Wirtschaft Auslandsknöllchen kommen teuer

Es gibt kein Recht auf zu schnelles Fahren – das scheinen viele Raser und Drängler zu vergessen.
Es gibt kein Recht auf zu schnelles Fahren – das scheinen viele Raser und Drängler zu vergessen.

«Ludwigshafen.» Wer im Ausland gegen die Verkehrsregeln verstößt, kommt um Bußgelder und Strafen oft nicht mehr herum: Die deutsche Justiz vollstreckt die ausländischen Bescheide. Für Raser in der Schweiz sind sogar Haftstrafen in deutschen Gefängnissen möglich.

Auf diese Rechtslage, die vielen Autofahrern noch unbekannt ist, macht der Automobilclub von Deutschland (AvD) aufmerksam. Das Brisante daran: Die Knöllchen fallen in vielen EU-Staaten weit höher als in Deutschland aus. Für eine Alkoholfahrt sind beispielsweise in Luxemburg bis zu 10.000 Euro fällig, wie der AvD berichtet. Telefonieren am Steuer koste in Italien bis zu 646 Euro. Zum Sachverhalt: Ein Abkommen unter den EU-Mitgliedsländern regelt die Vollstreckung ausländischer Bescheide am Wohnort des Verkehrssünders. In Deutschland zuständig ist das Bundesamt für Justiz (BfJ) in Bonn. Beigetrieben werden können Bußgelder ab mindestens 70 Euro einschließlich der Verfahrenskosten. Das BfJ prüfe die eingehenden Anfragen der ausländischen Behörden, erläutert der AvD. Dazu gehöre die Frage, ob dem Betroffenen die Verfahrensdokumente in deutscher Sprache zugesendet wurden und ob er die Möglichkeit hatte, sich in dem Verfahren zu wehren. Laut AvD versenden viele Behörden aus EU-Staaten – darunter Frankreich, Holland und Italien – ihre Bescheide an beschuldigte Bundesbürger in deutscher Sprache. Per Codenummer werde dem Betroffenen in vielen Fällen auch die Möglichkeit eingeräumt, die Unterlagen auf Homepages online einzusehen. Der AvD rät, auf die Vorwürfe möglichst frühzeitig zu reagieren. „Ein wichtiger Einwand kann die Tatsache sein, das Kraftfahrzeug nicht selbst gefahren zu haben“, so der AvD. Genau überprüft werden müsse auch, ob der Kraftfahrer ausreichend rechtliches Gehör erhalten hatte. Kommt der Fahrer um das Bezahlen des Knöllchens nicht herum, bleibt das Geld in deutschen staatlichen Kassen. Umgekehrt vereinnahmen die staatlichen Stellen im EU-Ausland die von deutschen Behörden von dem entsprechenden Personenkreis eingeforderten Bußgelder. Dem AvD zufolge ist dieses Abkommen mittlerweile in fast allen EU-Staaten umgesetzt. Nicht nur um Geld, sondern um eine Gefängnisstrafe kann es für Raser in der Schweiz gehen. Das Nicht-EU-Land wertet es laut AvD als Straftat mit der Möglichkeit der Haft, wenn ein Fahrer die zulässige Höchstgeschwindigkeit um einen festgelegten Prozentwert überschreitet. Einem deutschen Temposünder wurde das kürzlich zum Verhängnis. Der AvD weist auf ein entsprechendes Urteil des Oberlandesgerichtes Stuttgart hin, wonach eine in der Schweiz verhängte Haftstrafe wegen eines erheblichen Geschwindigkeitsverstoßes auch am Wohnsitz des Autofahrers in Deutschland vollstreckbar ist. In dem Verfahren ging es um eine Freiheitsstrafe von zwölf Monaten aufgrund des Schweizer Straftatbestands der „Gefährdung des Lebens und wiederholter grober qualifizierter Verletzung der Verkehrsregeln“. Der Verurteilte war unter anderem mit 135 km/h durch den Gotthard-Tunnel gerast (zulässiges Tempo 80 km/h) und hatte seine Fahrt danach mit 200 km/h (zulässiges Tempo auf Autobahnen 120 km/h) fortgesetzt (Az.: 1 Ws 23/18 vom 25. April 2018).

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