH gegen BMW, Mercedes und Wintershall Dea. Mayer sagte, VW mache „immense Profite“ damit, klimaschädliche Autos zu produzieren. Die Grundrechte kommender Generation seien in Gefahr. „Wir sehen schon jetzt, was für Auswirkungen die Klimakrise auf Deutschland hat.“

DUH-Geschäftsführer Resch kritisierte, gerade BMW und Mercedes-Benz hätten „über mehr als zwei Jahrzehnte hinweg alle gegebenen Zusagen zum Klimaschutz gebrochen und stattdessen auf schmutzige Diesel und durstige Benzinantriebe gesetzt“.

Der Öl- und Gasgigant Wintershall Dea ist laut DUH-Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner eines der größten fossilen Unternehmen Deutschlands und Europas. Der Konzern wolle die fossile Produktion in den nächsten zwei Jahren noch um knapp 30 Prozent steigern und sogar neue Gasfelder erschließen. „Das muss gestoppt werden.“

BMW: Sind Vorreiter

Die Mercedes-Mutter Daimler erklärte, der Konzern habe den „Spurwechsel zur Klimaneutralität bereits eingeleitet“. Bei einer Klage werde sich das Unternehmen „mit allen juristischen Mitteln“ verteidigen. BMW betonte, der Konzern bekenne sich zum 1,5-Grad-Ziel. BMW sei in der Branche Vorreiter im Kampf gegen den Klimawandel.

VW erklärte, der Wolfsburger Konzern habe sich bereits 2018 „klar zum Pariser Klimaabkommen bekannt“, und verwies auf die Milliardeninvestitionen des Autobauers in Elektromobilität. Die Ankündigung einer Klage gegen ein einzelnes Unternehmen halte VW „nicht für ein angemessenes Mittel zur Lösung wichtiger gesellschaftlicher Herausforderungen“.

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