Wirtschaft Personallücke in Gastronomie kleiner geworden
Jeder, der in diesem Jahr in Deutschland schon mal essen war oder im Hotel übernachtet hat, musste vermutlich feststellen: In Hotels, Restaurants und Cafés fehlt es an Personal. „Personal gesucht“ – bundesweit zieren solche und ähnliche Aushänge Türen und Fenster von Restaurants und Cafés. Der Bedarf an qualifizierten Beschäftigten in Hotel- und Gaststättenberufen ist einer Studie zufolge jedoch deutlich zurückgegangen. Die Fachkräftelücke habe sich im Juni 2024 im Vergleich zum Vorjahresmonat fast halbiert, teilte das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (Kofa) des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft mit.
Der Grund für den Rückgang ist laut Kofa-Studienautor Jurek Tiedemann vor allem die schwierige wirtschaftliche Situation im Gastgewerbe. So seien weniger Stellen ausgeschrieben worden, manche Betriebe hätten ihre Expansionspläne auf Eis gelegt. So manches Restaurant oder Hotel gibt es inzwischen gar nicht mehr.
Auswirkungen von Corona
Die Branche habe sich bisher nicht vollständig von den Auswirkungen der Pandemie erholt, heißt es in der Untersuchung weiter. Das Gastgewerbe war einer der Wirtschaftszweige, der am stärksten von der Pandemie betroffen war. Viele Fachkräfte hatten sich im Zuge dessen in andere Berufe oder Branchen umorientiert. In den Jahren 2020 und 2021 sank die Anzahl der Beschäftigten laut der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) um 330.000. Im darauffolgenden Jahr sei sie zwar wieder um 224.000 gestiegen. Zwei Drittel davon waren allerdings Minijobber, also Ungelernte.
Hinzu kommt: Betriebe passen ihre Leistungen und Öffnungszeiten an die geschrumpfte Nachfrage an. Außerdem setzen sie stärker auf (billigere) Ungelernte als auf Fachkräfte. Für Kunden kann sich das spürbar auswirken. Ob Weinempfehlungen oder die korrekte Bedienung am Tisch – so etwas finde bei angelernten Kräften kaum statt, sagt der Referatsleiter Gastgewerbe der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, Mark Baumeister. In der Küche steige zudem der Einsatz an Fertiggerichten, das Speisenangebot werde eingeschränkt, Saisonkarten fielen weg. Im Hotel entfalle die fachgerechte Beratung der Gäste.
Köche besonders schwer zu finden
Im Juni fehlten in Hotel- und Gaststättenberufen dem Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung zufolge gut 8800 Fachkräfte, das waren 45 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Damals waren 16.000 Stellen ausgeschrieben. Jede vierte offene Stelle konnte nicht mit einem passend qualifizierten Arbeitslosen besetzt werden. In einigen Berufen des Gastronomie- und Hotelbereichs ist es laut der Studie besonders schwierig, Personal zu finden. Dazu zählen Köchinnen und Köche. Hier gab es im Juni mehr als 3400 offene Stellen, die nicht besetzt werden konnten. Gesucht wird auch im Bereich Gastronomieservice (2140 Stellen) und in der Systemgastronomie (1250 Stellen), die mit standardisierten Abläufen und Produkten arbeitet (etwa Buffets).
Roboter und KI
Um das fehlende Personal auszugleichen, setzen einige Gastronomiebetriebe inzwischen Roboter ein. Zum Beispiel in der Küche – für einzelne Zubereitungsschritte bis hin zum Zusammenstellen von Gerichten wie Pasta-Speisen oder Currys. Dies gab der Branchenverband Dehoga kürzlich bekannt. Kochroboter hätten Potenzial, hieß es. Der Einsatz von Robotern hat indes einen Haken: den Preis. Ein Exemplar kostet dem Verband Dehoga zufolge meistens mehr als 10.000 Euro und übernehme letztendlich doch nur einfache „Läufer-Aufgaben“.
Der Fastfood-Riese McDonalds wiederum will künstliche Intelligenz stärker in die Arbeitsabläufe integrieren. An mehr als 100 Standorten in den USA will die Schnellrestaurantkette testweise Sprachbestellungen von KI annehmen lassen. Verlaufen die Tests positiv, ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis das Ganze auch in Europa umgesetzt wird.
Leute achten auf den Preis
Verschärft wird die Lage bei Hotels, Restaurants und Cafés durch deren Kampf mit deutlich sinkenden Umsätzen. Die Ursachen dafür sind laut einer Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands steigende Kosten für Personal und Lebensmittel sowie das Auslaufen der reduzierten Mehrwertsteuer auf Speisen, die zu höheren Preisen und in der Folge zu einem Rückgang der Kundschaft geführt hätten.
Die Unternehmen kämpfen aber nicht nur mit Personalproblemen. Die Kunden sparten zuletzt vielfach auch bei der Nutzung gastronomischer Angebote, wie eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov zeigt. Jeder Dritte gibt an, in den vergangenen Jahren stärker auf den Preis geachtet zu haben. Das war mehr als in anderen Bereichen wie Tickets für Kino oder Konzerte, Möbel und Elektronik.