Wirtschaft Kommentar: Zeit für Umverteilung

10 Prozent der deutschen Haushalte besitzen mehr als die Hälfte des

Nettovermögens. Grund, die

Vermögensteuer wiederzubeleben.

Die deutsche Wirtschaft wächst – doch dieses Wachstum kommt nicht bei allen an. Zu Recht fordern die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrem Frühjahrsgutachten deswegen eine Entlastung der Bürger. Der steile Anstieg der Steuersätze gerade bei niedrigen und mittleren Einkommen müsse gedämpft werden, so die Ökonomen. Zur Gegenfinanzierung empfehlen sie den Abbau von Steuervergünstigungen und Finanzhilfen. Der Vorschlag ist unrealistisch. Beispiel Pendlerpauschale: Die steuerlichen Erleichterungen für Beschäftigte mit langen Arbeitswegen mögen umweltpolitisch fragwürdig sein. Eine Streichung würde angesichts steigender Immobilienpreise in den Großstädten aber viele empfindlich treffen. Wenn die Abgabenlast für Gering- und Normalverdiener sinkt, zugleich aber Staatsschulden abgebaut werden sollen, empfiehlt sich ein anderer Weg: die Reichen stärker zur Kasse zu bitten. Dafür spricht der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung: Die wohlhabendsten 10 Prozent der deutschen Haushalte besitzen mehr als die Hälfte des Nettovermögens. Eine Wiederbelebung der Vermögensteuer ist überfällig. Konzepte für eine verfassungsgemäße Ausgestaltung – in der alten Form hatte sie 1995 das Bundesverfassungsgericht gekippt – liegen vor. Auch höhere Steuern auf große Erbschaften sind wünschenswert. Eine Entlastung unterer Einkommen ohne Gegenfinanzierung wäre dagegen riskant. Zwar zeigte sich die deutsche Wirtschaft in der jüngeren Vergangenheit erfreulich resistent gegen Krisen. Immun ist sie aber nicht.

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