Mode Secondhand-Welle rollt weiter

Auch der Stuttgarter Modehändler Breuninger, der im gehobenen Marktsegment unterwegs ist, bietet in einigen seiner Läden Gebrauc
Auch der Stuttgarter Modehändler Breuninger, der im gehobenen Marktsegment unterwegs ist, bietet in einigen seiner Läden Gebrauchttextilien an.

In der Corona-Krise haben noch mehr Verbraucher die Möglichkeit genutzt, gebrauchte Kleidung zu kaufen. Zalando, H&M und About You haben den Markt längst für sich entdeckt. Doch auch immer mehr „klassische“ Modehändler experimentieren mit Gebraucht-Angeboten.

Wer in diesen Tagen aufmerksam durch die C&A-Filiale in Hamburg-Altona, das Karstadt-Warenhaus am Berliner Hermannplatz oder das Breuninger-Modehaus in Karlsruhe bummelt, kann eine überraschende Entdeckung machen. Neben den Kleiderständern und Regalen mit nagelneuen Kollektionen werden auch gebrauchte Textilien verkauft. Die Secondhand-Welle hat auch die Kaufhäuser erreicht.

C&A hat jüngst in seiner Filiale in Hamburg-Altona Platz für einen Pop-Up-Store von Carou geschaffen, einem 2015 gegründeten Online-Anbieter für gebrauchte Kleidung. Die Kooperation sei Teil der Bemühungen von C&A um mehr Nachhaltigkeit und werde von den Kunden „sehr gut angenommen“, betonte eine C&A-Sprecherin. In Frankreich testet der Modehändler mit oC&Az eine Plattform für den Verkauf gebrauchter C&A-Artikel zwischen Privatpersonen.

C&A ist nicht allein. Der Stuttgarter Modehändler Breuninger, der mit Filialen zwischen Freiburg und Düsseldorf im gehobenen Marktsegment unterwegs ist, bietet schon länger immer wieder in Pop-up-Stores in einigen Läden Gebrauchttextilien an. „Wir finden, dass es ein hochspannendes Thema ist, weil es den Zeitgeist trifft“, heißt bei Breuninger, der auf die Zusammenarbeit mit dem Secondhand-Spezialisten Vite EnVogue setzt. EnVogue hat sich auf den Verkauf gebrauchter Artikel von Edelmarken wie Chanel, Prada oder Gucci spezialisiert. Vorm Verkauf werden die Produkte geprüft und Plagiate aussortiert. Die Erweiterung des Sortiments kommt bei den Kunden offenbar gut an. Inzwischen denkt man bei Breuninger darüber nach, das Angebot in einigen Filialen dauerhaft einzuführen. Auch Galeria Karstadt Kaufhof hat in seiner Berliner Filiale am Hermannplatz Raum für einen „Re-Use-Store“ geschaffen.

Fachhändler begrüßen Trend

„Wir als Fachhändler der Mode- und Textilbranche begrüßen diesen Trend“, sagt Steffen Jost, Präsident des Textilhandelsverbands (BTE). Jost ist geschäftsführender Gesellschafter des gleichnamigen Grünstadter Modehauses. Dies sei sowohl ökologisch als auch ökonomisch der richtige Weg. Es sei zu beobachten, dass bei den Kunden das Pendel zurück zu besserer Qualität schlage. Ein Problem für Fachhändler im Secondhand-Bereich sieht Jost in der Präsentation in Modehäusern, etwa mit vielen Einzelstücke mit unterschiedlichen Farben. „Deswegen machen wir es nicht“, sagt Jost, zu dessen Modehaus noch Filialen in Frankenthal, Landau , Worms und Bruchsal gehören. Stärker betonen will das Modehaus das Thema Nachhaltigkeit. Ein entsprechendes Siegel sei in Planung.

In der Corona-Krise haben Themen wie Nachhaltigkeit und Umweltschutz noch einmal einen Schub bekommen. „Der Trend Secondhand-Kleidung hat das Potenzial, in den kommenden zehn Jahren einen Marktanteil von 20 Prozent auf sich zu vereinen“, heißt es in der Studie „Fashion 2030 – Sehen, was morgen Mode ist“ der Unternehmensberatung KPMG und des Kölner Handelsforschungsinstituts EHI. Gut ein Drittel der Verbraucher in Deutschland (34 Prozent) kauft der Studie zufolge schon gebrauchte Kleidung. Weitere 28 Prozent können es sich vorstellen.

Verkauf bisher meist online

Gekauft wird die gebrauchte Ware bislang aber vor allem im Internet. Der Onlineshop Momox – nach eigenen Angaben Re-Commerce-Marktführer in Europa – steigerte seine Umsätze mit Mode aus zweiter Hand in Deutschland 2020 um 46 Prozent. Konkurrent Mädchenflohmarkt erwartet nach einem Bericht des Branchenfachblatts „Textilwirtschaft“ in diesem Jahr sogar ein Plus von 80 Prozent. Längst haben auch die großen Online-Modehändler wie Zalando, Otto und H&M das Geschäft für sich entdeckt. Zalando verkauft Gebrauchtes in seinem Online-Shop unter dem Titel „Pre-Owned“ (gebraucht). Dies sei angesichts der Pläne von Zalando „zur ersten Anlaufstelle für Mode“ zu werden, eine logische Ergänzung zum übrigen Angebot, teilt der Internethändler mit.

Die Otto-Tochter About You verkauft getragene Textilien unter dem wohlklingenden Label „Second Love“ (zweite Liebe). Der Fast-Fashion-Riese H&M geht einen etwas anderen Weg und hat sich die Mehrheit an der schwedischen Secondhand-Online-Plattform Sellpy gesichert. Seit 2020 gibt es auch einen deutschsprachigen Ableger. Er wirbt für die Gebrauchtkleidung mit dem Slogan: „Die beste Art Emissionen zu reduzieren, besteht darin, vorhandene Kleidung und Dinge besser zu nutzen.“

Selbst Luxusmode-Gigant Kering, zu dessen Imperium Marken wie Gucci, Saint Laurent, Bottega Veneta und Brioni gehören, hat inzwischen das Secondhand-Geschäft für sich entdeckt. Er beteiligte sich im Frühjahr mit 5 Prozent an der auf Designermode spezialisierten Wiederverkaufsplattform Vestiaire Collective.

An Nachschub für Secondhand-Angebote sollte es vorläufig nicht mangeln. Nach einer Studie des Wuppertal Instituts in Zusammenarbeit mit Ebay Kleinanzeigen hat die große Mehrheit der Verbraucher in Deutschland noch ungenutzte Produkte zuhause liegen. Immerhin 57 Prozent der Befragten gaben an, Kleidung, Schuhe und Accessoires zu besitzen, die sie seit mindestens zwölf Monaten nicht mehr getragen hätten.

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