Rheinpfalz Symbole des Lichtes

Vor den Osterfeiertagen, dem Fest der Auferstehung Christi, ist Hochsaison im sonst so beschaulichen Hauensteiner Karmelkloster. Pfarrgemeinden aus ganz Südwestdeutschland lassen hier, im Kloster der unbeschuhten Karmelitinnen, ihre Osterkerzen fertigen. Sie nehmen in der katholischen Liturgie der Osternacht einen wichtigen Platz ein. Zunehmend würden aber auch, so berichtet Schwester Stephana, die den kleinen Klosterladen betreut, evangelische Kirchengemeinden im Karmel die Kerzen mit der besonderen Symbolik ordern.

„Ich habe noch nicht gezählt, wie viele Osterkerzen heuer bestellt wurden“, erzählt die aus Franken stammende Ordensfrau, die vor mehr als 50 Jahren ins Hauensteiner Kloster eingetreten ist. Pfarreien aus Luxemburg seien immer die ersten, die die Osterkerzen abholten, viele gingen ins Bistum Trier, die meisten natürlich in die Diözese Speyer. „Aber wir haben auch schon Osterkerzen nach Italien geliefert“, weiß Schwester Stephana. Es gibt sie in verschiedenen Größen: Die kleinsten Kerzen sind gerade mal 20 Zentimeter groß, die größten messen einen Meter. Allen Osterkerzen sind vier Symbole gemeinsam: Da steht das Kreuz als Zeichen der Christenheit im Mittelpunkt, in das während der Weihezeremonie am Osterfeuer fünf rote Wachs-Nägel zur Erinnerung an die fünf Wundmale Jesu eingefügt werden. Es sind die griechischen Buchstaben Alpha und Omega appliziert, die auf die Offenbarung des heiligen Johannes hinweisen, in der sich Jesus Christus als „das Alpha und das Omega, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende“ bezeichnet. Und zur Osterkerze gehört nicht zuletzt die jeweilige Jahreszahl, in der die Kerze geweiht wurde. Alljährlich entwerfen die Ordensschwestern über diese wiederkehrende Zeichen hinaus Kerzen mit weitergehender Symbolik: 2014 ist das beispielsweise das im Zentrum des Kreuzes platzierte Osterlamm, das zum einen an die alttestamentarische Geschichte des Auszugs der Israeliten aus Ägypten und an das uralte jüdische Ritual erinnert, zu Ostern ein Lamm zu schlachten, das zum anderen in der christlichen Tradition symbolisch zum „Lamm Gottes“ (Agnus Dei) geworden ist und als Zeichen neuen Lebens verstanden wird. „Die Auferstehung, das neue Leben, steht in der Symbolik unserer Kerzen immer im Zentrum: So ist auch das Symbol des Weizenkorns, das vergehen muss, um tausendfach Frucht zu tragen, zu verstehen oder das Bild vom frischen Zweig, das aus dem Holz des Kreuzes sprießt“, erläutert „Pfortenschwester“ Stephana die Zeichenhaftigkeit der Kerzen. Die Verzierung von Motivkerzen ist eine jener Tätigkeiten, die die Schwestern des Karmelklosters neben dem Gebet und der Kontemplation verrichten. Der Benediktinischen Regel des „Ora et labora“ (lateinisch: „Bete und arbeite!“) folgend verzieren die Schwestern kunstvolle Motivkerzen; nicht nur Osterkerzen, auch Taufkerzen, Hochzeitskerzen und Kerzen zu vielerlei anderen Anlässen entstehen in der Klausur, dem streng vom Leben draußen abgetrennten Teil des Klosters. 13 Schwestern leben derzeit in der klösterlichen Gemeinschaft, in der auch Hostien für viele Pfarreien gebacken werden. „Da arbeiten wir zusammen. Jeder trägt seinen Teil zum Gelingen bei“, beschreibt Schwester Stephana die Arbeit der Nonnen. Aber: „Bei allen Arbeiten versuchen wir, in Einsamkeit und Schweigen den Dialog mit Gott weiterzuführen“, heißt es in einer Schrift des Klosters, das Ende der Fünfzigerjahre auf einem Hügel oberhalb des Dorfes und in unmittelbarer Nachbarschaft zur Katharinenkapelle errichtet wurde. Die Osterkerzen, wie sie im Karmel hergestellt werden, spielen in dem österlichen Gottesdienst schlechthin, der Feier der Osternacht, eine bedeutende Rolle. Die Liturgie, die am späten Abend des Karsamstags oder am frühen Morgen des Ostersonntags gefeiert wird, nimmt ihren Ausgang mit einer „Lichtfeier“: Zunächst wird das Osterfeuer entzündet und gesegnet: In den Segensgebeten über Feuer und Kerze wird die Lichtsymbolik rund ums Osterfest betont. „Segne dieses Feuer, das die Nacht erhellt, und entflamme in uns die Sehnsucht nach dir, dem unvergänglichen Licht“, heißt es im Segensgebet, das bei der Segnung des Feuers gesprochen wird. Am Feuer wird auch die Kerze geweiht und entzündet. Mit dem dreifachen Ruf „Lumen Christi“ („Christus, das Licht“) bringt der Priester anschließend die brennende Kerze in die dunkle Kirche, in der das Licht – ausgehend von Osterkerze – an die Mitfeiernden weitergegeben wird. „Mit der dadurch verbundenen zunehmenden Helligkeit wird deutlich, dass Christus das Licht ist, das die Finsternis vertreibt“, beschreibt das Speyerer Bistumsblatt „Der Pilger“ diese Symbolik. Noch einmal in der Feier der Osternacht wird die Osterkerze in das liturgische Geschehen eingebunden: Bei der Weihe des Taufwassers wird die Kerze ins Wasser eingesenkt. Die Osterkerze hat in der Osterliturgie eine lange Tradition: Erstmals erwähnt wurde eine Osterkerze im Jahr 384 in Piacenza in einem Brief des Kirchenlehrers Hieronymus. Spätestens 417 verwendete sie ein Papst Zosimus in Rom. Im 10. Jahrhundert etablierte sich die Osterkerze in den katholischen Kirchen. Sie brennt während aller Gottesdienste bis Pfingsten und wird auch bei Taufen entzündet. (ran)

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