Wirtschaft Paris/Rüsselsheim: Opel verzeichnet ersten Gewinn seit 20 Jahren

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Seit 1966 besteht das Opel-Werk in Kaiserslautern, wo aktuell Motoren und Teile gefertigt werden.

Nach dem ersten Jahresgewinn seit 20 Jahren soll Opel unter Regie des französischen Mutterkonzerns PSA auf Dauer profitabel werden. Opel habe hervorragend gearbeitet, müsse aber so leistungsfähig werden wie die PSA-Marken Peugeot und Citroën, sagte Konzernchef Carlos Tavares am Dienstag.

Dabei bringt das laufende Jahr einige Herausforderungen: Ein ungeordneter Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union könnte die britische Schwestermarke Vauxhall treffen. Zugleich steuert die Autoindustrie gerade mit aller Kraft in Richtung Elektromobilität um. PSA habe Opel im Gegensatz zum US-Vorbesitzer General Motors (GM) flott bekommen, betonte denn auch Analyst Frank Schwope von der Nord-LB. Doch dem kleineren der beiden französischen Autokonzerne fehle es an Investitionskraft. Deshalb hinke PSA mit seinen E-Auto-Plänen den Rivalen Renault oder Volkswagen hinterher. „Die kommenden Jahre werden härter für Peugeot“, mahnte er.

„Der Opel-Blitz strahlt wieder kräftig“

2018 hatten Opel und Vauxhall einen operativen Gewinn von 859 Millionen Euro geschafft. Das entsprach bei einem Umsatz von 18,3 Milliarden Euro und rund einer Million verkauften Fahrzeugen einer Rendite von 4,7 Prozent. In den ersten fünf Monaten unter dem Dach des PSA-Konzerns – von August bis Dezember 2017 – hatte die Opel Automobile GmbH mit Michael Lohscheller als Geschäftsführer noch einen Verlust von rund 179 Millionen Euro verbucht. Lohscheller jubelte am Dienstag: „Der Opel-Blitz strahlt wieder kräftig. Opel ist wieder eine Gewinnermarke“. Dem Sanierer Tavares reicht die jetzige Profitabilität noch nicht. Denn die französischen Schwestermarken kommen auf eine Rendite von 8,4 Prozent. Da der europäische Automarkt stagniert, will Tavares Opel auf den Markt in Russland zurückführen, den die Marke mit dem Blitz vor rund vier Jahren verlassen hatte. Die Franzosen hatten Opel im August 2017 von den Amerikanern übernommen. Seither stand vor allem Sparen im Vordergrund: In Deutschland wurden bisher rund 2500 der 19.000 Stellen abgebaut. Aber trotz einer effizienteren Produktion mit mehr Teilen von PSA arbeitet Opel noch immer teurer als Peugeot und Citroën.

Streit in Rüsselsheim

Für Streit in Rüsselsheim sorgt weiter die Zukunft des Entwicklungszentrums. Der Konzern will einen Teil mit 2000 der knapp 7000 Ingenieure an den französischen Dienstleister Segula verkaufen. Mit dem Betriebsrat und der Gewerkschaft IG Metall gibt es darüber noch keine Einigung. Die Verkleinerung sei notwendig, weil Arbeit für den früheren Mutterkonzern GM bald wegfalle, sagte Tavares. Der Gewerkschaft warf er vor, mit ihrer Weigerung die Stellen zu gefährden. „In einer 38-jährigen Karriere in der Autoindustrie in der ganzen Welt habe ich nie eine Lage erlebt (...), in der ein Gewerkschaftspartner nicht dafür kämpft, 2000 Jobs zu sichern“, sagte Tavares, ohne die IG Metall ausdrücklich zu nennen. Ein IG-Metall-Sprecher meinte, man sei nicht gegen die Auslagerung. Segula müsse aber den Opel-Tarifvertrag mit der Beschäftigungssicherung bis 2023 übernehmen. Das Risiko eines wirtschaftlichen Misserfolgs dürfe nicht auf die Arbeitnehmer abgewälzt werden. Die Gewerkschaft fordert angesichts der besseren Lage bei Opel außerdem Investitionen und neue Modelle für die deutschen Standorte. „Nach wie vor wissen die Betriebsräte und die Beschäftigten nicht, wie die mittelfristige Planung für die Werke aussieht“, so IG-Metall-Bezirksleiter Jörg Köhlinger.

Europäisches Unternehmen

Vom Betriebsrat des Opel-Standorts Kaiserslautern war am Dienstag keine Stellungnahme zu erhalten. PSA-Chef Tavares betonte, Opel-Modelle könnten in PSA-Werken gebaut werden – so wie umgekehrt Peugeot- oder Citroën-Pkw in Deutschland: „Wir sind ein europäisches Unternehmen, wir gehen von der nationalistischen Herangehensweise ab.“ Im Gesamtkonzern PSA stieg der Nettogewinn 2018 um 40 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro. Der Umsatz kletterte, angetrieben von einer hohen Nachfrage nach SUV-Modellen und dank des Beitrags von Opel, um 19 Prozent auf gut 74 Milliarden Euro.

Opel als E-Automarke in China?

Die Franzosen wollen ihre mit 80 Prozent Absatzanteil hohe Abhängigkeit von Europa langfristig verringern und kündigten deshalb an, mit Peugeot nach fast drei Jahrzehnten wieder nach Nordamerika zu gehen und mit Citroën erstmals nach Indien. Analyst Schwope sagte, PSA brauche mehr Geld, womöglich durch eine höhere Beteiligung seines chinesischen Aktionärs. Das könnte helfen, Opel als E-Automarke in China zu etablieren. Auch eine Kooperation mit Fiat-Chrysler könne helfen. . Unterdessen hat Automarkt-Experte Ferdinand Dudenhöffer kritisiert, dass die Franzosen bisher für Opel „wenig hilfreich“ gewesen seien. Laut Dudenhöffer sank der Marktanteil von Opel/Vauxhall von 12,5 Prozent im Jahr 1995 auf 5,7 Prozent im vergangenen Jahr. Die Neuzulassungen seien im gleichen Zeitraum von knapp über einer Million Autos auf rund 885.000 abgesackt. Und die Verkäufe an Privatkunden betragen den weiteren Angaben zufolge nur noch 19,1 Prozent. „Tageszulassungen und junge Dienstwagen sind das Opel-Geschäft geworden. Man könnte fast sagen, Opel hat sich zur Gebrauchtwagen-Marke entwickelt“, kritisierte Dudenhöffer. Auch vom SUV-Boom habe man sich bei Opel deutlich mehr erhofft. 

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Tavares.
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Lohscheller.
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Dudenhöffer.
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