Wirtschaft Gerangel um Air Berlin

Die österreichische Tochter von Air Berlin, Niki, soll nicht mit in die Insolvenz gerissen werden. Es gebe die Zusage der Geschä
Die österreichische Tochter von Air Berlin, Niki, soll nicht mit in die Insolvenz gerissen werden. Es gebe die Zusage der Geschäftsführung, dass das nötige Geld zur Verfügung gestellt werde, sagte Betriebsrat Stefan Tankovits gestern in Wien. Das Foto zeigt den Check-in Schalter von Niki in Wien.

«Berlin/Frankfurt.» Der Insolvenzfall Air Berlin soll schnell gelöst werden. Der Zeitdruck ist groß, das Geld aus einem Überbrückungskredit reicht nur für drei Monate. Ganz vorn mischt der deutsche Marktführer Lufthansa mit. Der Nürnberger Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl hat gestern ein formelles Übernahmeangebot abgegeben. Zu den Akteuren gehören auch der Leiter des Insolvenzverfahrens und die Bundesregierung. Ein Überblick.

Die Lufthansa, umsatzstärkster Luftverkehrskonzern Europas, treibt die Übernahme der Air Berlin bereits seit Monaten in Gesprächen mit der Politik und dem Großaktionär Etihad voran, der Fluggesellschaft der Vereinigten Arabischen Emirate. Erster Erfolg war die im Januar genehmigte Anmietung von 38 Mittelstrecken-Maschinen, rund ein Viertel der Air-Berlin-Flotte. Lufthansa-Chef Carsten Spohr will mindestens ein weiteres Viertel für die Billigflieger-Tochter Eurowings sichern. Anscheinend sind auch Gespräche mit Easyjet und Tuifly geplant. Auch der Reiseveranstalter Thomas Cook mit seiner Ferienflugtochter Condor bekundet Interesse an einer „aktiven Beteiligung an der Zukunft von Air Berlin“. Ein Teil der Cook-Feriengäste kommt mit Air Berlin ans Ziel. Der Nürnberger Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl will die insolvente Fluggesellschaft komplett übernehmen. Über eine Münchner Kanzlei gab seine Vermögensverwaltungs GmbH gestern ein formelles Angebot ab. Ziel der Offerte sei es, die Air Berlin Gruppe als unabhängige Airline fortzuführen, teilte Wöhrls Unternehmen mit. Für sein Vorhaben habe er Rückendeckung von weiteren „Partnern mit hoher Fachkompetenz“ sowie Finanzinvestoren. Wöhrls Firma zweifelte auch Aussagen der Bundesregierung und der Leitung von Air Berlin an, wonach der Rückzug des Großaktionärs Etihad überraschend gekommen sei und im Interesse der Passagiere kurzfristig eine Bürgschaft des Bundes über 150 Millionen Euro gegeben werden müsse. Manches deute darauf hin, dass von langer Hand eine einseitige Strategie zugunsten der Lufthansa entwickelt worden sei. Der Staatskonzern Etihad mit Sitz in Abu Dhabi ist seit 2012 Großaktionär von Air Berlin mit einem Anteil von 29,2 Prozent. Wenige Tage, nachdem Etihad die Unterstützung entzogen hatte, stellte Air Berlin einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Ein Großteil der Schulden der Fluglinie in Höhe von 1,5 Milliarden Euro dürfte am Partner hängenbleiben. Etihad wehrt sich gegen den Eindruck, Air Berlin im Stich gelassen zu haben. Das Unternehmen habe zuletzt im April 250 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Der Passagier-Europameister Ryanair würde die Verbindungen der insolventen Fluglinien Alitalia und Air Berlin liebend gern übernehmen, die Flugzeuge und Crews eher nicht. Ryanair gehört zum Bieterkreis für Alitalia. In Deutschland fühlen sich die Iren ausgebootet und haben kartellrechtliche Schritte angekündigt. Gleich zwei Sanierungsexperten sind in die Rettungsbemühungen involviert. Der Düsseldorfer Jurist Frank Kebekus steht als Generalbevollmächtigter an der Seite von Air-Berlin-Vorstandschef Thomas Winkelmann. Das Duo leitet die Verkaufsverhandlungen. Lucas Flöther überwacht als vorläufiger Sachwalter im Auftrag der Gläubiger alle Vorgänge. Die Bundesregierung hat einen Brückenkredit über 150 Millionen Euro gewährt, ohne den die Fluggesellschaft sofort den Betrieb hätte einstellen müssen. Zehntausende Passagiere wären an ausländischen Flughäfen gestrandet. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) ist dafür, dass die Lufthansa wesentliche Teile der Airline übernimmt. Das Bundeskartellamt und die EU-Kartellwächter werden die Verkaufspläne überprüfen.

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