Anleger-Tipp Nachhaltig Investieren ist Definitionssache

Experten haben festgestellt: Geldanlagen, die sich nachhaltig geben, sind oft teuer.
Experten haben festgestellt: Geldanlagen, die sich nachhaltig geben, sind oft teuer.

Das eigene Geld vermehren, aber auch etwas Gutes damit bewirken – dieses Ziel verfolgen immer mehr Anlegerinnen und Anleger. Das Problem: Finanzprodukte sind oft nicht so grün, wie sie auf den ersten Blick erscheinen.

Gut für die Umwelt und gut für die Menschen – das ist meist gemeint, wenn von Nachhaltigkeit die Rede ist. Das Thema liegt auch bei der Geldanlage im Trend. Laut dem jährlichen Marktbericht des Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) investierten Anlegerinnen und Anleger im vergangenen Jahr 39,8 Milliarden Euro in nachhaltige Fonds und Mandate. Das sind 21,4 Milliarden Euro oder 117 Prozent mehr als zum Jahresende 2019. Aber was sind eigentlich nachhaltige Finanzanlageprodukte?

Nachhaltigkeit ist nicht definiert: Von diesem Kuchen wollen immer mehr Anbieter ein Stückchen abhaben. „Oft werden Finanzprodukte einfach umbenannt“, beobachtet Hartmut Walz, Finanzökonom und Professor an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen. Bei manchem Fonds etwa würden einige Aktien aussortiert und die Buchstaben „ESG“ (Abkürzung für „environment“, „social“ und „government“, bedeutet Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) beigefügt. „Und so bin ich plötzlich selbst ein grüner Anleger, ohne etwas dafür zu tun.“ Solche Prozesse werden oft auch als „Greenwashing“ bezeichnet. Ein Finanzprodukt bekommt einfach einen grünen Anstrich, ohne tatsächlich „grün“ zu sein. Dass das bei nachhaltigen Anlagen funktioniert, liegt unter anderem an einem Definitionsproblem: „Was als nachhaltig gilt, wird von Anbietern zum Teil unterschiedlich definiert“, sagt Walz. „Die Kriterien sind jedenfalls nicht überall gleich.“ Beispiel Atomkraft: Während sie einige als CO2-einsparende Energiequelle sehen, ist es für andere wegen des strahlenden Mülls keine nachhaltige Technologie.

Anlagestrategie unterschiedlich: Das nicht alle Fonds die gleiche Strategie verfolgen, zeigt ein Test der Stiftung Warentest: Die Experten nahmen 2020 über 70 nachhaltige Fonds, die global investieren, unter die Lupe. Sie wollten unter anderem wissen, welche Branchen und Geschäftspraktiken die Anbieter ausschließen und ob das auch für Töchter, Beteiligungen und Zulieferer der Firmen gilt. Ein Ergebnis: In ihrer Anlagestrategie unterscheiden sich die verschiedenen Fonds mitunter deutlich. Die drei von den Testern am besten beurteilten nachhaltigen Fonds legen die strengsten Anlagekriterien an: Sie investieren nur in Unternehmen, die bestimmte soziale, ökologische oder rechtliche Standards erfüllen. Beim finanziellen Erfolg landeten diese Fonds allerdings nicht ganz vorne. Der Fonds, der das beste finanzielle Ergebnis lieferte, unterliegt nicht ganz so strengen Kriterien.

Produkte sind oft teuer: „Häufig werden den Kunden Zertifikate auf einen nachhaltigen Aktienindex angedreht“, sagt der Honorarberater Michael Ritzau. „Diese Produkte haben umständliche Namen, die den Kunden signalisieren sollen: Das ist kompliziert, aber nachhaltig.“ Was Verbraucher dabei oft übersehen würden: Die Produkte sind nicht nur ebenso komplex wie ihre Namen, sondern leicht um ein Vielfaches teurer als nachhaltige Indexfonds (ETFs) auf denselben Index. „Unter dem Deckmantel der Nachhaltigkeit werden die Kunden hemmungslos über Ausgabeaufschläge, vor allem aber über die Abschöpfung aller Dividenden und hohe laufende Kosten geschröpft“, sagt Ritzau. Die abgeschöpften Dividenden müssen dabei nicht in Prozent angegeben werden wie die laufenden Kosten. Vielen Kunden fällt nach Angaben des Honorarberaters nicht auf, dass dadurch 2 oder 3 Prozent pro Jahr verloren gingen – mehr als bei aktiv gemanagten Fonds.

Klientel nimmt Kosten in Kauf: Nachhaltige Geldanlagen scheinen für eine solche Geschäftsstrategie gut geeignet: „Das Kostenbewusstsein der Kunden ist bei diesen Produkten geringer“, stellt Ökonom Walz fest. Denn die Nachhaltigkeit sei den Kunden etwas Wert. „Sie sind schlicht bereit, dafür höhere Kosten in Kauf zu nehmen.“ Allerdings gehen die Kosten immer zulasten der Rendite des Anlegers. Wer nachhaltig anlegen will und gleichzeitig trotzdem etwas für den Vermögensaufbau tun möchte, muss sich gut mit der Geldanlage auseinandersetzen, rät Ritzau. „Schauen Sie sich an, was das für ein Produkt ist und wie teuer es ist.“

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