Rheinpfalz „Wir brauchen diesen Luftraum“

Wieder lautes Geknatter über Mittelbrunn: Am Dienstagnachmittag drehte ein US-Militärhubschrauber über Mittelbrunn seine Runden,
Wieder lautes Geknatter über Mittelbrunn: Am Dienstagnachmittag drehte ein US-Militärhubschrauber über Mittelbrunn seine Runden, im Tiefflug und ohne Ankündigung. »Ein Ärgernis!«, sagt Landstuhls Bürgermeister Peter Degenhardt, der sich bei den zuständigen Stellen über die unangekündigte Übung beschwert hat.

Mit militärischen Erfordernissen und eingeschränktem Platz im Luftraum haben Vertreter der Bundeswehr im Kaiserslauterer Kreistag begründet, das eine Verlegung des militärischen Übungsluftraums TRA Lauter und der Polygone-Station Bann in weniger belastete Gebiete Deutschlands aus ihrer Sicht nicht möglich ist. Die Grünen bleiben jedoch auch nach der Präsentation im Kreistag bei ihrer Verlegungsforderung, wie ihr Fraktionschef Jochen Marwede mitteilte.

„Diese Dreifach-Belastung unserer Region durch TRA Lauter, Polygone und Air Base ist nicht mehr hinzunehmen, weil nach Ende des Kalten Krieges die Belastung in anderen Teilen Deutschlands deutlich zurückgegangen ist“, sagt Marwede. Der Kreistag hatte 2017 auf Initiative der Grünen die Verlegung gefordert. Das Verteidigungsministerium lehnte dies jedoch ab. Dieses klare Nein aus Berlin bekräftigte am Montag im Kreistag auch Sascha Greuel vom Luftfahrtamt der Bundeswehr. „Mit der TRA Lauter befinden wir uns in den Nischen zwischen den zivilen Lufträumen. Und diesen Luftraum brauchen wir für unsere Übungsflüge“, betonte er. Greuel erläuterte, was unter der TRA Lauter zu verstehen ist: Die „Temporary Restricted Area (TRA) Lauter“ sei ein zeitweise reservierter Sonderluftraum für militärische Trainingsflüge in 3000 bis 10.000 Metern Höhe, der sich über die Pfalz und das Saarland erstreckt. Unterteilt ist er in vier Sektoren. Die Air Base liege in der Mitte und habe eine eigene gesperrte Flugraum-Kontrollzone, ebenso wie etwa der Truppenübungsplatz Baumholder oder der Saarbrücker Flughafen. „Die TRA Lauter liegt oberhalb dieser Kontrollzonen, beginnt bei 3000 Metern und geht bis in die letzten Bereiche, in denen Flugzeuge fliegen können“, erläuterte der Major die vertikale Aufteilung des Luftraums. Die TRA Lauter sei einer von vier großen militärischen Übungslufträumen in Deutschland. Die drei anderen lägen im Allgäu, in Friesland und in Mecklenburg-Vorpommern. Auch dort seien die Belastungen etwa gleich hoch wie in der TRA Lauter. Der Anteil der TRA Lauter an den Gesamtübungsflügen (insgesamt 5328) lag 2017 bei 23 Prozent (1225 Flüge). Die TRA Allgäu kam auf 22 Prozent (1159 Flüge), die TRA Weser-Friesland (1124) und die TRA in Mecklenburg-Vorpommern (1132) jeweils auf 21 Prozent. Für eine „gleichmäßigere Verteilung der Übungsflüge auf die vier TRAs“ habe die AG Fluglärm Saarland/Rheinland-Pfalz gesorgt, sagte Greuel. Dieses Gremium des Innenministeriums und der Luftraumnutzer (Air Force, Bundeswehr) suche nach Möglichkeiten zur Vermeidung von Fluglärm im Bereich der TRA Lauter und habe auch für eine gleichmäßigere Verteilung der Flüge auf die vier Sektoren der TRA Lauter gesorgt. Zudem gebe es jetzt kürzere „Öffnungszeiten“ als in den drei anderen Übungszonen: Von Mai bis September dürfe in unserer Region von Montag bis Donnerstag von 8 bis 21 Uhr, freitags ganzjährig „nur“ noch von 8 bis 13 Uhr trainiert werden. In den anderen Zonen sind Übungen ganzjährig bis 23.30 Uhr und freitags bis 17 Uhr erlaubt. Teile des Flugbetriebs seien außerdem von der TRA Lauter ins benachbarte Ausland verlagert worden, nannte er eine weitere Maßnahme, die die AG Fluglärm bewirkt habe. „Doch das Ganze hat Grenzen“, betonte Greuel. „Eine Einschränkung der militärischen Einsatzbereitschaft ist nicht akzeptabel.“ Über die Aufgaben der Polygone informierte deren Leiter, Oberstleutnant Thomas Emig, den Kreistag. „Bei uns lernen die Piloten das Überleben bei Beschuss durch Boden-Luft-Raketen, mit technischen Stör- oder Täuschsendern und taktischen Flugmanövern“, hob er hervor. „Schließlich sollen die Besatzungen überleben, wenn wir sie in den Einsatz schicken!“ Ein Grundbetrieb in Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Frankreich sei „zwingend“. Doch sei sein Team mit den Simulationssystemen auch oft europaweit bei Manövern im Einsatz, was die Zahl der Flüge vor Ort gesenkt habe. „Dass ein Teil der Übungen bereits ausgelagert wurde, lässt hoffen, dass eine Verlegung der Polygon-Flüge in andere Regionen technisch wohl doch machbar ist“, kommentierte Marwede die Ausführungen. Zugleich begrüßte er die bereits erreichte Einschränkung der Übungszeiten in der TRA Lauter an Freitagen. „Ein erster kleiner Schritt“, so Marwede. „Auch das lässt hoffen, dass da noch mehr möglich ist.“ Zweifel äußerte der Fraktionschef der Grünen allerdings an der Gleichbelastung der vier TRAs: „Schaut man sich die Flugstunden an, die ja die Lärmbelastung bestimmen, ist die TRA Lauter tatsächlich mit 27 Prozent der deutschlandweit in TRAs geflogenen Flugstunden belastet“, hätten die Grünen errechnet. „Nimmt man die Flüge um die Polygone, die es nur hier gibt, hinzu, haben wir 35 Prozent der Flugstunden hier in der Region. Für den Raum Kaiserslautern und die Anflugschneisen auf die Air Base kommt dann noch eine erhebliche Belastung durch An- und Abflüge auf den größten Militärflugplatz außerhalb der USA hinzu. Nicht zu vergessen die Übungsflüge, etwa die stundenlang kreisenden Hercules C-130.“ Auf den Bodenlärm als zusätzliche Lärmquelle wies Knut Böhlke (SPD), Ortsbürgermeister von Kindsbach, hin. „Ich will die hiesigen Belastungen nicht abstreiten. Aber Sie können die Zahl der Flugstunden nicht einfach aufaddieren“, sagte der Bundeswehrvertreter zu den Berechnungen der Grünen: „Der Lärm verteilt sich über Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Sie haben hier nur einen Ausschnitt davon. “ Laut Greuel sind wegen des Lärms in diesem Jahr bislang aus Stadt und Kreis 510 Beschwerden eingegangen, davon 384 von zehn Bürgern. Knut Böhlke hielt dagegen: „Die Leute würden sich mehr beschweren, wenn ihre Beschwerden auch mal Konsequenzen hätten.“ Die gebe es durchaus, verwies der Major auf die Bemühungen der AG Fluglärm. „Die Maßnahmen werden umgesetzt, aber die Prozesse dauern eben.“

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