Wirtschaft Leitartikel: Zeit für Entscheidungen

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Brückensanierungen und der Hochstraßenabriss werden Unternehmen und die Menschen in der Region auf Jahre hinaus belasten. Wichtig sind rasche Maßnahmen, um den Infarkt zu vermeiden – und Pläne für die Zukunft. Schon jetzt ist absehbar, dass einige Brücken über den Rhein bis zum Jahr 2030 ersetzt werden müssen.

Dass zwischen Worms und Wörth zu wenige Rheinbrücken stehen und dass es heftige Probleme gibt, wenn eine oder mehrere der bestehenden Verbindungen nicht mehr genutzt werden können: all das ist keine neue Erkenntnis, sondern der Kommunal- und Landespolitik seit Jahrzehnten bekannt. Indes: Bewegt hat sich nichts. Stattdessen wurden Haushaltsmittel für Straßen- und Brückenarbeiten stark gekürzt, Entscheidungen in die Zukunft vertagt oder – im Falle der geplanten Brücke bei Altrip (Rhein-Pfalz-Kreis) – über Jahre totdiskutiert. Diese Überquerung, die jetzt beim bevorstehenden Abriss der Hochstraße Nord in Ludwigshafen eine echte Entlastungsroute sein könnte, ist 2003 aus dem Bundesverkehrswegeplan gestrichen worden. Für einen Vorstoß Jahre später, bei dem eine Kombination aus Tunnel und Brücke vorgeschlagen wurde, gab es auf beiden Seiten des Rheins keine Mehrheit in den Kommunalparlamenten. Auch die Landesregierung in Mainz sagte Nein. Viele Unternehmen in der Region und die IHK haben diese Brücke vehement gefordert. Doch wird sie Wunsch bleiben. Es ist kaum vorstellbar, dass diese Route, die wegen ihres starken Eingriffs in die Landschaft auch von der Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt wird, jemals Realität wird.

Brücken sind nur geflickt

Auch wenn die Brücken saniert sind und den Verkehr für einige weitere Jahre tragen können, bleibt die Situation in der Region angespannt und Unternehmen müssen weiter mit dem Schreckgespenst Produktionsausfall leben. Denn die Brücken sind nur geflickt, die Bauten aus den 1960er- und 1970er-Jahren werden aber entgegen der Ingenieursbeteuerungen von damals nicht ewig halten. Es ist absehbar, dass sie in den nächsten 20 bis 25 Jahren ersetzt werden müssen. Bis dahin sollten dringend eine weitere Brücke über den Rhein stehen beziehungsweise bestehende Verbindungen verbreitert werden, um das dann deutlich höhere Verkehrsaufkommen bewältigen zu können und um einen Kollaps zu verhindern, wenn die beiden Ludwigshafener Rhein-Brücken saniert werden müssen. Angesichts bisheriger Debatten zum Thema neue Brücken über den Rhein wird dies keine leichte Aufgabe – so liegt derzeit etwa der Bau einer fertig geplanten Ausweichbrücke bei Wörth wegen Klagen in beiden Bundesländern auf Eis. Dieses wichtige Projekt aber gar nicht erst anzugehen, wäre grob fahrlässig.

Auch Verbraucher stehen in der Pflicht

Vor dem Hintergrund der Verkehrsprobleme in naher Zukunft sollten Politik und Wirtschaft nun möglichst schnell Maßnahmen koordinieren, damit der drohende Verkehrsinfarkt verhindert werden kann. Das Augenmerk sollte einerseits darauf liegen, den ÖPNV auszubauen und die entsprechende Infrastruktur wie Park & Ride-Plätze zu schaffen. An Letzteren mangelt es schon lange. Auch die Wirtschaft kann ihren Beitrag leisten, indem sie ihre Logistikprozesse anpasst und die Arbeitszeiten weiter flexibilisiert. Letztlich kann auch jeder Autofahrer beziehungsweise Berufspendler selbst einen wichtigen Beitrag leisten und überlegen, ob wirklich jede Fahrt mit dem eigenen Wagen notwendig ist. Auch die Verbraucher stehen in der Pflicht: Ja, online shoppen ist bequem und kann Zeit sparen. Doch der Lieferverkehr, der dadurch ausgelöst wird, sorgt schon jetzt bundesweit in Innenstädten für chaotische Situationen – gerade in der Vorweihnachtszeit. Verschärft wird das Ganze durch die von manchen Firmen geförderte Unsitte kostenloser Retouren. Da werden dann halt mal zehn Modeartikel bestellt – am Besten in vier verschiedenen Größen (man kann ja nie wissen!) – um neun davon wieder zurückzuschicken. Vielleicht sollten sich die Permanent-Online-Käufer auch einmal überlegen, ob es wirklich nötig ist, jede Kleinigkeit übers Netz zu bestellen.

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