Wirtschaft Photovoltaik-Besitzer müssen kein Gewerbe mehr anmelden

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Ins Netz eingespeister Strom von Solaranlagen bis maximal 10 Kilowatt (KW) Leistung, die im August angeschlossen werden, wird mit 12,20 Cent pro Kilowattstunde (kWh) gefördert. Für selbst verbrauchten Solarstrom gibt es keine Förderung mehr.

Mancher, der in der Vergangenheit von einer Photovoltaikanlage auf dem Dach träumte, schreckte dann doch wegen der steuerlichen Folgen davor zurück. Doch neuerdings muss niemand mehr, der auf dem Hausdach Strom aus Sonnenlicht produziert, zwingend zum Unternehmer werden.

Kochen, Waschen, Fernsehgucken: Wer sich von Energiekonzernen bestmöglich unabhängig machen will, kann sich Photovoltaikmodule aufs Dach seines Hauses montieren lassen, und selbst Strom produzieren. Anlagenverkäufer verwiesen bis vor Kurzem gern darauf, dass sich der Kauf vor allem aus Steuerspargründen lohne. Doch dadurch wurden Arbeitnehmer zu Unternehmern – mit der Folge lästiger Pflichten gegenüber dem Finanzamt und möglicher, zuvor nicht bekannter finanzieller Nachteile. Doch seit Kurzem kann man Solarstrom produzieren, ohne das Finanzamt daran teilhaben zu lassen.

Die Ausgangslage

Wer sich eine Photovoltaikanlage anschafft, produziert in der Regel mehr Strom als er in seinem Haushalt verbraucht und kann damit Geld verdienen. Der Privatmann bekommt für den Teil der Sonnenenergie, den er ins öffentliche Netz einspeist, eine Vergütung – aktuell 12,20 Cent pro Kilowattstunde (kWh) Strom für Kleinanlagen. Weil Produktion und Verkauf von Strom ein Gewerbe sind, wird der Privatmann zum Unternehmer. Dafür kann er Steuern sparen.

Die neue Regelung

Nur dann, wenn er seine Photovoltaikanlage nahezu ausschließlich zur Eigenversorgung nutzt und keinen Gewinn macht, ist die Stromproduktion auf dem Dach Privatsache. Das Finanzamt bleibt dann außen vor, wie Thomas Seltmann, Photovoltaik-Experte der Stiftung Warentest, betont. „Je kleiner die Anlage auf dem Dach, desto ratsamer wird diese Option.“

Das steht zur Wahl

Grundsätzlich müssen sich Hausbesitzer entscheiden: Entweder sie werden zu Kleinunternehmern ohne Umsatzsteuerpflicht oder zu umsatzsteuerpflichtigen Unternehmern wie andere Geschäftsleute auch. Bis vor kurzem wurde Privatleuten meist Folgendes geraten: sich beim Finanzamt als Unternehmer einstufen lassen, einen Investitionsabzugsbetrag beantragen und 40 Prozent vom Kaufpreis als Betriebsausgabe absetzen. Das ist schon für das Jahr möglich, in dem die Module bestellt werden oder in dem die Kaufabsicht feststeht, wie der Bundesfinanzhof entschied (Az.: X R 42/11). Nach dem Kauf kann sich der Unternehmer die Umsatzsteuer seiner Anschaffung zurückholen. Kostet die Anlage beispielsweise 20.000 Euro plus 19 Prozent Umsatzsteuer, erstattet das Finanzamt 3800 Euro zurück. Als Unternehmer kann man seine Solarstromanlage steuerlich abschreiben. Nicht-Unternehmer haben diese Steuersparmöglichkeit nicht.

Die Nachteile am Steuersparmodell

„Wer Unternehmer wird, sollte sich unbedingt beraten lassen, was da alles auf ihn zukommt“, rät Isabel Klocke vom Bund der Steuerzahler in Berlin. Der Neu-Unternehmer ist fünf Jahre lang an seine Wahl gebunden. Das Finanzamt will in der Regel monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen sowie jährliche Umsatzsteuererklärungen. Außerdem ist er zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung verpflichtet, die mit der Einkommensteuererklärung elektronisch abzugeben ist. „Das muss ein Steuerberater übernehmen. Wir dürfen für Gewerbetreibende nicht tätig werden, auch wenn sie eigentlich Arbeitnehmer sind“, erläutert Erich Nöll, Geschäftsführer des Bundesverbands der Lohnsteuerhilfevereine (BVL). Der gewerbliche Betrieb einer Solaranlage kann zudem Einbußen beim Elterngeld bringen – und zwar selbst dann, wenn nur wenig Gewinn gemacht wird. Das hat das Bundessozialgericht vor Kurzem entschieden (Az.: B 10 EG 8/15 R). Möglich sind auch Einbußen bei Rentenzahlungen sowie Nachzahlungen beim Wechsel zur Kleinunternehmerregelung. Steuerliche Probleme mit dem Finanzamt kann es zudem beim Kauf oder Verkauf eines Hauses mit Solarmodulen auf dem Dach geben.

Das Kleinunternehmermodell

Wer sich die Pflichten vom Hals halten wolle, solle lieber die Kleinunternehmerregelung wählen, rät Warentester Seltmann. Wegen der sinkenden Preise für Solarmodule und Batteriespeicher seien die Anlagen inzwischen so günstig, dass sich das Zurückholen der Vorsteuer immer weniger lohne. Dazu komme, dass der eingespeiste Strom inzwischen nicht mehr üppig vergütet werde. „Wer sich jetzt für Fotovoltaik entscheidet, will keine Rendite mehr machen wie früher, sondern möglichst viel Solarstrom selbst verbrauchen und Geld sparen“, sagt auch Hans Weinreuter, Energieexperte der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz in Mainz. Als Kleinunternehmer gilt, wer mit der Photovoltaik weniger als 17.500 Euro Umsatz im Jahr macht. Kleinunternehmer dürfen ihren überschüssigen Strom ohne Zahlung und Berechnung von Umsatzsteuer ins öffentliche Netz einspeisen.

So geht es ohne Finanzamt

Wer den selbst erzeugten Solarstrom vorwiegend auch selbst verbraucht und die Voraussetzungen zum Kleinunternehmer erfüllt, muss sich nicht aktiv beim Finanzamt melden, so Experte Seltmann. Bei fehlender Gewinnerzielungsabsicht sei die Fotovoltaik reine Privatsache. Der Warentester empfiehlt jedoch, vorsorglich eine Kalkulation für mögliche Nachfragen der Behörde aufzustellen. In dieser Wirtschaftlichkeitsprognose sollten für den Zeitraum von 20 Jahren plausibel die geschätzten Einnahmen und Kosten aufgelistet werden. Falle die Rechnung negativ aus, sei die Anlage steuerlich gesehen Liebhaberei. Oft genüge es schon, die Stromgestehungskosten der zu zahlenden Einspeisevergütung gegenüberzustellen, um den Finanzbeamten deutlich zu machen, dass die Anlage keinen zu versteuernden Gewinn abwerfe. „Das heißt aber noch lange nicht, dass sich Photovoltaik für den Hausbesitzer nicht doch lohnen kann“, sagt Seltmann. Denn selbst verbrauchter Sonnenstrom sei allemal günstiger als der Strom, der vom Versorger gekauft werden muss.  Infos im Netz www.photovoltaikratgeber.info www.solarserver.de www.unendlich-viel-energie.de

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