Fragen und Antworten Schreckgespenst Inflation

Die allgemeine Teuerungsrate für Juni 2021 berechnet das Statistische Bundesamt vorläufig mit 2,3 Prozent. Speziell für Nahrungs
Die allgemeine Teuerungsrate für Juni 2021 berechnet das Statistische Bundesamt vorläufig mit 2,3 Prozent. Speziell für Nahrungsmittel ergab sich ein Wert von 1,2 Prozent.

Die Inflation gilt vielen Deutschen als erschreckendes Phänomen, das allerdings hierzulande lange nicht mehr gesehen wurde. Doch nun erklimmt die Teuerung plötzlich wieder neue Höhen. Dabei ist ein wenig davon sogar gut ist für die Wirtschaft.

Was ist überhaupt Inflation?
Inflation bezeichnet allgemein die kontinuierliche Verteuerung von Waren und Dienstleistungen für Privatverbraucher. Dieser allgemeine Anstieg der Verbraucherpreise in einer Volkswirtschaft – also die Teuerungsrate – wird in der Regel als Inflationsrate im Vergleich zum Vorjahr, Vorquartal oder Vormonat erhoben.

Die Berechnung basiert auf einem fiktiven Warenkorb, der sich am Konsumverhalten der Bürger orientiert. Darin enthalten sind rund 650 Güter vom Honig bis zur Polstergarnitur. Dabei werden die Preisänderungen unterschiedlich gewichtet, je nachdem welchen Anteil die einzelnen Güterarten an den gesamten Konsumausgaben der privaten Haushalte haben. So werden zum Beispiel Preisänderungen bei den Mieten stärker gewichtet als solche bei der Reparatur von Schuhen.

Wie steht es um die Inflation in Deutschland und der EU?
Nachdem das allgemeine Preisniveau im vergangenen Jahr mehrere Monate lang sogar gesunken war, ist die Inflationsrate in Deutschland seit Jahresbeginn deutlich angestiegen. Im Mai kletterten die Verbraucherpreise im Vergleich zum Vorjahresmonat um 2,5 Prozent, im Juni sank die Inflationsrate leicht auf 2,3 Prozent. Im Mai erreichte die Inflation damit ihren vorläufig höchsten Wert seit September 2011. In der Eurozone ist die Inflationsrate im Juni zwar leicht gesunken. Im Jahresvergleich legten die Verbraucherpreise um 1,9 Prozent zu. Im Mai hatte die Teuerungsrate in den Ländern mit der Eurowährung noch bei 2,0 Prozent gelegen, das war der höchste Stand der letzten zweieinhalb Jahre. Und der Mai markierte den fünften Monat in Folge mit einem Anstieg.

Ist Inflation nun gut oder schlecht?
Eine zu hohe Inflation kann laut EZB zu einer Spirale immer weiter steigender Preise führen. Höhere Preise bedeuten, dass Verbraucher für ihr Geld weniger Ware bekommen. Sie werden also höhere Löhne verlangen, um ihren Lebensstandard halten zu können. Um die höheren Löhne zu bezahlen, werden Unternehmen wiederum die Preise für ihre Produkte weiter erhöhen – so kann ein Teufelskreis entstehen. Für die Wirtschaft wird es angesichts ständig steigender Preise immer schwieriger, Investitionsentscheidungen zu treffen. Bei Privatpersonen schwindet womöglich das Vertrauen in die immer schneller an Wert verlierende Währung.

Aber auch ständig sinkende Preise – also eine sogenannte Deflation – haben negative Auswirkungen auf die Wirtschaft. Rechnen Verbraucher mit anhaltend sinkenden Preisen, werden sie Investitionen und Konsumentscheidungen aufschieben – sie kaufen also nur noch das Allernötigste, denn schon morgen könnten die Preise weiter gesunken sein. Unternehmen verkaufen also weniger Produkte und könnten sich beispielsweise gezwungen sehen, Gehälter zu kürzen oder Personal zu entlassen.

Auch die Steuereinnahmen gehen bei geringeren Verbraucherausgaben zurück. Gleichzeitig muss der Staat aber weiterhin seine Schulden tilgen. Gespart wird dann also an anderer Stelle – beispielsweise in der Bildung, der Infrastruktur oder dem Gesundheitswesen.

Welchen Einfluss hat die Europäische Zentralbank (EZB)?
Alle sechs Wochen trifft sich der EZB-Rat, bestehend aus den 19 Präsidenten der Zentralbanken der Euro-Staaten und sechs Mitgliedern des EZB-Direktoriums, um Beschlüsse zur Geldpolitik zu fassen. Mit der Festlegung des Leitzinses und des Einlagenzinses kann die EZB die Menge und somit auch den Wert des Geldes in den Wirtschaften der Euro-Staaten beeinflussen.

Der derzeit historisch niedrige Leitzins von 0 Prozent bedeutet, dass sich Banken sehr günstig Geld bei der EZB leihen können – auch Verbraucher kommen deshalb an billige Kredite, der Konsum soll so angekurbelt werden.

Der Einlagenzins ist der Zinssatz, den Banken erhalten, wenn sie ihr Geld bei der EZB zwischenlagern. Derzeit ist dieser sogar negativ – das bedeutet, Banken zahlen Geld an die EZB, um ihr Geld bei ihr zu deponieren. Das ist ein weiterer Anreiz, das Geld zu investieren oder an Kunden weiterzugeben.

Außerdem hat die EZB angesichts diverser Finanz- und Wirtschaftskrisen Programme aufgelegt, mit denen sie Anleihen von Staaten und Unternehmen aufkauft und somit deren Preise stabil hält. Allein mit dem sogenannten Corona-Krisenprogramm Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP) schießt die EZB 1,85 Billionen Euro in die europäische Wirtschaft.

Welche Inflationsrate strebt die EZB denn an?
Eine Inflationsrate von „unter, aber nahe 2 Prozent“ ist das zentrale Ziel der Geldpolitik der EZB. Damit sieht sie die Preisstabilität gegeben. Diese Rate enthält laut den Erläuterungen der EZB einen gewissen Puffer, um Ungenauigkeiten bei der Messung auszugleichen.

Die Wirtschaft kann damit auch potenzielle Deflationsrisiken besser abfedern. Der Zielwert lässt außerdem etwas Spielraum für Inflationsunterschiede zwischen den Ländern des Euro-Raums zu. Und die können durchaus erheblich ausfallen: Laut Statistik lag die Rate im März 2021 in Griechenland bei minus 2 Prozent, in Luxemburg hingegen bei plus 2,5 Prozent.

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