Rheinpfalz Von den neuen Vorgaben „kalt erwischt“

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Die Bruchmühlbach-Miesauer Verbandsgemeindespitze tut sich schwer damit, den weit fortgeschrittenen Flächennutzungsplan aufzustellen, der den Höhenzug beim Scharrhof zwischen Gerhardsbrunn und Hettenhausen als Vorranggebiet für Windkraft ausweist. Man könne die Vorgaben des neuen Landesentwicklungsplans (LEP) nicht erfüllen, glaubt Verbandsbürgermeister Erik Emich (CDU).

Die Haltung des Verbandsgemeinderats war noch im Januar eindeutig. Emich erhielt damals einhellige Zustimmung für seine Stellungnahme zur LEP-Fortschreibung. In der hatte er kritisiert, dass es nach der Landtagswahl von 2016 keine Übergangsfrist für Kommunen gebe, die mitten in Windkraft-Planungsvorhaben steckten. Dass der damals geschlossene Mainzer Koalitionsvertrag Mindestabstände von 1000 statt vorher 800 Metern zwischen Windrad und Siedlungen festsetzt und zudem Gruppen aus mindestens drei Anlagen pro Vorrangfläche vorsieht, habe die Verbandsgemeinde (VG) „kalt erwischt“, räumte Emich damals ein. Ratsmitglieder und Ortschef sprachen in der Sitzung von „Bevormundung durch das Land“ und „unerträglichen Eingriffen“ in die Entwicklungsmöglichkeiten der Dörfer. In die Gemeindekassen fließt bei Windkraftanlagen vor allem Geld über Nutzungsentgelte für Wege und Leitungsnetze sowie über die Gewerbesteuer, an der durch die Umlage auch die Verbandsgemeinden und Kreise teilhaben. War der Tenor im Januar noch, dass die VG mit dem „unmittelbar vor dem Abschluss stehenden“ Flächennutzungsplan weitermachen solle, äußert Emich inzwischen Zweifel. „Wo ist die Schwelle, bis zu der wir vertreten können, einen Flächennutzungsplan aufzustellen?“, fragt er sich. Zwei Aspekte bilden den Kern der Argumentation: Die 1000-Meter-Regel erlaube es nicht, nahe dem Scharrhof mindestens drei große Windkraftanlagen auf Verbandsgemeindegebiet zu bauen. Diese würden sich gegenseitig durch Windschatten und Wirbel beeinträchtigen. Außerdem sei es fraglich, ob das von einer Gesellschaft mit Sitz in Hettenhausen geplante Windrad die Baugenehmigung erhalte. Emich führt dazu einen Einspruch der Bundeswehr an sowie Vorkommen von Rotmilanen. Die VG-Verwaltung ist weder für die Baugenehmigung noch für die Rentabilität des Projekts verantwortlich. Für die Baugenehmigung ist die Kreisverwaltung in Kaiserslautern zuständig, die dazu aber auf einen gültigen Flächennutzungsplan zurückgreifen muss. Ob Windräder mit niedriger Nabenhöhe wirtschaftlich zu betreiben sind, kalkuliert der Betreiber. Dieser trägt im konkreten Fall auch alle Kosten für den Flächennutzungsplan. Die Sitzung, in der der VG-Rat das Thema beraten kann, findet am Freitag, 24. März, statt. Vorher werden die Fraktionen der SPD, die im Rat die Mehrheit stellt, sowie der CDU intern ihr Vorgehen abstimmen. SPD-Fraktionschef Bernhard Hirsch sagte auf Anfrage, es gäbe so viele Widersprüche gegen das Bauvorhaben, dass ernsthaft in Erwägung zu ziehen sei, die Sache nicht weiter zu verfolgen. Dies sei kein Fraktionsbeschluss, sondern seine persönliche Meinung, die er aber so in die Fraktion tragen wolle. Mögliche Regressansprüche seien zu prüfen. Wenn die VG tatsächlich zurückrudert, wird auf dem gut 400 Meter hoch liegenden, windreichen Gelände rund um den Scharrhof trotzdem ein Windpark entstehen: Auf dem Kamm verläuft die Grenze der Landkreise Kaiserslautern und Südwestpfalz. Auf deren Seite, nur rund 100 Meter vom Lauterer Land entfernt, ging im Herbst 2016 östlich des Scharrhofs bereits eine Anlage in Betrieb. Weiter westlich, ebenfalls auf südwestpfälzer Gebiet, wollen zudem die Pfalzwerke einen Windpark realisieren. Für Gerhardsbrunn hieße das Aus, dass der Ort nach heutigem Stand die Hälfte seiner Windradpläne begraben müsste. Übrig bliebe ein Windrad, das als Teil des voraussichtlich fünf Anlagen umfassenden Windparks Langwieden/Gerhardsbrunn gestellt werden soll. In der VG Bruchmühlbach-Miesau produzieren aktuell elf Windräder Strom: Vier gehören zu Martinshöhe, sieben zu Lambsborn. |kgi

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