Wirtschaft Treuebonus bei Kündigung futsch
«Ludwigshafen». Eine neue Treuerabatt-Regelung auf dem Mobilfunkmarkt sorgt für Aufsehen: Kunden des Anbieters O2 bekommen ihre Tarifvergünstigung gestrichen, sobald sie einen verlängerten Vertrag wieder kündigen. Dies betrifft nicht nur Verbraucher, die ganz frühzeitig kündigen, um den Termin nicht zu verpassen. Auch bei einer fristgerechten Kündigung zum Vertragsende sind die letzten drei Monate Preisnachlass futsch.
Diese Tarif-Bestimmung, über die ein Internet-Blogger jetzt berichtete, bestätigte die O2-Markenbetreiberin Telefónica nun auf Anfrage. Demnach hat O2 im Dezember des vergangenen Jahres damit begonnen, seinen Bestandskunden im Zusammenhang mit einer Vertragsverlängerung einen Treuerabatt einzuräumen. Die Formulierung gegenüber dem Kunden laute: „Dieser Rabatt entfällt, sobald uns eine Kündigung Ihres Vertrages zugeht, spätestens aber nach 24 Monaten.“ Üblicherweise räumen Mobilfunkfirmen eine Ermäßigung auf die Grundgebühr für die gesamte Vertragslaufzeit oder zumindest einen klar definierten Zeitraum – etwa für die ersten sechs Monate der Laufzeit – ein, ohne den Bonus an eine ausbleibende Kündigung zu knüpfen. Bei O2 ist das für einen Teil der Kunden nun anders. In Blog-Beiträgen wird von einer „Mindestnichtkündigungszeit“ und „eher einem Grund, den Vertrag gar nicht erst zu verlängern“ gesprochen. Ein denkbarer Fall: Der Treuerabatt beträgt 10 Euro auf die reguläre Grundgebühr von 30 Euro. Kündigt jemand nach zwölf von 24 Monaten, zahlt er 120 Euro mehr als mit dem Rabatt. Steigt er fristgerecht drei Monate vor Laufzeitende aus dem Vertrag aus, um zu einem O2-Konkurrenten wechseln zu können, gehen immer noch 30 Euro verloren. „Wie man es auch dreht, mehr zahlen müssen Kunden zum Vertragsende hin auf jeden Fall“, sagt Rita Deutschbein vom Telekommunikationsportal Teltarif.de. Zum Hintergrund: Dass viele Kunden gerne frühzeitig kündigen, hat auch damit zu tun, dass sie dem Provider genügend Zeit für verbesserte Offerten lassen möchten. Sie können ihre Kündigung dann zurückziehen und schneiden nicht unbedingt schlechter ab als Neukunden, die der Anbieter mit Vertragsbonbons lockt. Bei Verbraucherschützern ist O2 erst kürzlich aufgefallen, weil es viele Beschwerden über eine mangelnde Erreichbarkeit des Kundenservices gab. Laut Telefónica gilt die neue Regelung nur für Bestandskunden, denen der Treuerabatt seit Dezember 2017 eingeräumt wurde und die kündigen. „Alle anderen Rabatte bleiben wie gewohnt bis zum Ende der Vertragslaufzeit bestehen – auch nach einer Kündigung“, so eine Unternehmenssprecherin. Nicht betroffen seien derzeit Neukunden und der DSL-Bereich, also Verträge für Festnetzanschlüsse. Die Information der Mobilfunk-Bestandskunden erfolge auf unterschiedlichen Wegen: im Gespräch über die Vertragsverlängerung, in einer Tarifbestätigungs-Mail und im Falle einer Kündigung im Kündigungsbestätigungsschreiben. Bestehe beim Kunden zum Zeitpunkt seiner Vertragsverlängerung „Transparenz“ über die Bedingungen, zu denen der Treuerabatt gewährt werde, sei die Vertragsklausel rechtlich nicht zu beanstanden – „auch wenn sie manchem Verbraucher wie eine Strafe für eine Kündigung vorkommen mag“, heißt es bei der Verbraucherzentrale Niedersachsen. „Rechtlich ist zu klären, ob dem Kunden vor Vertragsabschluss transparent gemacht wurde, um welchen Rabatt für welchen Zeitraum es sich handelt und dass der Rabatt im Falle einer Kündigung entfällt“, sagt Juristin Kathrin Körber. Dies hänge von den jeweiligen Umständen im Einzelfall ab. Ein alleiniger Hinweis auf die Rabattregelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen reiche jedenfalls nicht aus. Sich die nötige Transparenz über den Vertragsinhalt zu verschaffen, ist der Verbraucherzentrale zufolge allerdings auch Aufgabe des Kunden selbst. „Wer beispielsweise unterwegs am Handy einem Vertragsangebot zustimmt, ohne dem Anrufer richtig zugehört zu haben, kann anschließend keine Einwände gegen überraschende Vertragsinhalte erheben“, so Körber. Sie empfiehlt, für Telefonate über Verträge einen Termin zu vereinbaren, an dem man wirklich Zeit hat. Während des Telefonats sollte man im Einzelnen wiederholen, was der Anrufer zu den vertraglichen Inhalten sage und sich dies jeweils noch einmal bestätigen lassen. Verbraucherschützerin Körber: „Je verlockender ein Angebot klingt, umso mehr sollte nach unserer Erfahrung der Verbraucher dieses kritisch hinterfragen und umso mehr besteht Anlass, beim Vertragsabschluss vorsichtig zu sein.“