Rheinpfalz Streiterin für ein gutes Miteinander

Mannheim

. Natürlich sei die Integration eines ihrer Themen, sagt Nazan Kapan, die bei der Kommunalwahl im Mai von Platz acht auf Platz sieben der SPD-Liste hochgerutscht ist und damit im neuen Mannheimer Gemeinderat sitzen wird. Schließlich sei sie doch auch Kommunalpolitikerin geworden und habe wie schon 2009 auch diesmal wieder für das Stadtparlament kandidiert, „damit es selbstverständlich wird, dass Menschen mit Migrationshintergrund da sind und mitmachen, mitgestalten.“ Die 51-jährige Sozialpädagogin, die im Stadtteil Jungbusch den internationalen Mädchentreff des Stadtjugendrings leitet, hat klare Vorstellungen davon, was sie mit ihrem politischen Engagement erreichen möchte. Großes nämlich: „Ich wünsche mir eine Stadtgesellschaft, in der sich alle Menschen wohlfühlen und gegenseitig wertschätzen.“ Aber sie wisse natürlich auch, „dass ich das nicht mehr erleben werde“. Kapan hat türkische Wurzeln, wurde auch in der Türkei geboren. Gerade mal 40 Tage alt war die kleine Nazan, als sie im Spätsommer 1962 nach Deutschland kam. In Duisburg ist sie aufgewachsen, der Liebe wegen, wie sie mit einem Lächeln erzählt, ist sie Jahre später nach Heidelberg gezogen. Und habe die Liebe irgendwann gegen das Studium eingetauscht. Studiert hat Kapan in Mannheim, gewohnt hat sie in dieser Zeit in Ludwigshafen-Süd. 1993 ist sie Mannheimerin geworden, auch weil sie dort ihren Job fand. In die SPD ist die Mutter eines inzwischen erwachsenen Sohnes 2005 eingetreten, zum einen „weil ich von meinen Eltern her sozialdemokratisch geprägt bin“, zum anderen, weil sie Willy Brandt und dessen Politik gut fand. Vor allem aber entschied sich Nazan Kapan für die SPD, „weil das Thema Solidarität, das für mich eine sehr große Bedeutung hat, ein wichtiges Thema auch der Sozialdemokraten ist“. Was sie im neuen Gemeinderat, der sich am 22. Juli konstituieren wird, genau erwartet, weiß Kapan selbst noch nicht. Wo sie gerne ihre künftigen Schwerpunkte in der Kommunalpolitik setzen möchte, aber schon. „Jugend, Sport, Integration“, zählt sie auf, und fügt dann an, dass sie das Wort Integration eigentlich nicht möge. Diversität, also Vielfalt, sagt Kapan, wäre ihrer Meinung nach der bessere Begriff. „Den Menschen sehen“, nicht wo er herkommt, wie er aussieht oder welche Religion er hat – das dürfte der Kern der Idee von einer offenen und toleranten Stadtgesellschaft sein, wie sie Nazan Kapan vorschwebt. Eine erste Etappe auf dem Weg dahin könnte nach Ansicht Kapans eine bessere Jugendarbeit in Mannheim sein. „Ich habe das Gefühl, dass die Jugendarbeit und auch Bildung in der Stadt zu kurz kommen“, sagt die in der Jugendarbeit tätige Neu-Gemeinderätin. Als Beispiel nennt sie der Jugendarbeit an den Ganztagsschulen. Die dürfe nicht nur „Zuarbeiter“ bleiben, sondern müsse mit den schulischen Belangen auf Augenhöhe sein. Schließlich habe Jugendarbeit einen hehren Anspruch. Nämlich junge Menschen auf ihrem Weg ins Erwachsensein zu begleiten, sie zu stärken, sie zu befähigen, später in der Gesellschaft mitwirken und sich für Dinge einsetzen zu können. Von sich selbst behauptet die Sozialpädagogin, die bekennende Muslima ist, ein Mensch zu sein, der prinzipiell den Konsens suche. „Aber ich bin auch streitbar, wenn es um die Rechte von Frauen, Kindern oder Minderheiten geht.“ Wer solch weitreichende Interessen vertreten möchte wie Nazan Kapan, kann es nicht verstehen, dass es andererseits so viele Menschen hierzulande – auch in Mannheim – gibt, die ausschließlich ihre eigene kleine Welt im Blick haben, und danach sogar entscheiden, ob sie ihre demokratischen Rechte ausüben oder nicht. Im Wahlkampf habe sie beispielsweise mit einer Frau zu tun gehabt, erzählt Kapan, die stinksauer gewesen sei, weil in ihrer Straße ein Baum, der dort wohl gepflanzt werden sollte, noch nicht gesetzt war. „Die wollte deshalb nicht wählen gehen“, sagt Kapan kopfschüttelnd. Die 51-Jährige weiß wohl, dass sie sich künftig auch mit derlei Problemen herumschlagen muss. Ihre Vorstellungen von einer toleranten Gesellschaft will sie deswegen aber nicht in den Hintergrund schieben. Im Gegenteil: Dass diese Idee einmal Realität wird, dafür wolle sie ihr Bestes beizutragen versuchen.

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