Kalender Saatgutbank: Eistresor für den Katastrophenfall
Das Lager im Eis der norwegischen Inselgruppe beherbergt ein riesiges Samen-Reservoir, um die Ernährung sicherzustellen, wenn lebensnotwendige Nutzpflanzen einmal aussterben sollten. Wie auf einer Arche Noah lagert dort die genetische Basis für einen landwirtschaftlichen Neubeginn, falls dieser - nach einem Atomkrieg, einem Meteoriteneinschlag - noch möglich sein sollte.
Seit Baubeginn des „Svalbard Global Seed Vault“ (Weltweiter Saatgut-Tresor auf Svalbard, dem norwegischen Namen für Spitzbergen) am 19. Juni 2006 und der Eröffnung zwei Jahre später sind die Samenproben von rund 1,1 Millionen Nutzpflanzen-Sorten eingelagert worden. Das Saatgut-Archiv, bestehend aus drei bunkergleichen Kammern, ist nur durch einen 125 Meter in den Berg getriebenen Tunnel zu erreichen. Der Permafrost rundherum soll den Schatz auf natürliche Weise auch dann bei minus 18 Grad konservieren, wenn die künstlichen Kühlsysteme ausfallen sollten.
Aus aller Welt schicken Forschungsinstitute Samen-Genmaterial in den arktischen Speicher. Die Einsender bleiben Eigentümer und können ihre Saatgutmuster für eine Nachzucht anfordern, falls die nationalen Bestände verloren gehen sollten. Es geht also um einen doppelten Schutz der pflanzlichen Ressourcen, von Kartoffeln und Reis über Weizen und Quiona bis hin zu Beeren, Wurzelgemüsen und Nüssen.
Die globale Katastrophe ist bislang zwar ausgeblieben - aber 2015 machte der Krieg in Syrien die ersten Abrufe aus dem Backup erforderlich: Nach Zerstörung einer Samen-Gen-Bank im nordsyrischen Aleppo konnte die dortige Sammlung mit Hilfe der auf Spitzbergen eingelagerten Samen in Libanon und Marokko neu aufgebaut werden.
Getragen wird die Sicherheitsreserve von einer unabhängigen Non-Profit-Organisation, dem Welttreuhandfonds für Kulturpflanzenvielfalt mit Sitz in Bonn. Deutschland unterstützt den Fonds mit Zuschüssen und Förderkrediten. Der jüngste Besuch aus Deutschland auf Spitzbergen, im Februar dieses Jahres, diente jedoch anderen Gründen: der Übergabe von Samenproben einer Wildapfel- sowie Wildbirne-Sorte und - nicht minder wichtig - der feierlichen Wiedereröffnung des Samen-Speichers drei Jahre nach einem schweren Unglück.
Denn so sicher der Eistresor aufgrund seiner Lage etwa 1000 Kilometer südlich des Nordpols auch zu sein scheint - der Klimawandel macht auch ihm zu schaffen: 2017 wurde sein Zugangstunnel wegen ungewöhnlich hoher Temperaturen mit Schmelzwasser geflutet. Das Wasser gefror im Innern und blockierte den Weg. Der Zutritt ist nun wieder frei, aber die Sorge bleibt: dass die Menschheit zwar ein Samenlager betreibt, aber gegen die globale Erderwärmung, eine der unmittelbar drohenden Katastrophen, zu wenig tut - und damit auch das Svalbard-Projekt im steigenden Meereswasser untergehen lässt.