Kultur Südpfalz „Stahl ist ein ganz besonderer Stoff“
Kunstferne konnte man dem im Vergleich zu Karlsruhe eher kleinen Ettlingen schon bisher nicht nachsagen. Das gilt auch für die Bildende Kunst. Nachdem der Kunstverein Wilhelmshöhe 2009 mit einer Ausstellung zum Thema „Holzskulptur heute“ Aufsehen erregte, haben eben dieser rührige Verein und das im Schloss untergebrachte Museum Ettlingen mit Unterstützung der Stadt und diverser Sponsoren nun ein ganz großes Ding gestemmt: „Stahlplastik in Deutschland gestern und heute“, an zwei Standorten und im öffentlichen Raum.
Man habe, so die Kunstvereins-Vorsitzende Ines Schomburg nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Was die Jury mit Werner Pokorny, selbst ein international bekannter Stahlplastiker und der eigentliche Ideengeber, dem aus Ettlingen stammenden Bildhauer Eckart Steinhauser und Museumsleiterin Daniela Maier ausgewählt hat, ist aber ein fulminanter Überblick über das Thema ab 1960. Immerhin sind im Gesamtrahmen der Schau über hundert Arbeiten von 90 Künstlerinnen und Künstlern zu sehen. Darunter Prominenz von Horst Antes und Gabriele Beck über Erich Hauser und Otto Herbert Hajek bis Ansgar Nierhoff oder Robert Jacobsen. Dann gibt es, so im Fall von Irmgard Ohme, Wiederentdeckungen und schließlich ist auch die jüngere Generation vertreten, etwa mit Arbeiten von Felix Rombach, Katja Strunz oder Manuela Tirler. Ein Pfalz-Bezug ergibt sich durch Hiromi Akiyama (Rheinzabern), David D. Lauer (Gleisweiler), Franz Bernhard (Jockgrim) oder den aus Landau gebürtigen Michael Croissant (leider sind diese Künstler alle nicht mehr unter uns). „Stahl ist ein besonderer Stoff“, so der Kunsthistoriker Günter Baumann von der – wie auch die Sammlung Würth oder die Städtische Galerie Karlsruhe – zu den Leihgebern gehörenden schwäbischen Galerie Schlichtenmaier. In der Tat: Stahl ist zwar formbar, aber doch nur bedingt veränderbar. Und er kann rosten, wodurch sich seine Oberfläche verändert. Er kommt zunächst schwer und massiv daher, kann aber im künstlerischen Prozess eine erstaunliche Leichtigkeit gewinnen. Für das Schwere wie das Leichte gibt es in Ettlingen eindrucksvolle Beispiele: Einerseits Werke etwa von Pokorny, Gert Riel, Wilfried Hagebölling oder eben Croissant, andererseits luftige oder zierliche Kreationen wie von Brigitte Schwacke, Manuela Tirler oder Norbert Kricke. Wie gut sich der Werkstoff mit farblichen Effekten kombinieren lässt, zeigen nicht nur Robert Jacobsen und Gerlinde Beck, sondern zum Beispiel. auch Gisela von Bruchhausen. Auch heitere Momente sind nicht ausgeschlossen, etwa wenn Stefan Rohrer zwischen Schloss und Eiscafésein „Bluebird“ präsentiert, einen extra langen blauen Motorroller. Oder angesichts des von Günther Uecker mit Y. Fongi kreierten Nagelschuhs, bei dem die Spikes nach oben stehen. Zu erwähnen schließlich die Plastik in „Bewegung und Schwingung“, wie eine Abteilung im Museum überschrieben ist: Da erstaunen u.a. Werke von Michael Danner, Harry Kramer und Peter Vogel („Minimal Music Piece“). Im Stadtraum sind an verschiedenen Plätzen wie Stadtpark, Rosengarten, Watthaldenpark und am Schloss zusätzlich zu bereits vorhandenen Kunstwerken größere Arbeiten von zehn Künstlern zu sehen. Eine in mehrerlei Hinsicht sinnvolle Entscheidung. Stahl wurde als Material für die Kunst erst spät entdeckt. Erst als Julio Gonzalez und Pablo Picasso um 1930 begannen, aus Schrottteilen Skulpturen zusammenzuschweißen, begannen sich auch andere für die verschiedenen Formen und Qualitäten dieses Werkstoffs zu interessieren. Auch wenn der zuletzt nicht immer das Hauptaugenmerk des Publikums gefunden haben mag, hat er seine Anziehungskraft doch nicht verloren, zumal er vielseitiger ist, als es zunächst vielleicht aussieht. Seit einer repräsentativen Ausstellung mit 41 Bildhauern 1993 in Halle ist dies die in Ettlingen nun die erste, die wieder einen umfassenden Überblick über die Stahlplastik in Deutschland gibt. Der immensen Arbeit der Ausstellungsmacher ist ein großes Publikumsinteresse zu wünschen.