Wirtschaft EU verschafft Air Berlin mehr Luft

Ende September will der Gläubigerausschuss entscheiden, welcher Bieter welche Teile der insolventen Air Berlin erhalten soll.
Ende September will der Gläubigerausschuss entscheiden, welcher Bieter welche Teile der insolventen Air Berlin erhalten soll.

«Düsseldorf.» Die Europäische Union (EU) gibt grünes Licht für den 150 Millionen Euro schweren deutschen Staatskredit für die insolvente Air Berlin. Unterdessen wächst der Bieterkreis für die Fluggesellschaft.

Das Vorhaben sei geprüft und genehmigt worden, teilte die Europäische Kommission gestern mit. Deutschland müsse dafür sorgen, dass der Kredit über 150 Millionen Euro vollständig zurückgezahlt werde oder einen Abwicklungsplan für die Fluggesellschaft vorlegen. Der Bund will Air Berlin über die staatliche KfW 150 Millionen Euro leihen. Die Zahlung stehe im Einklang mit EU-Recht, teilten die Brüsseler Wettbewerbshüter nun mit. Sie gewährleiste die geordnete Abwicklung der Air Berlin, ohne den Wettbewerb übermäßig zu verfälschen. Ohne die Kreditzusage hätten die Maschinen unmittelbar nach der Insolvenzanmeldung am Boden bleiben müssen, betonte Air Berlingestern. „Dank der tatkräftigen Hilfe der Bundesregierung können wir die Investorensuche mit voller Kraft fortsetzen“, sagte Vorstandschef Thomas Winkelmann. Die zweitgrößte deutsche Airline verhandelt derzeit mit dem Marktführer Lufthansa und weiteren Interessenten über den Verkauf von Unternehmensteilen. Der Staatskredit der Bundesregierung ist hoch umstritten. Der Chef des irischen Billigfliegers Ryanair, Michael O`Leary, hatte den Kredit als indirekte illegale Hilfe für die Lufthansa kritisiert, er warnt zudem vor einem Monopol der größten deutschen Airline. Auch die Fluggesellschaft Germania geht gegen die Millionenhilfe vor. Für Air Berlin gibt es inzwischen weitere Interessenten: Der Berliner Unternehmer Alexander Skora, der Eigentümer des Hostels Happy Go Lucky in Berlin, will gemeinsam mit einem Konsortium aus israelischen, kanadischen und US-Investoren die Fluggesellschaft übernehmen, wie er gestern mitteilte. Dabei will er die Airline unter anderem zu ihrem Basisgeschäft mit Strecken nach Mallorca und zu anderen Zielen zurückführen. So könne Air Berlin „reduziert weiterfliegen“ und „nach und nach wieder wachsen“, sagte er. Außerdem strebt Skora eine Art Auktionsmodell mit einem Mindestpreis für die Flugtickets an. Interesse hat nach Recherchen des „Handelsblatts“ außerdem der frühere Chef des Energiekonzerns EnBW, Utz Claassen. Demnach prüft er bereits Geschäftszahlen des Unternehmens. Konkreter wollte sich Claassen im „Handelsblatt“ nicht äußern. Er betonte aber, es gebe „immer irgendwo restrukturierungswillige und -fähige Investoren – jedenfalls dann, wenn sie nicht schon vorab durch politisches Gepolter verschreckt werden“. Claassen kritisierte die Einmischung der Politik in das Insolvenzverfahren als „dumm und inakzeptabel“. Der Insolvenzverwalter müsse im Sinne der Gläubigerinteressen handeln und nicht im Sinne parteipolitischer Wahlkampfinteressen, sagte er. Spitzenpolitiker hatten bereits ihre Präferenz für die interessierte Lufthansa erkennen lassen. Arbeitnehmervertreter sorgen sich vor allem um die Arbeitsplätze der gut 8000 Mitarbeiter von Air Berlin. Es sei „gut“, dass die Politik ebenfalls die Notwendigkeit sehe, „dass es bei der Insolvenz von Air Berlin nicht nur um den Verkauf von Blech, sondern um die Menschen geht“, sagte Verdi-Vorstandsmitglied Christine Behle gestern nach dem Treffen mit Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) und Nordrhein-Westfalens Regierungschef Armin Laschet (CDU). Beide trafen den Gesamtbetriebsrat der Airline und Vertreter der Gewerkschaft Verdi in Berlin. Die bislang bekannten Bieter-Unternehmen hätten „kein oder nur ein geringes Interesse an den Beschäftigten“, sagte Verdi-Vorstandsmitglied Behle.

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