E-AUTOS Brandbomben oder überhitzte Debatte?

Hier die Ladeanzeige eines Renault Zoe: Die Batterie ist zu 81 Prozent geladen. Der Ladevorgang dauert noch 20 Minuten.
Hier die Ladeanzeige eines Renault Zoe: Die Batterie ist zu 81 Prozent geladen. Der Ladevorgang dauert noch 20 Minuten.

E-Autos stehen im Ruf, bei einem technischen Defekt schneller zu brennen als herkömmliche Fahrzeuge. Sogar aus Tiefgaragen wurden sie schon verbannt. Was sagen Feuerwehr und Unfallforscher dazu – und zu welchen Ergebnissen kommen Crashtests?

Lichterloh brennende E-Autos machen auf Fotos und Videos im Internet regelmäßig die Runde. Gefolgt von Kommentaren, dass Stromautos besonders schnell brennen würden und sich derartige Batteriebrände nicht so einfach löschen ließen. Das Thema kocht immer wieder hoch. Mindestens eine Kommune ging sogar so weit, Parkhäuser und Tiefgaragen für E-Autos zu sperren. Was ist dran an der Sache?

„Tatsache ist, dass nach unseren Erkenntnissen von E-Autos keine höhere Brandgefahr ausgeht als von konventionell angetriebenen Autos“, sagt Dekra-Unfallforscher Markus Egelhaaf. Auch der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) kann aus seiner Statistik kein höheres Brandrisiko für Stromer ableiten.

Unterschiedliche Ursachen

Brennen können natürlich aber auch E-Autos. Im Unterschied zu einem Diesel oder Benziner, bei dem die Brandgefahr beispielsweise von ausgetretenem Kraftstoff oder heißen Oberflächen des Abgassystems ausgehen kann, stehen bei einem E-Auto eben andere Bereiche im Fokus. „Ursachen können hier zum Beispiel geschädigte Batteriezellen oder Defekte im Batteriemanagementsystem sein“, sagt Egelhaaf.

Unterschieden werden müsse zudem, aus welchen Situationen heraus ein Brand entstehe. „Bei Unfallfolgebränden beispielsweise gibt es aus unserer Erfahrung keinen Unterschied im Risiko zwischen E-Autos und Verbrennern“, sagt Egelhaaf.

Auch die Feuerwehr stuft Fahrzeugbrände an E-Autos nicht als risikoreicher ein. „Das Löschen eines Stromers gestaltet sich unter Umständen etwas schwieriger als die Brandbekämpfung von herkömmlichen Kraftfahrzeugen, aber nicht komplexer oder gefahrbringender als etwa ein Brand eines gasbetriebenen Kfz“, sagt zum Beispiel der Experte Peter Bachmeier, der Leitender Branddirektor beim Deutschen Feuerwehrverband (DFV) ist.

Löschen ist immer riskant

Das Löschen eines Fahrzeugbrandes in einer Garage sei immer mit erheblichen Gefahren und Risiken verbunden, das aber gelte für Fahrzeuge aller Antriebsklassen. Schwieriger ist das Löschen eines E-Autos, weil ein Batteriebrand vor allem mit viel Wasser bekämpft wird, mit dem die Speicherzellen heruntergekühlt werden. Weil die großen Batteriepakete aber bei den meisten Fahrzeugen gut geschützt im Unterboden verbaut sind, geht es für die Einsatzkräfte vor allem darum, das Löschwasser dort schnell hinzubekommen.

Renault hat hierfür im Akku des Zoe einen Fireman Access eingebaut, eine Art Einfüllstutzen für Löschwasser. Ein Ansatz, den die Feuerwehr grundsätzlich begrüßt. „Für uns nicht zielführend ist allerdings, wenn je nach Fahrzeughersteller oder gar Fahrzeugtyp eigene Lösungen gefunden werden“, sagt Bachmeier. Denn dann müsste die Feuerwehr im Einsatz beispielsweise bei Auffahrunfällen auf der Autobahn erst suchen, wo sich welches Auto mit welchem Löschsystem befinde. Das Ziel müssten daher einheitliche und automatisch auslösende Schutzsysteme sein.

Komplettes Versenken?

Zum Einsatz kommen derzeit verschiedene Methoden, um das Löschwasser schnell an die Batteriezellen zu bringen. „Versuche wurden auch mit einer speziell für Elektrofahrzeuge entwickelten Löschlanze gemacht, mit der das Batteriegehäuse durchstochen und anschließend Wasser eingebracht wird“, erklärt Egelhaaf. Das komplette Versenken eines Stromers bis zur Oberkante der Batterie in Löschwasser wird der Dekra zufolge nur in Ausnahmefällen empfohlen. Etwa wenn anders kein Löscherfolg erzielt werden kann oder ein Wiederentzünden wahrscheinlich ist.

Befindet sich ein brennendes E-Auto in einer Garage, sieht der Leitfaden der Feuerwehren vor, die Batterie vor Ort herunterzukühlen und den Wagen dann gegebenenfalls ins Freie zu ziehen. Die Brandintensität eines Autos hängt grundsätzlich weniger mit der Antriebsart zusammen als mit den verbauten Materialien, vor allem den Kunststoffen. Bei der Verbrennung sorgen die für viel Rauch und toxische Gase.

Erfahrung dank Crashtests

Dass ein Elektroauto nach einem Unfall Feuer fängt, ist höchst unwahrscheinlich. Bei Crashtests schneiden E-Autos dem ADAC zufolge häufig sogar besser ab. Auch die Dekra-Unfallforschung kam bei mehreren gemeinsam mit der Universitätsmedizin Göttingen durchgeführten Crashtests zu einem ähnlichen Ergebnis.

„Bei keinem der vier extremen Tests, die wir durchgeführt haben, kam es zu einem Brand. In allen Fällen wurde das Hochvolt-System außerdem automatisch abgeschaltet“, so Egelhaaf. Dieser Schutzmechanismus soll verhindern, dass der Strom aus der Batterie nach einer schweren Kollision zu einem Brand oder zu einer elektrischen Gefährdung führt.

Das Hochvoltsystem

Sinnvoll ist es für Autofahrer in jedem Fall, einen Feuerlöscher an Bord zu haben – egal, ob sie einen Verbrenner oder Stromer fahren. „Mit einem kleineren Handlöscher ist es immer möglich, einen Entstehungsbrand im 12-Volt-Bordnetz zu bekämpfen“, sagt Egelhaaf.

Daneben gilt, dass Autofahrer nie selbst an den mit der Farbe Orange gekennzeichneten Komponenten des Hochvolt-Systems eines E-Autos Hand anlegen dürfen. Zudem sollten E-Autofahrer immer darauf achten, ihr Fahrzeug mit intakten Ladekabeln an einem geeigneten Netz aufzuladen. „Unsachgemäß reparierte oder defekte Ladekabel können ebenso zu Bränden führen wie das Laden an nicht ausreichend dimensionierten gebäudeseitigen Strominstallationen“, warnt Egelhaaf.

Höhere Temperaturen hingegen seien kein Problem für Elektrofahrzeuge, da die Batteriepakete gut abgeschirmt und darauf ausgelegt seien.

Unterm Strich sind sich Experten von ADAC über Dekra bis hin zu den Feuerwehren einig, dass das Aussperren von E-Autos aus Parkhäusern und Tiefgaragen unverhältnismäßig ist. Gleichwohl könnten Kommunen, die zu diesem Mittel greifen, damit auch juristisch durchkommen. „Sollten sachliche Gründe vorliegen, könnte diese Ungleichbehandlung dem Gleichbehandlungsgrundsatz aus Artikel 3 des Grundgesetzes standhalten“, sagt Tobias Goldkamp, Fachanwalt für Verkehrsrecht aus Neuss. Ein solcher sachlicher Grund könnte sein, dass ein Brand schwerer gelöscht werden kann, was wiederum eine erhöhte Gefahr für das betreffende Gebäude bedeutet.

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