Wirtschaft Leitartikel: Scheuers lange Leitung

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Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hat sich bisher nicht unbedingt als Kämpfer für den Klimaschutz profiliert.

Für den Klimaschutz im Verkehr wird es ernst. Leider ist bei dieser Erkenntnis das Bundesverkehrsministerium unter den letzten Nachzüglern und der Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer so ziemlich der allerletzte. Das Propagieren von E-Fuels soll die Illusion nähren, dass sich im Verkehr nichts zu ändern braucht.

Deutsche Klimaschutzpolitik bedeutete lange Zeit de facto: Auf internationaler Ebene ambitionierte Ziele für die ferne Zukunft verkünden, aber kaum etwas dafür tun, sie auch zu erreichen. Die inoffizielle Devise „Klimaschutz ist nicht unser Thema“ galt insbesondere in der Verkehrspolitik. Erst das Konzept der Kohlekommission für einen Kohleausstieg bis 2038 hat nun wohl manchem klar gemacht, dass es tatsächlich ernst wird und es speziell im Verkehr nicht mehr so weitergehen kann wie bisher. Leider ist bei dieser Erkenntnis das Bundesverkehrsministerium unter den letzten Nachzüglern und Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) so ziemlich der allerletzte. Das Zauberwort, das die Fortsetzung der bisherigen Vogel-Strauß-Politik erlauben soll, heißt nun E-Fuels. Sie eröffnen scheinbar die Perspektive, dass alles so weitergehen kann wie bisher, weil es dadurch (angeblich) Treibstoff gibt, der mit regenerativem Strom klimaneutral erzeugt wird. E-Fuels haben aber den gravierenden Nachteil, dass ihr Wirkungsgrad im Vergleich zu anderen Wegen der Elektrifizierung extrem schlecht ist. Ihr Einsatz im großen Stil wäre erst dann denkbar, wenn es regenerativen Strom im Überfluss gäbe. Im Moment dient das Propagieren von E-Fuels vor allem dazu, die Illusion zu nähren, dass sich beim Verkehr eigentlich nichts zu ändern braucht und man künftig Treibstoff etwa für spritfressende Geländewagen mit gutem Klimagewissen vergeuden kann. Deutlich besser ist der Wirkungsgrad bei der Brennstoffzelle, die vor allem interessant ist, wenn es gelingt, Wasserstoff als Speichermedium für regenerativen Strom zu nutzen. Allerdings ist der Aufbau einer auch nur annähernd flächendeckendes Tankstelleninfrastruktur wohl auf absehbare Zeit unrealistisch. Einen besseren Wirkungsgrad haben batterieelektrische Fahrzeuge, deren Ökobilanz allerdings durch den Energieaufwand für die Herstellung der Batterie belastet wird. Außerdem fahren Elektroautos zwar lokal emissionsfrei, sie haben aber insbesondere beim Platzbedarf den gleichen Nachteil wie Autos mit Verbrennungsmotor. Der Stau wird nicht dadurch kürzer, dass die Autos, die drin stehen, elektrisch fahren. Im Schienenverkehr haben Batteriefahrzeuge vor allem dann einen großen Vorteil, wenn sie auf elektrifizierten Teilabschnitten ihren Fahrstrom aus einer Oberleitung ziehen können. Die Oberleitungselektrifizierung ist in puncto Effizienz so vorteilhaft, dass es nun sogar Versuche gibt, Autobahnabschnitte mit Oberleitung für Lkw zu versehen. Dabei ist es allerdings reichlich absurd, dass aus Mitteln des Bundesumweltministeriums eine Oberleitung über eine Autobahn gespannt wird, während es das Bundesverkehrsministerium seit Jahrzehnten noch nicht einmal schafft, eine Bahnstrecke mit so starkem Güterverkehr wie die ins bayerische Chemiedreieck bei Burghausen zu elektrifizieren. In puncto Energieeffizienz ist der Schienenverkehr dem Straßenverkehr auch dann deutlich überlegen, wenn beide mit Diesel betrieben werden. Die leichte Leitungselektrifizierbarkeit verschafft dem Schienenverkehr einen weiteren großen Vorteil. Dass er bisher nicht im gebotenen Umfang zum Tragen kommt, liegt vor allem daran, dass erst einmal hohe Investitionen in die Infrastruktur nötig sind und dabei unter den in Deutschland gegebenen Bedingungen in erster Linie der Bund gefragt ist, der seit Jahrzehnten viel zu wenig tut. Deswegen ist es blamabel, dass der Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung zwar schöne Absichtserklärungen zum Thema Bahn-Elektrifizierung enthält, im Bundeshaushalt dafür aber bisher nur Beträge in lächerliche Höhe eingestellt sind. Wenn Projekte wie die Strecke von Neustadt über Landau nach Wörth eine Chance haben sollen, muss sich das grundlegend ändern.

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