Lokalsport Südpfalz Tennis: Cabrio-Dächer und Spezialbeläge für nix

Die Halle in Siebeldingen.
Die Halle in Siebeldingen.

Spiel und Satz – doch von Sieg kann keine Rede sein. Die Tennishallen in Rheinland-Pfalz bleiben zu. Die Wintersaison fällt wohl aus. Etliche Südpfälzer Vereine und Betreiber müssen ihre Bauprojekte verschieben. Oder kämpfen gar ums Überleben.

Während sich in Karlsruhe zwei Tennisspieler darüber streiten, ob der Ball im Feld war oder nicht, hört man in der Halle des TC Schwarz-Weiß Landau nichts. Während in Frankfurt das Netz wackelt, weil es ein Spieler zu genau nehmen wollte, sammelt sich auf dem Netz der Halle des TC Blau-Weiß Herxheim der Staub. Und während in Saarbrücken ein übermotivierter Spieler einem Ball hinterherhechtet, muss in der Halle des TC Germersheim keiner blaue Flecken befürchten. Spiel, Satz und Sieg heißt es nämlich in Rheinland-Pfalz dieser Tage nirgendwo. Der Tennissport im Innenraum ist verboten, die Hallen sind geschlossen. Und das bleibt mindestens bis zum Jahresende so.

In den meisten Bundesländern darf das gelbe Spielgerät aber weiter hin und her gespielt werden. Unter strengen Hygienevorschriften. Ein Sportlehrer aus Montabaur befürchtet, dass die Rheinland-Pfälzer dann eben in die Nachbarländer Baden-Württemberg, Hessen oder Saarland fahren. Und vielleicht auch nach der Corona-Pandemie ihrem Heimat-Bundesland zum Tennis spielen den Rücken kehren. Deshalb hat er eine Online-Petition gestartet: Die Hallen in Rheinland-Pfalz sollen geöffnet werden.

Fast dauerhaft ausgebucht

Da wäre zum Beispiel die Halle des TC Schwarz-Weiß Landau. Zwei Plätze, Teppichboden, in der Regel fast dauerhaft ausgebucht. Seit 1973 steht das gute Stück in Landau. „Zum Glück hat sich der Verein, als damals das Clubheim abgerissen und ein neues gebaut wurde, dazu entschieden, die Halle gleich mitzubauen“, sagt der Vorsitzende Wolfgang Getto.

Der Belag wurde über die Zeit immer wieder erneuert. Vor einem Jahr stellte der Verein auf stromsparendere LED-Beleuchtung um. Als nächstes müsse das Dach der Halle renoviert werden, sagt Getto. Eine Fotovoltaikanlage sei auch im Gespräch. Beides müsse aufgrund von Corona aber noch auf sich warten lassen.

Fixkosten und offene Abos

„Im November und Dezember bekommen wir etwas vom Staat. Wie es im Januar aussieht, wissen wir nicht“, sagt Getto. Er rechnet trotz der Zuschüsse damit, dass der Verein viel Geld verlieren wird. Warmes Wasser, die sanitären Anlagen der Gaststätte zum Beispiel: Der Verein habe immer noch Fixkosten. Hinzu kämen Rückzahlungen oder Entschädigungen für bereits abgeschlossene Abos, die nicht bedient werden können. Getto: „Uns ist klar, dass der Staat uns nicht monatelang finanzieren kann. Wir hoffen, dass wir mit einem blauen Auge davonkommen.“

Er wünscht sich, dass das Spiel zumindest in Teilen wieder erlaubt wird: „Dass nicht zu viert oder zu acht gespielt werden darf, sehe ich ja ein. Aber beim Einzelspiel gehen zwei Leute rein, spielen Tennis und gehen wieder. Da gibt es kein nennenswertes Infektionsrisiko.“ So könne auch für den Teil der Einnahmen der Trainer gesorgt werden.

Der Verein hat die Petition unterschrieben und sieht sich für eine potenzielle Öffnung gerüstet. „Wir haben überall Schilder, Desinfektionsmittel, die Duschen abgesperrt und Masken im Haus, falls sie jemand vergessen hat“, sagt Getto.

Isoliert mit Verpackungsfolie

Der TC Blau-Weiß Herxheim ist mit seiner Halle schon lange nicht mehr zufrieden. Diese hat nur einen Platz. Darauf tummeln sich im Normalfall über 20 Mannschaften. Aktive und über 120 Jugendliche.

Die Halle sei fast 50 Jahre alt, sagt der Zweite Vorsitzende und Sportwart Martin Appel. Früher wurde hier auf Sand gespielt. Mittlerweile hat sie einen Kunstrasen. Beheizt wird sie mit Öl, isoliert zum Teil mit Verpackungsfolie. „Bei den Energiekosten macht das keinen Spaß mehr, bei der Klimaschutzdiskussion schon zweimal nicht“, sagt Appel.

Immerhin: Der Verein hat keine laufenden Kosten. Trotzdem muss eine neue Halle her. Bereits 2008 hat sich der TC Herxheim beim Goldenen Plan der Kreisverwaltung beworben. „2016 sind wir angesprochen worden, dass wir in den nächsten Jahren zum Zug kommen könnten. Corona hat die Überlegungen jetzt aber blockiert. Das muss gut überlegt sein“, sagt Appel. Der Verein will sich im kommenden Jahr konkreter mit dem Thema beschäftigen und eine Machbarkeitsstudie durchführen.

„Die Menge an Hallen nimmt ab“

Der Wunsch sind zwei Plätze mit einem modernen teppichähnlichen Untergrund, auf dem der Ball ein Sprungverhalten wie auf dem Sandplatz hat. Eine neue Halle in der Region zu haben, sei auch mit Blick auf die schwindende Tennishallenanzahl kein Fehler, sagt Appel. „Minderslachen hatte vier Plätze, Offenbach drei. Beide sind weg. Bornheim hat zwei und kommt nächstes Jahr weg. Die Menge an Hallen nimmt einfach ab.“

Appel kann die Entscheidung verstehen, die Hallen zu schließen: „Ich halte es für absolut erforderlich, Kontakte einzuschränken. Wenn dazu gehört, kein Tennis zu spielen, dann ist mir das auch recht. Es wäre aber wünschenswert, wenn man das in allen 16 Bundesländer gleich behandeln würde.“

Entgegenkommende Vereine

Gabriel Kilanowski betreibt die Halle in Siebeldingen, die normalerweise vom TC Siebeldingen und Vereinen aus Godramstein, Nußdorf, Albersweiler, Landau und Insheim genutzt wird. Entsprechend hat auch er Abobesitzer, die er nicht bedienen kann. Während der ersten Coronawelle seien ihm etliche Vereine entgegengekommen und hätten kein Geld zurückverlangt. „Dafür bin ich sehr dankbar. Viele können das aber nicht noch mal machen“, sagt Kilanowski.

Hinzu kommen unter anderem Kosten für Unterhalt, Strom und Heizung. Als Grundsteuer für das 10.000 Quadratmeter fassende Gelände müsse er jährlich zum Beispiel 3500 Euro, für Versicherungen 6000 Euro aufbringen.

Zukunft ungewiss

Der C-Trainer geht trotz der staatlichen Hilfen von einem Minusgeschäft in der Wintersaison aus. Und steht vor einer ungewissen Zukunft: „Ich werde schon überleben, kann aber nicht garantieren, dass ich das nächste Jahr noch mitmache.“

Kilanowski ist enttäuscht von der Entscheidung, die Hallen zu schließen. „Durch Corona ist Tennis wieder In geworden. Es wäre vermutlich mein bestes Jahr gewesen. Die hohen Infektionszahlen kommen sicher nicht vom Tennis.“

Die Halle in Siebeldingen gibt es seit den 1970er-Jahren. Kilanowski hat sie 2001 gekauft. Damals noch mit Teppichboden. Seit einer Teilrenovierung aufgrund einer Brandstiftung vor zehn Jahren wird auf den drei Plätzen auf Sand gespielt.

„Die benötigten Einnahmen fehlen“

Ähnlich viele Jahre hat das Sportzentrum Wrede in Germersheim auf dem Buckel. In der Halle des ansässigen TC Germersheim flogen 1971 auf zwei Teppich-Plätzen die Bälle. In den Anschlussjahren folgten vier Sandplätze und ein Clubhaus. Zwischen 1988 und 1991 wurde der Hallenboden, die Heizung und die Außenhaut für 600.000 Mark saniert. 2017 und 2019 wurden Hallenboden und Beleuchtung erneuert.

„Der Tennisclub Germersheim wurde durch die Corona-Pandemie sehr hart getroffen. Die Schließung der Tennishalle in den Monaten April, November und Dezember führt dazu, dass die benötigten Einnahmen fehlen“, schildert der Vorsitzende Sascha Schüler. Die Einnahmen der kompletten Hallensaison kompensieren zu müssen, sei eine „Herkules-Aufgabe“ für den Verein, der die Maßnahmen der Regierung aufgrund der Zahlen und Todesfälle im In- und Ausland aber nachvollziehen könne.

Schüler beteuert, dass der Verein mit seinen 157 Mitgliedern sehr leidensfähig sei und sich nicht unterkriegen lasse. Um im Jahr 2028 das 100-jährige Bestehen feiern zu können, müsse er das Schutzschild, dass das Land für gemeinnützige Vereine in Not eingerichtet hat, aller Voraussicht nach in Anspruch nehmen.

Zehn Prozent von hundert

Ob der Sportpark Maikammer, mit seinem Cabrio-Dach, seiner modernen LED-Beleuchtung und dem laut Aussagen auf der Website „gelenkschonenden Kunstrasenbelag“ auf vier Plätzen bis dahin noch besteht, ist wohl auch unklar. Inhaber Dario Fiala, in dessen Halle normalerweise unter anderem der TC Kirrweiler sein Wintertraining abhält, will sich aufgrund der prekären Situation bedeckt halten.

Der Neustadter Ingenieur Matthias Glatte ist gleich dreifach betroffen. Er betreibt die Sportwelt Bad Bergzabern. Diese beinhaltet die Zwei-Platz-Halle mit dem „gelenkschonenden Spezialbelag“, ein Fitnessstudio und eine Gastronomie. Alle drei haben zwangsweise geschlossen, aber fortlaufende Unterhaltungskosten. Wie kompensiert Glatte das? „Wir müssen entweder mit der Bank reden, ob sie das Darlehen vorübergehend aussetzt, oder privat investieren“, sagt er. Der Betreiber habe nur zehn Prozent der Umsätze eingenommen, die er eigentlich hätte haben müssen. Unterstützung bliebe bislang aus, da sich das durch Wirtschaftsprüfer durchgeführte Verfahren ziehe.

„Tennis ist kein Kontaktsport“

Die Halle gibt es seit Anfang der 1980er-Jahre. 2010 hat Glattes Architektur- und Ingenieurfirma sie erworben und ein Jahr später generalsaniert. Glatte kann die Entscheidung der Landesregierung nicht ganz nachvollziehen: „In Einkaufsläden darf ein Besucher pro 20 Quadratmeter rein. Beim Tennis stehen vier Leute auf über 600 Quadratmetern. Unsere Halle ist im Durchschnitt acht Meter hoch. Tennis ist kein Kontaktsport. Aerosole sind da kein Problem.“

Antifrost in Annweiler

Auf jeden Fall durch den Winter schaffen wird es der TC Rot-Weiß Annweiler. Die Zwei-Platz-Halle mit dem gefederten Kunststoffbelag steht auf Antifrost, heizt also nur, wenn Frostgefahr besteht. Hallenabos hat der Verein gar nicht ausgeschrieben. Sollte es doch noch zu einer Wintersaison kommen, sind nur Einzelbuchungen möglich.

Die Halle wurde Anfang der 1970er- Jahre erbaut. Belag und Heizung seien über die Jahre immer wieder erneuert worden, sagt der Zweite Vorsitzende Joachim Müsch. Der Bau der Halle sei damals ein „großes finanzielles Risiko“ gewesen. „Es ist unheimlich viel in Eigenleistung gemacht worden. Der damalige Vorsitzende hat die Gemeinde nach Altpapier abgegrast, Lkw-Ladungen verkauft und so das nötige Geld generiert“, sagt Müsch. Die Halle hat auch einen Aufenthaltsraum für etwa 60 Personen.

Gedankenspiele

In Annweiler könnten bald Veränderungen anstehen. Hornbach überlege, in ein Wellnesscenter zu investieren, sagt Müsch. Dem würden das Clubhaus und zwei Außenplätze der Anlage im Weg stehen. Das Unternehmen würde ein neues Clubhaus und einen neuen Platz errichten. Die Halle wäre nicht betroffen. Allerdings seien das bislang nur Gedankenspiele.

Die neue Anlage könne sich positiv auf den Verein auswirken. „Man könnte davon ausgehen, dass das Hotel des Wellnesscenters als Teil seines Programms unsere Tennisplätze anbietet. Das wäre förderlich für den Verein“, sagt Müsch. Er bedauert, dass dem 120 Mitglieder fassenden Verein immer wieder Kinder und Jugendliche nach deren Schulabschluss verloren gingen.

Etliche Vereine der Verbandsgemeinde nutzen die Zwei-Platz-Halle in Hatzenbühl, die dort seit über 20 Jahren steht und seit zwei Jahren einen neuen Teppichbelag hat. Auch hier bewegt sich schon länger kein Netz mehr. Auch hier hoffen die Betreiber, dass sie es über den Winter schaffen.

„Die Leute denken ja mit“

Klaus Werling ist Vorsitzender des TC Hatzenbühl. Der Verein mietet sich meist für Jugendtraining in der Halle ein. „Training mit sieben bis acht Kindern sehe ich schwierig. Aber für die umliegenden Vereine wäre eine Lockerung zumindest für Einzel oder Doppel interessant“, sagt er. „Die Leute, die einen Schläger in der Hand haben, denken ja mit.“

Bei einem dritten Lockdown hieße es vielerorts wahrscheinlich: Spiel, Satz und Feierabend.

Fast 50 Jahre alt: der Bau in Herxheim.
Fast 50 Jahre alt: der Bau in Herxheim.
Zwei Plätze mit Teppichboden beim TC SW Landau.
Zwei Plätze mit Teppichboden beim TC SW Landau.
Auf Vordermann gebracht: die Halle in Germersheim.
Auf Vordermann gebracht: die Halle in Germersheim.
x