Wirtschaft Rohstoffmangel setzt der Industrie zu

Die Stahlpreise sind deutlich gestiegen. Das macht auch bei Konservendosen bemerkbar.
Die Stahlpreise sind deutlich gestiegen. Das macht auch bei Konservendosen bemerkbar.

Beim Thema Rohstoffe bekommen Industriemanager tiefe Sorgenfalten – das Angebot ist knapp und der Preis geht durch die Decke. Verbraucher müssen sich auf höhere Preise für ganz unterschiedliche Produkte einstellen, dabei reicht das Spektrum der Produkte von Autoreifen bis zu Marmeladengläsern.

Industrielle Vorprodukte wie Holz, Stahl oder Plastik sind knapp – das setzt Industrie und Handwerk unter Druck. Nach Expertenmeinung gehen die schon deutlich gestiegenen Preise weiter nach oben – ein Ende ist nicht absehbar. „Leere Läger, ein eingeschränktes Angebot und eine anhaltend hohe Nachfrage führen zur langfristigen Überstrapazierung der Rohstoffmärkte“, sagt Danilo Zatta vom Beratungsunternehmen Horváth. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Peter Adrian, spricht von einem „großen Problem“. Ein Überblick über die aktuell knappen Rohstoffe – und Antworten auf die Frage, bei welchen Produkten der Endverbraucher den Preisanstieg spüren könnte.

Stahl

Jahrelang klagte Europas Stahlindustrie wegen asiatischer Billigimporte über Absatzprobleme. Das ist vorbei. Bei Europas größtem Stahlhersteller Thyssenkrupp ist von einem „Stahlengpass in Europa“ die Rede. Die Folge: Stahl wurde deutlich teurer. Der steile Preisanstieg habe „selbst unsere sehr optimistischen Erwartungen übertroffen“, sagt David Varga vom Bankhaus Metzler. Die höheren Stahlpreise treffen nicht nur den Bau, die Autoindustrie oder den Maschinenbau. Auch relativ simple Produkte wie Konservendosen verteuerten sich kräftig. Einen Preisaufschlag um 30 bis 80 Prozent bei Blechdosen und Deckeln beklagt der Bundesverband der obst-, gemüse- und kartoffelverarbeitenden Industrie (BOGK).GlasWeißblech für Dosen ist nicht das einzige Verpackungsmaterial, das teurer geworden ist. Es gebe einen klaren Verbrauchertrend weg vom Kunststoff und zurück zum Glas, und so seien auch die Kosten für Konserven- und Marmeladengläser gestiegen, heißt es beim Branchenverband BOGK. Es sei schwer vorstellbar, dass sich die „Verwerfungen am Ende nicht auch auf die Verbraucherpreise auswirken werden“.

Kautschuk

Auch bei Autoreifen müssen sich Verbraucher auf höhere Kosten einstellen, warnte kürzlich der Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV). Man gehe davon aus, dass es in den kommenden Monaten, etwa beim Umrüsten auf Winterreifen, zu „spürbaren Preiserhöhungen“ in allen Segmenten komme. Denn die Kosten für Rohstoffe, Energie und Logistik seien gestiegen. Der Reifenfachhandel müsse Preissteigerungen „voll an private wie gewerbliche Verbraucher weitergeben“, sagte der Verbandsvorsitzende Stephan Helm. So seien die Kosten für Naturkautschuk, eines der Hauptmaterialien bei der Reifenproduktion, stark gestiegen. Der Mittelwert für das erste Halbjahr habe 57 Prozent über dem Vorjahr gelegen. Und mit dem Anziehen der Ölpreise hätten sich auch auf petrochemischer Basis hergestellte synthetische Kautschuke stark verteuert. Auch in der Kautschukproduktion hat nach der Corona-Krise eine starke Erholung eingesetzt. Brach die deutsche Kautschukherstellung 2020 wegen der Pandemie um rund 20 Prozent ein, werde seit einigen Monaten wieder auf Vorkrisenniveau produziert, berichtete der Verband der Chemischen Industrie (VCI).

Holz

Beim Holz gibt es weiterhin eine „Ausnahmesituation“, die an Störungen der Lieferketten und nachfolgenden Marktverzerrungen liegt, wie es Denny Ohnesorge vom Hauptverband der Deutschen Holzindustrie formuliert. Die Nachfrage im Bau sei im Inland wie im Ausland hoch, große Mengen gehen in die USA. Durch Corona sprang zudem die Nachfrage im „Do it yourself“-Bereich an, also vor allem in den Baumärkten. Das Bauholz verteuerte sich im Mai 2021 im Vergleich zum Vorjahresmonat laut Holzwirtschaftsrat um 38,4 Prozent. Bis Ende des Jahres erwartet Ohnesorge eine leichte Entspannung der Situation. Ein Sprecher der Baumarktkette Bauhaus sagt mit Blick auf den Materialbezug durch Lieferanten, dass es insbesondere beim Rohstoff Holz eine „hochdynamische Preisentwicklung und längere Lieferzeiten“ gegeben habe.

Plastik

Hersteller von Plastikverpackungen berichten von Materialknappheit und höheren Kosten wegen Störungen im Welthandel und wegen Folgen höherer Gewalt – fast die Hälfte von etwa 100 Unternehmen in Deutschland schätzte die Rohstoffverfügbarkeit als schlecht oder sehr schlecht ein, wie die Industrievereinigung Kunststoffverpackungen unter Bezug auf eine Branchenumfrage im Juni berichtet. Die Preise für Rohstoffe hätten seit Januar stark angezogen – bei weit verbreiteten Kunststoffen, den Polyolefinen, um bis zu 80 Prozent. Es geht zum Beispiel um Plastiktüten, Lebensmittelschachteln und Folien.

Wellpappe

Die Hersteller von Wellpappe berichten von deutlichen Preissteigerungen bei ihrem wichtigsten Rohstoff, dem Wellpappenrohpapier. Nach Angaben des Branchenverbandes VDW kostete es im Juni über alle Sorten hinweg durchschnittlich 40,1 Prozent mehr als im September 2020. Die überwiegend eingesetzten Sorten auf der Basis von Altpapier verteuerten sich sogar um 60 Prozent. Der Verband rechnet angesichts großer Nachfrage nach Wellpappenverpackungen vorerst nicht mit einer Entspannung an der Preisfront.

Schreckgespenst Inflation

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