Arbeits-Tipp In den Flow kommen: So gehen einem Aufgaben gut von der Hand

Handy aus, Tür zu: Wer in den Flow kommen will, sollte Ablenkungen vermeiden.
Handy aus, Tür zu: Wer in den Flow kommen will, sollte Ablenkungen vermeiden.

E-Mails checken, mit Kollegen plaudern, ans Telefon gehen. Nicht immer ist es leicht, sich wirklich auf eine Aufgabe zu konzentrieren. Doch wer im Flow ist, der tut genau das. Und so klappt das.

Schreibt sich die Seminararbeit beinahe wie von alleine, schwebt der Zeichenstift nur so über das Papier, sitzt jeder Handgriff, und alle Gedanken ergeben Sinn – dann erlebt man ihn: den sogenannten Flow. „Ein mentaler Zustand, bei dem wir völlig vertieft in die Aufgabe sind, die wir gerade erledigen“, so Petra Weber, Gründerin und Beraterin des Coachingzentrums Heidelberg.

Höchste Konzentration, große Freude an der Arbeit und das gute Gefühl etwas zu schaffen – ein Flowerlebnis nehmen die meisten Menschen als positiv wahr. „Wir haben das Gefühl, in dem aufzugehen, was wir tun. Wir vergessen die Zeit und die Umgebung, weil wir so in die Aufgabe vertieft sind“, so Weber. Es sei ein Zustand, „der unserem Gehirn sehr gut tut, eine Art Glückserleben“.

Doch nicht immer und überall lässt sich dieser Zustand erreichen. Laut Jürgen Walter, Psychologe und Berater für Arbeit und Gesundheit, müssen dafür die Herausforderungen der Arbeit in einem ausgewogenen Verhältnis „zu den Fähigkeiten und dem Wissen der Person stehen“. Sind die Aufgaben zu einfach, kann das zu Langeweile führen. Zu schwierige Aufgaben verursachen womöglich Stress und Frustration.

Konzentration ist trainierbar

Und auch was wir tun, spielt eine Rolle. Das Flow-Erleben könne zwar bei vielen ganz unterschiedlichen Tätigkeiten auftreten: bei kreativen Arbeiten wie Malen, Schreiben oder Komponieren etwa, beim Sport, beim Handwerk, beim Programmieren oder Designen. Oft seien es aber Aufgaben, die etwas herausfordernd sind, die Konzentration und Aufmerksamkeit bündeln, sagt Petra Weber. „Und es braucht eine Aufgabe, für die ich motiviert bin, mit einem klaren Nutzen und Ziel.“

Wie das Arbeiten in tiefster Konzentration aussehen kann, hat der amerikanische Professor für Informatik Cal Newport beleuchtet. In seinem Konzept zur „Deep Work“ geht es darum, sich bewusst von äußeren Ablenkungen abzugrenzen und gezielt in eine tiefe Konzentration zu kommen.

„Deep Work beschreibt eine Konzentration, die mich an meine geistige Kapazitätsgrenze bringt“, sagt dazu Petra Weber. „Die Leistung, die ich in diesem Zustand erbringe, schafft neue Werte und ist für andere schwer zu kopieren.“

Doch wie kommt man in solch einen Zustand? „Es sieht so aus, als sei Konzentration trainierbar“, sagt Weber. „Ich kann die neuronalen Netzwerke für Konzentration im Gehirn ausbauen, indem ich sie immer wieder benutze. Aber tiefe Konzentration ist auch sehr anstrengend, weshalb wir alle dazu neigen, uns gerne ablenken zu lassen.“

Der wohl wichtigste Rat, um ins konzentrierte Arbeiten zu kommen, lautet dann auch: Ablenkungen vermeiden. Es brauche eine Umgebung, die frei davon ist, so Weber. „Das heißt, ich sollte das Telefon ausstellen, nicht benötigte Computeranwendungen schließen und auch der Familie oder Kollegen mitteilen, dass ich jetzt nicht ansprechbar bin.“

Ordnung und Pausen wichtig

Außerdem sollte man darauf achten, eine positive Arbeitsumgebung zu schaffen, rät Jürgen Walter. „Stellen Sie sicher, dass Ihr Arbeitsplatz aufgeräumt und organisiert ist, dass Sie sich wohlfühlen.“ Auf dem Weg zur tiefen Konzentration könnten auch Routinen oder Rituale helfen, so Petra Weber. Feste Arbeitszeiten hätten sich beispielsweise als sehr hilfreich erwiesen. Ein weiterer Tipp: „Definieren Sie vor Beginn der Arbeit klare Ziele und Prioritäten“, so Jürgen Walter. „Das hilft Ihnen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.“ Um den Einstieg ins konzentrierte Arbeiten zu finden, empfiehlt der Psychologe die Anwendung der sogenannten „Pomodoro-Technik“. Dabei wird die Tätigkeit in Zeitintervalle von 25 Minuten unterteilt und nach jeder Einheit eine kleine Pause eingelegt. Diese Methode könne dazu beitragen, die Konzentration und Energie besser zu erhalten. Und wenn gar nichts mehr geht, hilft am besten Bewegung. „Ein kurzer Spaziergang oder eine leichte körperliche Aktivität kann dazu beitragen, Ihre Gedanken zu klären und den Geist zu erfrischen“, so Walter. Ebenfalls wichtig: Nach der Arbeit abschalten. „Echte geistige Produktivität braucht auch wieder Muße, damit das Unterbewusste noch mal nacharbeiten kann“, so Weber.

Ein paar Gefahren lauern

Wer es schafft, in den Flow zu kommen, kann sich freuen. „Wenn der Mensch im Flow ist, kann eine Aufgabe viel schneller und effektiver erledigt werden“, sagt Jürgen Walter. Neben der erhöhten Produktivität wirken sich auch eine gesteigerte Kreativität und ein höheres Wohlbefinden positiv auf den Menschen aus.

Aber es gibt auch Nachteile. Wer über längere Zeiträume im Flow bleibt, keine Pausen einlegt und ein Ziel weiter verfolgt, das objektiv betrachtet nicht erreichbar ist, läuft Gefahr in einen Burn-out zu kommen.

Auch Isolation und Entfremdung sowie einen Mangel an Vielfalt und Abwechslung im Leben sieht Walter als mögliche Nachteile des übertriebenen Abtauchens in die Konzentration. In Extremfällen könne sich aus dem Zustand des Flows auch eine Sucht entwickeln. „Manche werden dann zu Workaholics“, gibt Petra Weber zu bedenken. „Aber im Normalfall überwiegen die Vorteile.“

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