Wirtschaft Bahnindustrie für mehr Klimaschutz

Die Schienenfahrzeugproduktion spielt in Deutschland eine wichtige Rolle. Das Foto zeigt einen Doppelstockwagen von Bombardier f
Die Schienenfahrzeugproduktion spielt in Deutschland eine wichtige Rolle. Das Foto zeigt einen Doppelstockwagen von Bombardier für die Deutsche Bahn. Foto: dpa

Die Branche fordert die schnellere Modernisierung des maroden Schienennetzes und warnt vor Chinas strategischer Offensive in Europa.

Die Bahnindustrie in Deutschland ist weiter auf Wachstumskurs. Im ersten Halbjahr wuchs der Auftragseingang um 25 Prozent auf 8,1 Milliarden Euro durch viele neue Zugbestellungen. Allerdings stagnieren die Geschäfte in einem Kernbereich, dem teils maroden hiesigen Schienennetz. Die Ziele der Politik bei Klimaschutz und nachhaltiger Mobilität seien ambitioniert, doch Umsetzung und Finanzierung hinkten hinterher, kritisiert Michael Fohrer, Vizepräsident des Branchenverbands VDB, der rund 200 Fahrzeughersteller und Ausrüster mit 53.000 Beschäftigten vertritt.

Umsatz um fast 4 Prozent gesunken

Mit 5,2 Milliarden Euro Umsatz in den ersten sechs Monaten liegen die Erlöse der Bahnindustrie weiter auf hohem Niveau, sind allerdings um fast 4 Prozent gesunken. Man spüre die starke internationale Konkurrenz und die ungleichen Wettbewerbsbedingungen auf dem Weltmarkt, betont Fohrer. Die Exporterlöse gingen um 5 Prozent auf 1,9 Milliarden Euro zurück. Die deutschen Hersteller gelten international als technologisch führend. So produziert Siemens den ICE für die Deutsche Bahn (DB) und auch die Konkurrenten wie Bombardier (Kanada), Alstom (Frankreich) und Stadler (Schweiz) haben alle Fabriken hierzulande. Der mit Abstand größte Bahnhersteller aber ist mittlerweile mit CRRC in China entstanden und seit kurzem erstmals auch in Deutschland aktiv.

Chinesen kaufen in Kiel zu

Dazu haben die Chinesen die Loksparte von Vossloh in Kiel mit rund 500 Beschäftigten übernommen. Dort werden bisher vor allem Rangierloks produziert. In der Branche wird befürchtet, dass CRRC die deutsche Tochter strategisch für den Zugang in den EU-Markt nutzen wird, zunächst um mit den komplexen Zulassungsprozessen in Europa Erfahrung zu sammeln. China hat sein Bahnsystem seit der Jahrtausendwende massiv ausgebaut und mit CRRC den führenden Hersteller etabliert. Die Politik müsse aufpassen, dass sich „der Leitmarkt für Clean Mobility made in Germany“ nicht schleichend in andere Weltregionen verlagere, warnt Fohrer. Es dürfe nicht passieren, dass „Staatskonzerne aus Drittstaaten mit unverhältnismäßig billigen Preisen unseren Heimatmarkt umkrempeln“ und der Preiskampf letztlich den Fortschritt und Innovationen verhindere. Als Beispiel nennt VDB-Geschäftsführer Ben Möbius das Metroprojekt Chicago, das 2016 an CRRC ging. In Europa sind die Asiaten bisher noch nicht so erfolgreich. So bestellen große Staatsbahnen wie die DB oder Frankreichs SNCF ihre Züge noch meist bei einheimischen Herstellern wie Siemens und Alstom. Deren geplante Fusion der Zugsparten untersagte die EU-Kommission zu Jahresbeginn, obwohl sich die Regierungen in Berlin und Paris massiv für die Ehe der beiden führenden Hersteller eingesetzt hatten. Als Hauptgrund wurde genannt, dass ein Gegengewicht zu CRRC geschaffen werden solle. Allerdings wäre die Marktstellung des Duos in Europa noch bedeutender geworden als ohnehin schon.

Zukunftsmarkt Leit- und Sicherungstechnik

Besonders bei der digitalen Leit- und Sicherungstechnik sind Siemens und Alstom führend. Das Geschäft gilt als größter Markt der Zukunft, allein die Digitalisierung des deutschen Schienennetzes könnte bis 2040 rund 32 Milliarden Euro laut einer McKinsey-Studie kosten. Die Hersteller wollen bei der Digitalisierung mitreden und haben dazu ein eigenes Konzept vorgelegt, das eine Beteiligung an der neuen Gesellschaft Digitale Schiene Deutschland (DSD) vorsieht, deren Gründung DB-Vizechef Ronald Pofalla kürzlich mitgeteilt hat.

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