Fragen und Antworten Flüssiggas kann teuer werden

In Wilhelmshaven soll eines der beiden deutschen LNG-Terminals gebaut werden.
In Wilhelmshaven soll eines der beiden deutschen LNG-Terminals gebaut werden.

Der Ukraine-Krieg hat in Deutschland Sorgen um die Sicherheit der Energieversorgung geweckt. Etwas Abhilfe schaffen könnte der Import von verflüssigtem Erdgas (LNG). Doch in Deutschland fehlt für ein Ausweichen auf LNG bisher die Infrastruktur. Ist das Flüssiggas trotzdem eine alternative zu Erdgasimporten aus Russland?

Welche Vorteile hat LNG?
Bei Erdgas in flüssiger Form ist das Volumen um das rund Sechshundertfache verringert im Vergleich zum Gas. Allerdings ändert sich der Aggregatzustand von Erdgas erst bei minus 162 Grad Celsius. Das macht den Transport und die Wiederaufbereitung energieintensiv und technisch anspruchsvoll.

LNG bietet dennoch eine Alternative zu Erdgas, das per Pipeline importiert wird. Es kann also auch Gas in Ländern gekauft werden, die sehr weit von der EU entfernt liegen. Das vergrößert das Angebot und stärkt den Wettbewerb. Eine Diversifizierung der Gasversorgung bedeutet außerdem eine größere Unabhängigkeit und Widerstandskraft, sollte ein Teil des Angebots wegbrechen – wie es mit den bisher unvermindert fließenden russischen Gasimporten passieren könnte.

Welche Infrastruktur wird für LNG benötigt?
LNG-Terminals ermöglichen die Abfertigung von LNG-Tankern und den Prozess der Regasifizierung der Ladung. Durch Erwärmung und Verdichtung wird LNG dabei wieder in seinen gasförmigen Zustand gebracht und anschließend in die Hochdrucknetze eingespeist. LNG kann an entsprechenden Terminals außerdem auf kleinere Schiffe, Lastwagen oder Güterwaggons verladen werden.

Verfügt Deutschland über diese Infrastruktur?
In Deutschland gibt es bisher keine LNG-Terminals, ein direkter Import ist also vorerst nicht möglich. Bisher wird das LNG in Deutschland über Terminals im belgischen Zeebrügge, im französischen Dünkirchen und im niederländischen Gate bezogen.

Wegen des Ukraine-Krieges hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in einer Regierungserklärung den beschleunigten Bau von zwei LNG-Terminals in Brunsbüttel und Wilhelmshaven angekündigt. Als Standort im Gespräch ist auch ein Terminal in Stade. Europaweit gibt es aktuell 37 LNG-Terminals, 26 davon in Mitgliedstaaten der EU.

Wie viel LNG importiert die EU?
Im Jahr 2020 importierte Europa laut Zahlen des Energiekonzerns BP knapp 115 Milliarden Kubikmeter LNG. Wichtigster Handelspartner als Lieferland war laut der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe mit 27,1 Milliarden Kubikmeter Katar am persischen Golf. Die USA lieferten 22,5 Milliarden Kubikmeter nach Europa, aus Russland kamen weitere 17,1 Milliarden Kubikmeter. Auch aus Nigeria, Algerien und Norwegen importierte die EU größere Mengen LNG. Laut der EU-Kommission decken diese Importe rund ein Viertel des europäischen Gasbedarfs.

Steigt die Nachfrage durch die Ukraine-Krise?
Zuletzt stiegen die europäischen LNG-Importe deutlich an: Laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) importierte die EU im Januar 2022 mindestens 8,1 Millionen Tonnen LNG – ein Rekordhoch. Die zunehmende Nachfrage macht die Produktion und den Export von LNG attraktiver. Die USA verfügen bereits über mehr als 160 Export-Terminals, gut ein Dutzend weitere befinden sich in der Planung oder im Bau. Laut der Förderbank KfW könnten die USA bis 2024 zum größten LNG-Exporteur der Welt werden.

Was kostet LNG?
Der Preis für LNG liegt meist über dem Preis für Pipeline-Gas. Zudem sind große LNG-Kontingente in langfristigen Lieferverträgen gebunden. Gekauft werden muss Flüssiggas also am Spotmarkt zu Tagespreisen. Dafür ist aber auch die Nachfrage in Asien hoch. Deswegen muss ein höherer Preis als in Asien geboten werden, um Spotmengen überhaupt zu erhalten. In Japan etwa war der LNG-Preis im Jahr 2020 fast doppelt so hoch wie jener der deutschen Gas-Importe. Die zuletzt steigenden Gaspreise in Europa haben die Preisdifferenz allerdings verringert.

LNG-Terminal: Uniper erwägt Bau

In der Diskussion um den angekündigten Bau zweier Importterminals für Flüssiggas (LNG) rückt der Energiekonzern Uniper in den Fokus. Man prüfe die Möglichkeit, die Planungen für ein LNG-Terminal in Wilhelmshaven wieder aufzunehmen, teilte das Unternehmen auf Anfrage mit. Viele Vorarbeiten für ein schwimmendes Terminal seien in den vergangenen Jahren bereits unternommen worden. Eine Entscheidung sei aber noch nicht gefallen.

Uniper hatte Ende vergangenen Jahres das Steinkohle-Kraftwerk Wilhelmshaven stillgelegt. Nun soll dort ein Importterminal für Wasserstoff entstehen. Die Inbetriebnahme ist für die zweite Hälfte dieses Jahrzehnts geplant. Ursprünglich war die Errichtung eines Terminals für verflüssigtes Erdgas geprüft worden. Die Pläne wurden jedoch verworfen, weil es laut Uniper zu wenig Nachfrage nach LNG (Liquefied Natural Gas) gibt. Dies könnte sich vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs aber ändern.

Wilhelmshavens Oberbürgermeister Carsten Feist (parteilos) hatte sich am Montag zuversichtlich gezeigt. Die Stadt wolle sofort in das Projektmanagement einsteigen, teilte der OB mit.

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