Konjuktur Ein getrübtes Bild

Lieferengpässe und knappe Rohstoffe, wie Bauholz, dämpfen die eigentlich gute Entwicklung der deutschen Industrie.
Lieferengpässe und knappe Rohstoffe, wie Bauholz, dämpfen die eigentlich gute Entwicklung der deutschen Industrie.

Der Produktionseinbruch im Corona-Jahr 2020 schien überwunden, doch jetzt gehen die zuletzt guten Zahlen in der deutschen Industrie wieder leicht nach unten. Nur ein kleiner Dämpfer – oder ein erstes Zeichen für größere Probleme?

Lieferengpässe und knappe Rohstoffe dämpfen die eigentlich gute Entwicklung der deutschen Industrie. So lag die Gesamtherstellung im April im Vergleich zum März 1,0 Prozent tiefer, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden mittelte.

Der Rücksetzer folgt allerdings auf einen deutlichen Produktionsanstieg im März. Bereits am Montag hatte das Bundesamt zudem einen Rückgang der Aufträge gemeldet: Im Vergleich zum Vormonat gingen die Bestellungen im April um 0,2 Prozent zurück.

Das Bundeswirtschaftsministerium in Berlin erklärte den Dämpfer für die Produktion mit einer Knappheit bei Vorprodukten, vor allem bei Halbleitern und Bauholz. Schon seit längerem gibt es im internationalen Handel zahlreiche Engpässe in der Lieferung von Rohstoffen und wichtigen Vorprodukten. Diese schlagen offensichtlich zunehmend auf die Produktion durch. Besonders deutlich gab im April die Aktivität am Bau nach, die um 4,3 Prozent zurückging. In der Industrie ging die Warenherstellung um 0,7 Prozent zurück. In beiden Bereichen spielt die Verfügbarkeit von Vorprodukten und Rohstoffen eine entscheidende Rolle.

Wachstumsschub gebremst

Nachdem die deutsche Wirtschaft im ersten Quartal coronabedingt deutlich geschrumpft war, wird für das zweite Vierteljahr eigentlich mit einem Wachstumsschub gerechnet. Dieser dürfte jedoch durch die Industrie gebremst werden, sagte Commerzbank-Experte Ralph Solveen.

Eine Umfrage des Münchner Ifo-Instituts ergab unterdessen, dass die Unternehmen ihre Produktion weiter ausweiten wollen – allerdings nicht mehr so stark wie zuletzt. Der am Dienstag veröffentlichte Indikator der Produktionserwartungen für Mai liegt im Vergleich zum April um 5 Punkte tiefer bei 27. Dies ist aber immer noch einer der drei höchsten Werte seit 2016. Nur im April und März 2021 hatte der Index höher gelegen. Der Rückgang geht dabei nur auf einen Teil der Branchen zurück. „Die Autoindustrie und ihre Zulieferer fahren ihre Erwartungen deutlich zurück, rechnen aber weiter mit Produktionssteigerungen“, sagt Ifo-Experte Klaus Wohlrabe.

ZEW-Indizes gegenläufig

Die aktuelle Wirtschaftslage hat sich nach Einschätzung von Finanzexperten deutlich verbessert. Wie das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) am Dienstag in Mannheim mitteilte, stieg die Beurteilung der konjunkturellen Lage für Deutschland im Juni stark an. Die Konjunkturerwartungen sanken in der aktuellen Umfrage hingegen um 4,6 Punkte und liegen nun bei 79,8 Punkten. „Die wirtschaftliche Erholung schreitet voran“, erklärte ZEW-Präsident Achim Wambach. „Die ZEW-Konjunkturerwartungen sinken zwar im Juni, befinden sich aber auf einem sehr hohen Niveau“, fügte Wambach hinzu. „Der Rückgang der Erwartungen dürfte größtenteils auf die erheblich bessere Beurteilung der Wirtschaftslage zurückzuführen sein, die inzwischen auf Vorkrisenniveau gestiegen ist“, erläuterte er. Die Einschätzung der konjunkturellen Lage verbesserte sich nach ZEW-Angaben im Juni um 31,0 Punkte gegenüber dem Vormonat. Der Lageindikator beträgt demnach nun minus 9,1 Punkte. Damit werde die wirtschaftliche Situation in Deutschland „inzwischen beurteilt wie vor der Corona-Pandemie im August 2019“. Zudem sei aufgrund der sehr hohen Konjunkturerwartungen der Ausblick jetzt wesentlich besser als im Sommer 2019.

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