Wirtschaft Stadt der Liebe kämpft gegen Airbnb und Co.
Silvester in Paris – das lockt viele Touristen an. Längst nicht alle übernachten in Hotels, Pensionen oder Ferienwohnungen: In wohl kaum einer Stadt ist das Airbnb-Angebot so umfangreich wie in Paris. Der rot-grüne Stadtrat und die Hoteliers sehen das mit Groll und gehen nun scharf gegen den Übernachtungsanbieter vor.
In der Stadt der Liebe gibt es derzeit Krach. „Airbnb wähnt sich über dem Gesetz und verhöhnt den Staat“, schimpft ein französischer Hotelverband. „Es ist niederschmetternd, mit Airbnb wird es immer schlimmer“, sagt der im Pariser Rathaus unter anderem für die Hotellerie zuständige Ian Brossat. Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, ist eine Kreditkarte, die Airbnb den über das Unternehmen vermietenden Wohnungsbesitzern ausstellte. Ihre Einkünfte aus der Vermietung konnten sie damit bisher auf ein Konto in Gibraltar überweisen. Brossat sieht darin die Gefahr von Steuerbetrug und Geldwäsche. Nun bläst Airbnb zum Rückzug: Nach einer Vorladung im Wirtschaftsministerium hat die amerikanische Übernachtungs-Plattform diese Woche bekanntgegeben, dass sie die Payoneer-Karte frankreichweit aufgebe. Sie sei ohnehin nur von 1 Prozent der Vermieter benutzt worden, sagte dazu Emmanuel Marill, Frankreich-Chef von Airbnb. Für die Stadtregierung allerdings war die Angelegenheit keine Bagatelle. Airbnb befindet sich seit Langem in ihrem Visier. Die Hotelbranche bietet in Paris stabil 76.000 Zimmer an. Airbnb hingegen kommt auf zweistellige Zuwachsraten im Jahr und hält bereits 65.000 Adressen im Großraum Paris vor – mehr noch als in New York, Berlin oder London. Das stört viele Einwohner. Die Bürgermeisterin Anne Hidalgo, die der sozialistischen Partei angehört, moniert, dass in einzelnen Gebäuden der Seine-Stadt mehr als die Hälfte der Wohnungen via Internetvermittler vermietet werde. Als Folge seien sich Nachbarn untereinander nicht mehr bekannt, dafür litten sie rund um die Uhr unter dem Lärm der Rollkoffer auf dem Kopfsteinpflaster der Gassen des Quartier Latin oder Marais-Viertels. Mit Unterstützung der Hoteliers führt Hidalgo deshalb seit Jahren einen Kleinkrieg gegen Airbnb und ähnliche Anbieter wie Homeaway, Paris Attitude, Sejourning oder Windu. Vor Längerem schon hat sie pro Wohnung eine Obergrenze von 120 Übernachtungen pro Jahr durchgesetzt. Wer seine Wohnung häufiger vermietet, muss wie ein Berufshotelier Abgaben entrichten. Airbnb informiert die Vermieter schriftlich, welche steuerlichen Regeln sie in Frankreich beachten müssen. Rund 70 Pariser Vermieter sind in diesem Jahr wegen diverser Verstöße belangt worden. Zur besseren Kontrolle hat die Stadt Paris bereits fünf zusätzliche Beamte angestellt. Viele Übernachtungsanbieter deklarieren nicht alle Kunden. Dem wird nun ein Riegel geschoben: Seit 1. Dezember müssen sich Wohnungsanbieter bei der Stadt registrieren lassen. Sie erhalten eine Registernummer, die in den Airbnb-und anderen Inseraten genannt werden muss. Eingeschrieben haben sich allerdings erst 20.000 Wohnungsanbieter. Die Stadt Paris droht nun mit Geldbußen. Die kommunale Regierung ist zudem schon lange erbost darüber, dass Airbnb dank – legaler – Steueroptimierung in Frankreich weniger als 100.000 Euro Steuern im Jahr bezahlt. Das sei „etwa gleich viel oder wenig wie ein Dreisternehotel in einer Provinzstadt wie Périgueux“, schimpft Ian Brossat. Auf Druck der Hotelbranche weitet die französische Nationalversammlung nun die Kurtaxe auf die Übernachtungsplattformen aus. Für eine Wohnung von 100 Quadratmetern soll sie bis zu 5 Euro betragen. Das werde nur steigende Preise für die Reisenden nach sich ziehen, meint dazu Timothée de Roux von der Wohnvermittlung Abritel-Homelidays.