Wirtschaft Staat hat als Bauherr große CO2-Verantwortung

Nach der verheerenden Flutkatastrophe im Juli (im Bild Bad Neuenahr) erwarten Versicherer einen Schaden in Milliardenhöhe.
Nach der verheerenden Flutkatastrophe im Juli (im Bild Bad Neuenahr) erwarten Versicherer einen Schaden in Milliardenhöhe.

Der Staat ist einer der größten Bauherren in Deutschland – und könnte laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln (IW) jährlich 1,9 Millionen Tonnen CO2 einsparen, wenn er bei öffentlichen Vergaben an die Bauwirtschaft den Klimaschutz stärker berücksichtigt.

Das entspricht der Menge an Treibhausgasen, die der innerdeutsche Flugverkehr jedes Jahr verursacht, wie die Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) berichteten. Dem Bericht zufolge basiert die Berechnung des IW auf der Verwendung von 30 Prozent klimaneutral hergestelltem Stahl und Kunststoff bei den Bauvorhaben.

„Viele Bundesländer haben sich zum Ziel gesetzt, die öffentlichen Verwaltungen klimaneutral zu gestalten“, sagte Thilo Schaefer, Leiter des Kompetenzfelds Umwelt, Energie und Infrastruktur beim IW, den Zeitungen. Dabei gehe es dann zum Beispiel um den Fuhrpark und die Gebäude. „Eine klimafreundliche öffentlichen Beschaffung kommt dagegen oft gar nicht in den Überlegungen vor. Obwohl das mindestens ein genauso großer Hebel ist.“ So verursacht die Erzeugung und Verarbeitung von Stahl laut Bundeswirtschaftsministerium etwa 6 Prozent aller deutschen Treibhausgas-Emissionen, wie der RND berichtete. Die Stahlindustrie ist damit die Branche mit dem größten CO2-Ausstoß in der Industrie.

Die IW-Forscher setzen laut dem Bericht deshalb genau hier an: Bis 2030 müsste ihren Berechnungen zufolge 30 Prozent des Stahls, der in öffentlichen Aufträgen verbaut wird, klimaneutral hergestellt werden, um das Emissionsziel zu erreichen. Das gleiche gilt für Kunststoff, der zum Beispiel für Rohre oder Fenster benötigt wird. Eine verbindliche Quote für grünen Stahl und grünen Kunststoff in dieser Höhe würde den Staatshaushalt laut den Wirtschaftsforschern mit insgesamt 512 Millionen Euro belasten.

Hohe Kosten durch unterlassenen Klimaschutz

Die französische Klima-Expertin Laurence Tubiana warnt vor den hohen finanziellen Folgen, die ein Zögern in der Klimaschutzpolitik für die Gesellschaft haben könnte. Weltweit sei dieses Jahr für die Naturkatastrophenversicherungen bereits das teuerste seit der Nuklearkatastrophe im japanischen Fukushima 2011 gewesen, sagte die Ökonomin und Geschäftsführerin der European Climate Foundation am Freitag der Deutschen Presse-Agentur.

Tubiana sagte, auch für die deutschen Versicherer könne es angesichts von Extremwetterereignissen wie der Flut in diesem Sommer das teuerste Jahr seit langem werden. Die Versicherer in Deutschland hätten bereits rund 11,5 Milliarden Euro Kosten verbucht, sagte sie mit Verweis auf Daten der Deutschen Versicherungswirtschaft. Keinen Klimaschutz zu betreiben, könne das Land viel teurer zu stehen kommen, als in den Klimaschutz zu investieren. Die Französin war 2015 als Klimabotschafterin und Sonderbeauftragte Frankreichs eine der zentralen Architektinnen des Pariser Klimaschutzabkommens.

Zwei Tage vor der Bundestagswahl appelliert sie an die Parteien in Deutschland, die Folgen des Klimawandels ernstzunehmen. „Wenn wir so weitermachen wie bisher, werden Klimakatastrophen immer stärker und immer häufiger auftreten.“ Das finanzielle Risiko, das der Klimawandel darstelle, sei „ein wirtschaftlicher Albtraum“. Im Vergleich erschienen Investitionen in die Zukunft wie ein „Kinderspiel“, sagte die Expertin weiter. Jede Million Dollar, die ein Staat in die Infrastruktur für erneuerbare Energien investiere, schaffe „viermal mehr Arbeitsplätze als eine vergleichbare Investition in Projekte mit fossilen Brennstoffen“.

Klimaschutz: Keine Zeit für Spiel auf Zeit

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