Wirtschaft Generali stößt Lebenspolicen ab
Die Generali Leben verkauft ihr Geschäft mit traditionellen Lebenspolicen an den professionellen Abwickler Viridium. Politiker und Verbraucherschützer sind alarmiert.
Es könnte der viel befürchtete Dammbruch beim Verkauf traditioneller Lebenpolicen an professionelle Abwickler sein. Die in München ansässige Generali Leben will dieses Geschäft nun mehrheitlich an den hierzulande marktführenden Abwickler Viridium in Neu-Isenburg verkaufen. Davon betroffen sind 4,2 Millionen Policen mit Kapitalanlagen von über 37 Milliarden Euro. Bislang sind von in Deutschland rund 88 Millionen Verträgen rund 1,8 Millionen an professionelle Abwickler verkauft. Politiker über alle Lager hinweg sowie Verbraucherschützer warnen vor negativen Folgen für die Versicherten. Generali und Viridium widersprechen. „Wir befürchten, dass die Versicherten zukünftig deutlich schlechter gestellt sind“, sagt der Chef des Bunds der Versicherten (BdV), Axel Kleinlein. Kunden, deren Policen verkauft werden, müssten damit rechnen, bei Viridium noch spärlicher mit den bei Lebenspolicen mitentscheidenden Überschüssen bedient zu werden. Zudem könne der Service leiden. Der BdV droht nun mit dem neuen Rechtsinstrument Musterfeststellungsklage. Professionelle Abwickler haben anders als aktive Versicherer mit Neugeschäft keinen Ruf zu verlieren. Zwar wacht in Deutschland die Finanzaufsicht Bafin darüber, dass bei einem Verkauf von Versicherungsbeständen die Garantien für Kunden eingehalten werden. Sie hat auch bereits eine kritische Prüfung angekündigt. Bei Überschussbeteiligungen als wichtigem Teil der Rendite einer Lebenspolice besteht aber ein Verteilungsspielraum. Hier kann es am Ende eines oft über Jahrzehnte laufenden Vertrages um viele Tausende Euro gehen, die ein Kunde erhält oder eben nicht. Um solchen Befürchtungen zu begegnen, wählt Generali Leben beim Verkauf ein innovatives Modell. An Viridium veräußert werden nur knapp 90 Prozent der Generali Leben. Zu einem Zehntel beteiligt bleibt die italienische Muttergesellschaft. Betreut werden die verkauften Bestände zudem von 300 Generali-Beschäftigten, die in eine neue Servicegesellschaft unter Viridium wechseln und praktisch mitverkauft werden. Für fünf Jahre will Generali zudem die Investments der betroffenen Versicherten weiter managen. Beim Geschäft wurde Generali Leben als Ganzes mit rund 1 Milliarde Euro bewertet. Dazu kommen Darlehen in Höhe von 882 Millionen Euro, die Generali ihrer Lebensversicherungstochter gewährt hat und für die nun Viridium geradesteht. Zudem zahlt der Abwickler an Generali 275 Millionen Euro für das fünfjährige Anlagemanagement. Der Verkauf sei ein wichtiger Schritt zur Stärkung der Generali, betont Vorstandschef Philippe Donnet. Nun könne man eigenen Aktionären eine höhere Rendite garantieren und auch bessere Zeiten für verbleibende Generali-Kunden. Die Generali ist hinter der Allianz der zweitgrößte Versicherer von Privatkunden in Deutschland. Der Branche macht der Dauerniedrigzins zu schaffen. Viele Unternehmen verabschieden sich deshalb vom klassischen Versicherungsgeschäft mit lebenslangen Zinsgarantien. Das hat 2017 auch die zum Assekuranzriesen Munich Re zählende Ergo-Gruppe mit ihren sechs Millionen Lebenspolicen gemacht. Nach einem Aufschrei von Politik, Gewerkschaften und Verbraucherschützern hat Ergo den Verkauf an einen professionellen Abwickler aber abgeblasen.