Wirtschaft Gridcon: Der autonome Trecker am Kabel
„Die Landwirtschaft war schon immer Vorreiter“, sagte Hartmut Kegel. Der Landwirt aus Mutterstadt (Rhein-Pfalz-Kreis) war nach Mainz gekommen, weil dort ein Traktor präsentiert wurde, den sein Sohn Volker mitentwickelt hat: ein Traktor ohne Führerhaus. Unter dem Projektnamen Gridcon forschte John Deere drei Jahre lang an einem elektrisch betriebenen, autonom fahrenden Trecker, der in der Landeshauptstadt erstmals zu sehen war. Entwickelt wurde der Prototyp im europäischen Forschungs- und Entwicklungszentrum des Unternehmens in Kaiserslautern. Ein autonom fahrender E-Traktor ist nichts Neues. Auch andere Hersteller haben bereits ähnliche Modelle vorgestellt. John Deere hatte vor zwei Jahren bereits den Sesam der Öffentlichkeit präsentiert, den ersten vollelektrischen Schlepper. „Die Schwachstelle war bisher immer die Batterie“, erläutert Volker Kegel. Die Akkus seien zu schwer und speicherten nicht genug Energie für die Leistung, die ein Traktor abrufen müsse. Die Lösung: Der neue Gridcon-Trecker wird per Kabel an eine Steckdose angeschlossen. Ein neu entwickeltes Wickelsystem macht’s möglich.
Der intelligente Kabelwickler
Jeder, der einmal mit einem kabelgebundenen Rasenmäher gemäht hat, weiß, wie kompliziert es ist, nicht über die Stromleitung zu fahren. Der Gridcon hat einen Arm, der das Kabel neben sich her führt. Die Strecke plant er so, dass er das Kabel auf dem Rückweg dort aufsammelt, wo er es abgewickelt hat, um keine Pflanzen zu beschädigen. Eine intelligente Routenführung sorgt außerdem dafür, dass die Leitung nicht verdreht wird. „Ein Mensch könnte das nicht“, sagte Nicolai Tarasinski, Vorentwicklungsleiter bei John Deere in Kaiserslautern. Gefragt nach seiner Intention, greift Tarasinski tief in die Kiste: „Wir haben dieses Fahrzeug entwickelt, um die Welt zu retten.“ Es sei einer der Beiträge, die die Forschungseinrichtung in Kaiserslautern zur Rettung des Klimas liefern könne. Zudem habe der Traktor die doppelte Leistung (300 Kilowatt) wie sein Diesel-Pendant – bei gleichem Gewicht. Das schone den Boden. Landwirt Hartmut Kegel sieht hinter den autonomen Landmaschinen auch einen wirtschaftlichen Aspekt: Mit ihrer Hilfe könne man Lohnkosten senken und landwirtschaftliche Produktion wirtschaftlicher machen. Außerdem könnten ein autonom fahrender Traktor oder eine autonom fahrende Erntemaschine 24 Stunden am Tag fahren, ohne dass man zusätzliche Arbeitskräfte im Schichtbetrieb einstellen müsse.
Noch nicht ganz autonom - aus rechtlichen Gründen
Auch die Robot Makers GmbH aus Kaiserslautern hat sich zum Ziel gesetzt, Landmaschinen intelligenter zu machen. Zusammen mit der Maschinenbaufirma Braun aus Landau haben die Mitarbeiter des Softwaredienstleisters im Bereich mobiler Automation ein System entwickelt, mit dem Winzer schneller durch den Wingert kommen. Ein Spurhalteassistent übernimmt die Lenkung, ein anderes System steuert etwa Laubschneider, Pflug oder Mulcher. Der Winzer muss nur noch Gas geben. Ein versierter Fahrer schaffe normalerweise fünf bis sechs Kilometer pro Stunde, mit dem intelligenten System könne er über zehn schaffen, sagte Bernd-Helge Leroch, Geschäftsführer der Robot Makers GmbH. Das spare enorm viel Zeit, die man für andere Aufgaben nutzen könne. Und man könne durch die Technik, wenn man auf Spritzmittel verzichten will, störendes Unkraut bei jedem Arbeitsschritt nebenbei mechanisch entfernen. „Das ist unsere Alternative zu Glyphosat“, ergänzt Geschäftsführer Leroch. Das System ist jetzt schon nutzbar. Nur ganz autonom gehe es aus rechtlichen Gründen noch nicht, so Leroch. Gas geben muss der Fahrer also selbst. Und auch das Wenden und Einfahren in eine neue Zeile darf der Traktor nicht: Da man beim Wenden die Anlage verlässt, gilt die Straßenverkehrsordnung. Und die erlaubt das nicht.