Wirtschaft In der Pfalz hat die Bahn Nachholbedarf

Die Pfälzer Ost-West-Hauptstrecke wurde früh elektrifiziert. Danach tat sich in der Pfalz aber jahrzehntelang so gut gar nichts.
Die Pfälzer Ost-West-Hauptstrecke wurde früh elektrifiziert. Danach tat sich in der Pfalz aber jahrzehntelang so gut wie gar nichts. Das Foto entstand 1962 während der Elektrifizierungsarbeiten bei Frankenstein.

«Ludwigshafen.» Seit die Bundesregierung vor knapp einem Jahr ein Bahn-Elektrifizierungsprogramm vereinbart hat, ist das Thema in der Pfalz ein politischer Dauerbrenner. Für die Strecke Neustadt–Wörth wurde im Herbst ein Durchbruch verkündet, bald danach folgte Ernüchterung. Angesichts des heutigen Schneckentempos bei dem Thema liegt die Frage nahe, warum es vor 50 Jahren viel schneller ging.

„Bahnstrecke NeustadtLandauWörth kann elektrifiziert werden“, kündigte am 9. November 2018 der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Gebhart an, der bei dem gemeinsamen Engagement der Südpfälzer Bundestagsabgeordneten von CDU, SPD, FDP und Grünen eine Art informelle Federführung hat. Kurze Zeit später kamen aus dem von Andreas Scheuer (CSU) geleiteten Bundesverkehrsministerium Aussagen, die die zuversichtliche Ankündigung von Gebhart als – gelinde gesagt – sehr mutig erscheinen ließen. Welche Chancen die Strecke Neustadt–Wörth tatsächlich hat, wird wahrscheinlich vor allem davon abhängen, welche Mittel in Zukunft für die Bahnstrecken-Elektrifizierung im Bundeshaushalt zur Verfügung stehen.

825 Kilometer in einem Jahr

Vor gut 50 Jahren legte die viel geschmähte Behördenbahn beim Thema Elektrifizierung ein Tempo vor, das heute als spektakulär gelten würde. Im Laufe des Jahres 1968 wurden 825 Streckenkilometer des Bundesbahn-Netzes auf elektrischen Betrieb umgestellt. Schon vier Jahre zuvor war mit der Strecke von Ludwigshafen durch den Pfälzerwald nach Kaiserslautern die Lücke im elektrischen Betrieb zwischen Rhein und Saar geschlossen worden. Damals brauchte sich die Pfalz nicht als Nachzügler zu fühlen. Nachdem schon 1958 der elektrische Betrieb auf der Strecke von Mannheim nach Worms aufgenommen worden war, waren 1964 die beiden wichtigsten Pfälzer Hauptstrecken elektrifiziert. Danach tat sich in der Pfalz allerdings jahrzehntelang abgesehen von der Strecke Karlsruhe–Wörth gar nichts, bis Ende 2003 mit der Aufnahme des S-Bahn-Betriebs der Abschnitt von Schifferstadt nach Speyer elektrifiziert wurde. Bis 2010 wurde dann in zwei Etappen die Lücke zwischen Speyer und Wörth geschlossen. Der Nachholbedarf in der Pfalz ist damit aber sicher noch lange nicht befriedigt. Auf der Wunschliste ganz oben steht nach der – schon grundsätzlich vereinbarten – Verlängerung der S-Bahn Rhein-Neckar nach Zweibrücken die Strecke von Neustadt über Landau nach Wörth.

Hohe Rationalisierungseffekte

Das Tempo, das die Bundesbahn 1968 bei der Elektrifizierung vorlegte, erklärt sich auch dadurch, dass der Übergang zum elektrischen Betrieb besonders hohe Rationalisierungseffekte hatte, wenn dabei Dampflokomotiven abgelöst wurden. Auf der Strecke von Osnabrück nach Hamburg, die 1968 als letzter Abschnitt des künftigen Intercity-Netzes elektrifiziert wurde, trugen bis zum September 1968 noch Dampfloks die Hauptlast des Betriebs. Doch auch heute ist der elektrische Betrieb deutlich kostengünstiger als der mit Dieselfahrzeugen – wenn erst einmal die Investitionen für die Oberleitung getätigt sind. Die Bundesbahn profitierte selbst von der Investition in den Fahrdraht. Durch die Bahnreform hat sich die Lage geändert.

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