Rheinpfalz Spaniols Visionen

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Saarbrücken. Frank Spaniol, Ex-Vorstandschef der Innungskrankenkasse (IKK) Südwest, wurde gestern zu neun Monaten Haft auf drei Jahre Bewährung verurteilt. Der 50-Jährige räumte am Saarbrücker Amtsgericht die Anstiftung zur Untreue sowie Urkundenfälschung ein. Er hatte im Januar 2009 seinen untergebenen IKK-Finanzchef gedrängt, 30.000 Euro vom Firmen- auf sein Privatkonto zu überweisen.

Die Anklage gegen den 44-jährigen IKK-Finanzchef wurde vor Prozessbeginn gegen eine Geldauflage von 5000 Euro eingestellt. Ihm hielt das Gericht zugute, dass er durch seine Aussagen den Prozess gegen Spaniol erst ins Rollen gebracht habe. Auch sei er von Anfang an geständig und habe eine notarielle Schuldanerkenntnis unterzeichnet, die ihn der Zwangsvollstreckung unterwirft. Dagegen habe Frank Spaniol, der am 28. März 2013 fristlos gekündigt wurde, bis heute nicht den Schaden von 30.000 Euro beglichen, den er bei der IKK angerichtet habe, so die Staatsanwältin. Verhandelt wurde in Saarbrücken, weil dort die IKK Südwest ansässig ist. Hinter verschlossenen Türen wurde Spaniol im Gespräch mit Richterin, Staatsanwältin und Verteidigung ein umfassendes Geständnis empfohlen – es spreche für ihn, wenn er dem Gericht weitere Verhandlungstage und Zeugenvernehmungen erspare. Spaniol gab zu, aus Geldnot seinen Finanzchef überredet zu haben, ihm 30.000 Euro aus der Firmenkasse zuzuschanzen. Der Untergebene drängte ihn daraufhin mehrfach, einen Beleg beizubringen, um die Überweisung legal aussehen zu lassen. Daher fabrizierte Spaniol mit Datum vom 9. Januar 2009 die erfundene Rechnung einer österreichischen Firma für die angebliche Lieferung medizinischer Gerätschaften zur Behandlung seines krebskranken Vaters. Bevor er auf Drängen seines Anwalts wie vereinbart alle Vorwürfe einräumte, versuchte der 50-Jährige gestern eine Stunde lang sein Handeln zu erklären. Seit einer Herzmuskelentzündung im Jahre 2004, so sagte er, werde er oft von prophetischen Visionen heimgesucht. Er wisse nicht, ob diese „Gabe“ ein „Geschenk oder ein Fluch“ sei. Er habe die Niederlage von Borussia Dortmund in Liverpool und die Wahlschlappe der SPD 2009 vorhergesagt. Der Flug der Zugvögel habe ihm die Börsenkurse offenbart. Leider interpretiere er diese Zeichen mitunter falsch, was zu seiner Pleite bei Aktienspekulationen geführt habe. Vor Gericht entschuldigte er sich und meinte, er hätte damals lieber einen Bankkredit aufnehmen sollen. Dennoch stellte sich Spaniol als Opfer einer Intrige in der IKK dar und bezichtigte den Finanzchef und Verwaltungsratschef Rainer Lunk der Lüge. „Nicht jeder, der sich merkwürdig verhält, ist verrückt“, fasste die Richterin die Aussage des psychiatrischen Gutachters zusammen. Dieser bescheinigte Spaniol zwar eine „auffällige Persönlichkeitsstruktur und die Neigung, sein Potenzial zu überschätzen“. Von pathologischer Spielsucht oder gar einer „schweren seelischen Abartigkeit“, die eine Schuldunfähigkeit begründet hätte, könne bei Spaniol aber keine Rede sein. |ghm

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