Rheinpfalz Trainingslager kein Romantik-Urlaub
«Mannheim.» An einem Tag Anfang Januar sitzen Nadine Gonska, die schnellste deutsche 400-Meter-Läuferin des Jahres 2018, und Patrick Domogala, einer der schnellsten deutschen Sprinter des Vorjahres, in der Mannheimer Leichtathletik-Halle und erzählen. Sie erzählen über ihr sportliches Jahr 2018. Und sie erzählen, was sie 2019 sportlich gerne erreichen würden. Da die beiden seit Jahren ein Paar sind, ist ein Interview mit ihnen fast zwangsläufig nicht nur ein Gespräch über Erfolge, Zeiten und Ziele, sondern eben auch darüber, wie es so ist, mit einem Partner zusammen zu sein, der ebenfalls Leistungssportler ist. Was bei den beiden anders ist als bei vielen Paaren: Der Sport ist Beruf – auch wenn Gonska zudem gerade ihr Grundschul-Referendariat in Ladenburg erfolgreich zu Ende gebracht hat und Domogala an der SRH Riedlingen ein Fernstudium vorantreibt – und nicht der Ausgleich zum Beruf. Was bei den beiden wie bei den meisten Paaren ist: so ziemlich alles andere. „Natürlich dominiert der Sport unseren Alltag. Trotzdem sind wir ein ganz normales Paar“, sagt der 25-jährige Domogala. Ein Paar, das die gemeinsame Zeit gerne zum Spazierengehen oder Essen gehen nutzt, am Wochenende schon mal Gonskas Familie in Langenlonsheim bei Bad Kreuznach besucht oder gemeinsam Serien schaut. Beide empfinden es dabei als Vorteil, dass der Partner auch Leistungssportler ist. „Die Verständnisfrage stellt sich erst gar nicht“, sagt Gonska (28). Also die Frage, ob es der Partner akzeptiert, dass man so viel Zeit und Leidenschaft in den Sport steckt. „Der Alltag ist aufeinander abgestimmt“, erzählt Domogala. Er und seine Freundin haben einen ähnlichen Schlafrhythmus, ernähren sich ähnlich, sind oft zusammen in Trainingslagern oder auf Wettkämpfen. Natürlich wird abends auch mal über das zuvor absolvierte Training gesprochen – so wie andere Paare sich aus ihrem Berufsalltag erzählen. Grundsätzlich, so sagen die beiden, gehe es bei Gesprächen in der Freizeit eher selten um Sport. Beziehungsweise um ihren Sport. Schwierig, sagt Domogala, könne so eine Leistungssportler-Leistungssportler-Beziehung nur dann werden, wenn es bei einem der beiden mal nicht so läuft. Bei ihm lief es in den Jahren 2015 bis 2017 nicht so. Im Juli 2015 wurde er an beiden Leisten operiert und im Dezember 2016 – nach einem kurzen Comeback auf der Laufbahn – an der linken Hüfte. Erst 2018 konnte er wieder so Sport treiben, wie er wollte. Während Nadine Gonska in dieser Phase ihre ersten Starts bei internationalen Meisterschaften hatte, musste Domogala um die Fortsetzung seiner Karriere bangen. Aber sie haben diese Herausforderung gemeistert. Gemeistert, in dem Domogala zurücksteckte, seine Freundin unterstützte. Und Gonska auch Verständnis für Domogalas Situation zeigte. 2018 war für beide ein Jahr mit vielen Höhen, aber auch einigen Tiefen. Gonska wurde erstmals deutsche Einzelmeisterin über 400 Meter, schied bei der Heim-Europameisterschaft in Berlin aber schon im Vorlauf aus. „Ich habe feststellen müssen, dass es im Sport einfach Tage gibt, an denen funktioniert es nicht“, sagt sie. Domogala gelang sein Comeback, er lief die EM-Norm über 100 Meter, verpasste einen möglichen EM-Einzelstart dann allerdings wegen eines Fehlstarts bei den deutschen Meisterschaften und den EM-Endlauf mit der Staffel, weil das deutsche Quartett im Vorlauf ausschied. 2019 stehen neue Herausforderungen an. „Neuer Anlauf, neues Jahr, neues Glück“, sagt Domogala. 2019 klingt nach der Heim-EM 2018 in Berlin und vor den Olympischen Spielen 2020 in Tokio auf den ersten Blick einmal wie ein Zwischenjahr, wie ein Übergangsjahr. Das ist es für die beiden Mannheimer allerdings nicht: „Jedes Jahr steht für sich“, sagt Gonska. Immerhin finden 2019 Hallen-Europameisterschaften, Staffel-Weltmeisterschaften, bei denen sich die schnellsten Teams bereits für Olympia qualifizieren, und Freiluft-Weltmeisterschaften statt. Bei allen drei großen Events 2019 wollen sie dabei sein. Beide. Gemeinsam. Solch ein internationales Großereignis als Paar zu erleben, sei schon etwas ganz Besonderes, sagen sie. Allerdings ist es dann in der Realität doch alles andere als ein Romantik-Urlaub zu zweit. Bei der EM in Berlin 2018 sahen sie sich teilweise nur kurz abends für einen gemeinsamen Spaziergang. Es gehört für einen Leistungssportler dazu, sich damit zu arrangieren. „Bei Großereignissen muss sich jeder auf sich fokussieren“, sagt Domogala und fügt hinzu: „Aber trotzdem freut man sich natürlich über die Leistungen des anderen.“ Das werden sie auch 2019 ganz sicher wieder. Die Serie In der Serie „Neues Jahr, neues Glück“ haben wir aus ganz unterschiedlichen Bereichen Menschen aus Mannheim vorgestellt, die mit dem Jahr 2019 aus bestimmten Gründen besondere Erwartungen oder Hoffnungen verknüpfen.