Wirtschaft Schlappe für IHK Pfalz

Die IHK Pfalz, hier der Sitz in Ludwigshafen, hält den Vorgang am Neustadter Verwaltungsgericht für einen Einzelfall.
Die IHK Pfalz, hier der Sitz in Ludwigshafen, hält den Vorgang am Neustadter Verwaltungsgericht für einen Einzelfall.

«Ludwigshafen/Neustadt». Die Industrie- und Handelskammer (IHK) für die Pfalz mit Sitz in Ludwigshafen hat jetzt im Streit mit einem ihrer Mitglieder um die Beitragszahlung vor dem Verwaltungsgericht in Neustadt klein beigegeben. Wenn dieser Fall bei anderen Mitgliedern Schule macht, könnte das für die Kammer teure Folgen haben.

In dem aktuellen Fall ging es zwar nur um einen Pflichtbeitrag von knapp 1000 Euro für die Jahre 2011 bis 2015. Aber falls jetzt weitere der rund 79.000 Mitglieder der IHK gegen Abrechnungsbescheide vorgehen würden, könnte das teuer für die Kammer werden. Für den Kläger, ein Gewerbetreibender aus Germersheim, sei es nur um knapp 1000 Euro gegangen, sagte gestern der Geschäftsführer des Bundesverbands für freie Kammern (BFFK), Kai Boeddinghaus der RHEINPFALZ. Für die IHK Pfalz gehe es jetzt um Millionen. Der BFFK mit Sitz in Berlin und Geschäftsstelle in Kassel setzt sich für die Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft bei Industrie- und Handelskammern ein und trat früher als Verein der IHK-Verweigerer auf. Er halte den Vorgang im Neustadter Verwaltungsgericht für einen Einzelfall, sagte gestern der Hauptgeschäftsführer der Pfälzer IHK, Rüdiger Beyer. Die Kammer habe rund 60 Widersprüche gegen Abrechnungsbescheide bekommen. Bis auf das eine Widerspruchsverfahren, das zur Klage geführt habe, habe die Kammer allen anderen „abhelfen“ können, so Beyer. Er wies darauf hin, dass die IHK für die Pfalz nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts über die Bildung von Rücklagen der Kammern von 2015, die Mitgliedsbeiträge massiv gesenkt und Rücklagen verringert habe. Für 2014 seien die Beiträge um 75 Prozent reduziert worden. Für das Jahr 2015 habe es nochmal eine Senkung um 75 Prozent gegeben. BFFK-Geschäftsführer Boeddinghaus, der dem Germersheimer Gewerbetreibenden vor Gericht beistand, sagte, die IHK habe mit Mitgliedsbeiträgen rechtswidrige Vermögensbildung betrieben und über Jahre Millionen „zusammengerafft“. Das Verwaltungsgericht Neustadt teilte gestern mit, die 4. Kammer habe über die im Januar 2017 erhobene Klage des IHK-Mitglieds nicht mehr entscheiden müssen, nachdem der Vertreter der IHK in der mündlichen Verhandlung den Beitragsbescheid aufgehoben habe. Das Gericht habe zuvor ernsthafte Bedenken gegen die Beitragserhebung geäußert. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dürfe die IHK nämlich Überschüsse nur insoweit zur Absicherung von finanziellen Risiken in eine Rücklage einfließen lassen, als dies dem Gebot der Schätzgenauigkeit entspreche. Nach diesem vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Gebot müsse die IHK jährlich bei der Bestimmung der Mitgliedsbeiträge prüfen, ob und in welcher Höhe die Bildung oder Erhaltung einer Rücklage zur Absicherung eines Risikos – etwa durch Beitragsschwankungen infolge konjunktureller Krisen – gerechtfertigt sei. Es sei „wenig nachvollziehbar“, dass die Rücklagen der IHK bis zum Jahr 2014 durch die Einstellung von jährlich erzielten Überschüssen laufend aufgestockt worden seien, obwohl seit 2010 eine kontinuierliche Verbesserung der Konjunktur – auch nach den Jahresberichten der IHK – zu erwarten und zu verzeichnen gewesen sei. Die IHK hatte eine sogenannte Ausgleichsrücklage in Höhe von gut 10 Millionen Euro gebildet. Damit sollte Vorsorge getroffen werden für Beitragsausfälle in konjunkturell schlechten Zeiten. Diese Rücklage sei inzwischen auf 8,5 Millionen verringert worden, sagte Beyer.

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