Eisenberg Zeichnungen eröffnen Blick in die Römerzeit

Bei Ausgrabungen hatten die Archäologen im Spätsommer ein komplettes Skelett aus römischer Zeit gefunden. Es lag mit dem Gesicht nach unten innerhalb der Mauern des spätantiken Burgus. Beide Schienbeine waren gebrochen und die Wirbelsäule durchtrennt. Nach einer normalen Bestattung sah das für die Wissenschaftler nicht aus (wir berichteten). Das Skelett werde derzeit von einer Anthropologin in Konstanz untersucht, berichtet Ulrich Himmelmann, Leiter der Landesarchäologie in Speyer. Erste Untersuchungen hätten die Vermutung, dass der Mann durch Gewalteinwirkung zu Tode kam, bestätigt. Endgültige Ergebnisse werden aber erst in einigen Wochen erwartet. Die weiteren Untersuchungen sollen unter anderem auch Aufschluss darüber geben, wann die Person gelebt hat und ob sie unter Krankheiten litt. Die übrigen Funde, die im vergangenen Jahr in Eisenberg gemacht wurden, sind mittlerweile gewaschen, verpackt und sortiert: insgesamt rund zwei Kubikmeter Scherben, Münzen und Knochen. Die Münzfunde bestätigen die Vermutung, dass der Burgus zur Zeit des Kaisers Valentinian I., der zwischen 364 und 375 regierte und mit Festungsanlagen das weströmische Reich stabilisierte, erbaut wurde. „Valentinian ist kaum bekannt in der Pfalz“, sagt Ulrich Himmelmann, Leiter der Landesarchäologie in Speyer. „Das müssen wir dringend ändern, denn von ihm wissen wir, dass er oft in der Region war.“ Im vierten Jahrhundert sei die Grenze des weströmischen Reichs zusammengebrochen. Valentinian sei vor allem deshalb nach Trier, der damaligen Hauptstadt des weströmischen Reiches, gekommen, um wieder Ordnung herzustellen. Er habe die Verwaltung neu gegliedert und die Grenze gegen die Völker auf der anderen Seite des Rheins mit Festungen gesichert. Im Zentrum der Ausgrabungen in diesem Jahr stand der spätrömische Burgus, der bereits Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts in Teilen freigelegt worden war. „Es gibt nicht mehr viele solcher Bauwerke, die unter freiem Feld liegen“, sagt Himmelmann. Zuletzt nahmen die Wissenschaftler eine Ecke an der Ostseite des Burgus genauer unter die Lupe. Etwas, das vermutlich einmal das Tor in den Innenhof war, haben die Studenten der Universität Heidelberg ausgraben und die Reste zweier Festungstürme mit einem Brunnen. Trotz des militärischen Zwecks des Bauwerks sind bislang keine Waffen in Eisenberg gefunden worden. „Ähnliche Festungen gibt es auch in Nackarau und Ladenburg“, sagt der Archäologe. Auch von römischen Schriftstellern seien Bauwerke dieser Art gut beschrieben worden, so dass man sich ein recht genaues Bild davon machen könne. Ob der Burgus in einer Schlacht zerstört worden oder ob er mit der Zeit einfach verfallen ist und die Steine für andere Zwecke verwendet wurden, bleibt Spekulation. „Es gibt Hinweise darauf, dass es einen Brand gab“, sagt Himmelmann. Überirdische Reste des Burgus gab es noch bis weit in die Neuzeit hinein: Auf einem Plan aus dem Jahr 1830 ist an der Stelle eine Ruine verzeichnet. Noch längst sind nicht alle Fragen der Wissenschaftler beantwortet. Himmelmann würde in einem künftigen Forschungsprojekt gerne noch mehr über den Burgus und über den römischen Vicus herausfinden: Welche Funktionen hatte der Burgus genau? War er Rathaus, Verwaltungssitz oder Militäranlage zur Sicherung der Straßen? Auch wie das Wirtschaftsleben im Vicus funktionierte, ist noch unklar: „Wir wissen, dass viel mit Eisen gemacht wurde“, sagt Himmelmann. „Aber wir haben noch keine Werkstätten gefunden.“ Eine Theorie ist, dass das römische Eisenberg zwar das Zentrum dieses Wirtschaftszweigs war, die eigentliche Eisenproduktion aber in einer Art „Industriegürtel“ im Umland stattfand. Grabungstechniker Uli Mayer hat sich im Stumpfwald schon auf die Suche nach Schlackeresten begeben und ist fündig geworden. „Das heißt aber noch nicht, dass diese von den Römern stammen“, sagt Himmelmann. Schließlich wurde auch in der Neuzeit Eisen in der Gegend produziert – von der Gießerei Gienanth. Aufschluss erhofft sich Himmelmann von den Wissenschaftlern des Curt-Engelhorn-Zentrums für Archäometrie, mit dem die Landesarchäologie kooperiert. Unabhängig davon, ob dieses breiter angelegte Forschungsprojekt zustande kommt, soll 2017 die Erforschung des Burgus mit einer weiteren Lehrgrabung abgeschlossen werden. Weiter freigelegt werden dabei die Überreste der südöstlichen Ecke des Burgus. Außerdem sollen kleinere Grabungen den vermuteten Verlauf der Außenmauer bestätigen. Wie dieser ausgesehen haben könnte, zeigen geoelektrische Aufnahmen des ehrenamtlichen Luftbildarchäologen Ulrich Kiesow. An der Ostseite scheint die Mauer an einer Stelle unerwartet zu Ende zu sein. Erst durch die Grabung können die Forscher eventuell herausfinden, was dahintersteckt. Die Stadt Eisenberg plant zudem weiterhin die Rekonstruktion eines Streifenhauses, dessen Reste in den vergangenen Jahren ausgegraben wurden. Wir berichtet, soll in dem Gebäude eine Art römische Taverne untergebracht werden, die regelmäßig bewirtschaftet wird. Daneben sollen römische Funde in einem Schauraum gezeigt werden, die derzeit im Haus Isenburg zu sehen sind. Für das Projekt, das über eine Million Euro kosten soll, will die Stadt Mittel aus dem EU-Programm Leader beantragen. Baubeginn wird laut Stadtbürgermeister Adolf Kauth wohl nicht vor 2018 sein. Termin Informationen zu den Forschungen am römischen Vicus stehen auch auf der Tagesordnung des Eisenberger Stadtrats am Dienstag, 14. März, 18.30 Uhr, im Sitzungssaal des Rathauses. Außerdem geht es um Spenden- und Bauangelegenheiten sowie die Auftragsvergabe für den Ausbau des Fußwegs Kirchstraße – Sandstraße.

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