Bahnverkehr Mireo bringt mehr Schwung in S-Bahn-Betrieb

57 Mireo-Triebwagen sind bei Siemens für die S-Bahn Rhein-Neckar bestellt, 38 davon sollen ab Mitte Dezember planmäßig eingesetz
57 Mireo-Triebwagen sind bei Siemens für die S-Bahn Rhein-Neckar bestellt, 38 davon sollen ab Mitte Dezember planmäßig eingesetzt werden. Die Fahrzeuge sind für Tempo 160 zugelassen.

Die Pünktlichkeitswerte der S-Bahn Rhein-Neckar sind vergleichsweise schlecht. Das Problem der Störung des Betriebs durch Fernzüge wird sich mit der Netzerweiterung im Dezember noch weiter verschärfen. Gerade deswegen wird der neue Mireo gebraucht.

Als die Bundesregierung kürzlich Pünktlichkeitsdaten für die deutschen S-Bahn-Netze publik machte, fielen zwei Netze mit vergleichsweise schlechten Zahlen auf: die S-Bahn Rhein-Neckar und die S-Bahn Rhein-Main. Beiden ist gemeinsam, dass ein Teil der S-Bahn-Linien über Mischbetriebsstrecken verläuft, auf denen die S-Bahn häufig unter verspäteten Fernreisezügen zu leiden hat. Bei der S-Bahn Rhein-Main gilt das vor allem für die Strecke von Mainz nach Frankfurt.

Auch bei der S-Bahn Rhein-Neckar geht ein großer Teil der Unpünktlichkeit auf die Verspätungen anderer Züge zurück. Deutlich wird das beispielsweise daran, dass die Linie S 51 von Meckesheim nach Aglasterhausen, die so gut wie ausschließlich von der S-Bahn befahren wird, 2019 einen Pünktlichkeitsgrad von 97,7 Prozent erreichte. Als pünktlich im Sinne dieser Statistik gilt ein Zug, wenn er maximal fünf Minuten Verspätung hat. Der durchschnittliche Pünktlichkeitswert aller Linien der S-Bahn Rhein-Neckar lag im vergangenen Jahr deutlich darunter bei 92,1 Prozent.

Geschwindigkeitsdifferenz ist problematisch

Am dichtesten belegt sind im Netz der S-Bahn Rhein-Neckar Abschnitte auf der Strecke von Mannheim nach Heidelberg. Problematisch ist allerdings nicht unbedingt die Anzahl der Züge, sondern vor allem die Mischung von Verkehren mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Wenn alle Züge gleich schnell sind, ist die Kapazität einer zweigleisigen Bahnstrecke enorm hoch. Je größer die Geschwindigkeitsdifferenzen sind, desto stärker sinkt aber die Kapazität.

Problematisch für die Pünktlichkeit des S-Bahn-Betriebs ist es vor allem, wenn auf derselben Strecke viele Fernreisezüge unterwegs sind. Das ist im Netz der S-Bahn Rhein-Neckar bisher vor allem auf dem Abschnitt von Heidelberg nach Karlsruhe der Fall, wo pro Stunde und Richtung mindestens ein Fernreisezug (ICE oder Intercity) fährt. Ähnlich hoch ist die Anzahl der schnellfahrenden Züge auf der Strecke von Ludwigshafen nach Homburg. Dabei macht es keinen Unterschied, dass die Süwex-Linie RE 1, die häufig einen früheren Interregio ersetzt, juristisch und tariflich ein Regionalzug ist. Die Geschwindigkeitsdifferenz gegenüber der S-Bahn ist ähnlich groß wie bei einem Fernzug.

Mit der Erweiterung des S-Bahn-Netzes zum kommenden Fahrplanwechsel am 13. Dezember wird sich das Problem noch einmal deutlich verschärfen. Ein Problemfall ist die künftige S 6 von Mannheim nach Bensheim. Auf der Main-Neckar-Bahn (Heidelberg–Frankfurt) fährt ebenfalls mindestens ein Takt-Fernzug pro Stunde und Richtung. Ein weiteres Problem ist der auf dieser Strecke besonders starke Güterverkehr. Güterzüge und S-Bahnen stören sich fahrplantechnisch zwar weniger als langsame und schnelle Züge, dies gilt allerdings nur, solange die Anzahl der Güterzüge nicht zu groß ist.

Auf der künftigen S 9 sind die Probleme am größten

Noch sehr viel schwieriger ist die Situation bei der künftigen S 9 von Karlsruhe über Schwetzingen, Mannheim und Biblis nach Groß-Rohrheim. Hier gibt es zwei kritische Stellen. Zum einen der Abschnitt von Karlsruhe nach Graben-Neudorf, über den ein bis zwei Takt-ICE pro Stunde und Richtung fahren. Noch gravierender ist das Problem auf dem Abschnitt nördlich von Mannheim. Hier sind mindestens drei, teilweise sogar vier Takt-ICE pro Stunde und Richtung unterwegs. Zudem fährt hier der RE 70 von Mannheim nach Frankfurt, der für die größeren Halte zwischen Mannheim und Groß-Rohrheim zusammen mit der S-Bahn ein etwa halbstündliches Angebot herstellt. Bei Verspätungen im Fernverkehr ist hier die Gefahr besonders groß, dass die S-Bahn durch außerplanmäßige Überholungen ausgebremst wird.

Mireo-Triebwagen sind deutlich spurtstärker

In derartigen Situationen ruhen einige Hoffnungen auf den neuen Mireo-Triebzügen. Sie haben mit Tempo 160 nicht nur eine höhere Maximalgeschwindigkeit als die bisher eingesetzten Triebwagen der Baureihe 425 mit Tempo 140, sondern sind auch deutlich beschleunigungsstärker. Im Zweifelsfall besteht so die Chance, dass bei einer Abwägung der Belange von Nah- und Fernverkehr, die ein Fahrdienstleiter in einem Stellwerk vorzunehmen hat, die S-Bahn glimpflicher wegkommt – etwa dadurch, dass ein S-Bahn-Zug nicht von einem verspäteten ICE überholt wird oder die Überholung bei der Fahrt in Richtung Norden später erfolgt (beispielsweise in Lampertheim statt in Mannheim-Waldhof) und damit zumindest weniger Fahrgäste von der Verspätung betroffen sind.

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