Wirtschaft Air Berlin vor ungewisser Zukunft
Berlin. Die Zukunft von Air Berlin ist derzeit ungewisser denn je. Angesichts eines Jahresverlustes von knapp 800 Millionen Euro sucht Fluglinienchef Thomas Winkelmann händeringend nach einem zahlungskräftigen Partner.
Der bisherige Geldgeber Etihad verliert langsam die Geduld, die ausufernde Misere noch länger zu finanzieren. Potenzielle Lösungen gibt es, doch keine ist einfach. „Nichts ist in Stein gemeißelt, es gibt keine Tabus“, sagt Winkelmann. Eine Kombination mit Lufthansa gilt unter Insidern beider Unternehmen als wahrscheinlichstes Szenario. Der Frankfurter Luftfahrtriese ist mit dem einstigen Erzrivalen nämlich schon im Geschäft und mietet 38 Flugzeuge samt Crews. Da das Kartellamt dem Deal seine Freigabe gab, wird das Modell in der Lufthansa als Vorlage für die Übernahme der restlichen Air Berlin mit 75 Flugzeugen gesehen. Allerdings gibt es große Hürden: Die Lufthansa will auf keinen Fall für die Schulden von Air Berlin von 1,2 Milliarden Euro aufkommen und verhandelt deshalb mit Großaktionär Etihad. Eine schnelle Lösung ist aber nicht zu erwarten. Etihad gehört der Herrscherfamilie des ölreichen Golfemirats Abu Dhabi und soll aus Sicht der Frankfurter die Verbindlichkeiten der Berliner schultern. Zudem soll der Emirates-Rivale noch Geld oben drauf legen, um den Flugbetrieb zu sichern. Damit könnte sich die Airline gesichtswahrend aus dem desaströsen Engagement in Deutschland verabschieden. Die schnell wachsende Golf-Airline war 2011 bei Air Berlin mit 29 Prozent eingestiegen und hat die Gesellschaft seitdem mit Finanzspritzen von etwa 1,5 Milliarden Euro unterstützt. Im Gegenzug für die letzte Überweisung könnte Etihad eine engere Partnerschaft mit der Lufthansa winken – über den bislang sehr begrenzten Pakt hinaus. „Dass könnte vor allem über mehr Gemeinschaftsflüge mit der Lufthansa laufen und später über eine Aufnahme in das Lufthansa-Flugbündnis Star Alliance“, sagt ein Verhandlungs-Insider. Bislang hätte Etihad dies abgelehnt, doch wegen der niedrigen Ölpreise und vieler leerer Sitze an Bord wachse auch am Golf der Druck, neue Wege zu gehen. Probleme könnten noch die deutschen und europäischen Wettbewerbshüter machen. „Die Lufthansa weiß, dass sie nach einem Deal kartellrechtlich extrem angreifbar wäre“, sagt eine Person aus dem Umfeld von Air Berlin. Die Pleite des Rivalen wäre nicht die bevorzugte Option der Lufthansa und der deutschen Politik. In der Frankfurter Chefetage ist man aber auch auf dieses Szenario vorbereitet. Die Kranich-Linie könnte dann als Retter fungieren und die Geschäfte teilweise übernehmen. Als weitere Air-Berlin-Interessenten werden chinesische Unternehmen und die britische Easyjet gehandelt, die sich derzeit nach einem zweiten Sitz in Europa umschaut. Doch bestätigt ist nichts. Ein Neuling müsste nicht nur die Altlasten von Air Berlin beseitigen, sondern sich auch gegen den mächtigen Konkurrenten Lufthansa mit seinem Billigableger Eurowings behaupten. |rtr