Rheinpfalz „Sieht aus wie nach Zweitem Weltkrieg“

„Treppe kaputt, Hausmeister kaputt“: Da habe sie nun vor lauter Trümmern gestanden und schreckliche Angst gelitten, klagte das Opfer der wüsten Attacken. Einer solchen sei sie auch selbst anheim gefallen: Ihr Widersacher habe sie ins Gesicht geschlagen. Damit bestätigte die Zeugin, was die Staatsanwaltschaft dem 50-Jährigen zuvor zum Vorwurf gemacht hatte. Der Richter schenkte all dem Glauben – und verurteilte den Mann wegen Körperverletzung und Beleidigung zu einer Geldstrafe.

Heiß hergegangen muss es sein an jenem kalten Novembertag vergangenen Jahres. Schauplatz: ein Hotel. Die Hauptbeteiligten: Chefin, deren Personal und ein ehemaliger Mitarbeiter, der offenkundig im Unfrieden geschieden ist. Der auch – den Schilderungen der Hausherrin nach – vorab immer wieder gedroht hat, er werde alle fertigmachen. Werde dafür sorgen, dass sie Europa verlassen müssten. Werde Interpol informieren, ihnen das Leben arg verderben. „Er hat gesagt, wir kriegen Probleme. Die haben wir jetzt“, sagt die Frau Mitte Dreißig. Ein wohl schon länger schwelender Konflikt hatte Mitte November offene Flammen hervorschießen lassen. Außer sich vor Wut sei der Angeklagte den Berg heraufgefahren, habe wild herumgeschrien und Einlass begehrt. Den aber habe ihm der Hausmeister verweigert. Resultat: Der 50-Jährige habe sich mit Gewalt den Weg gebahnt, den Mann – von eher kleiner Statur – aus dem Weg geräumt. Das Opfer sei die Treppe hinabgepurzelt, habe dabei das Geländer mitgenommen, welches glatt aus der Verankerung gerissen sei. Ärger noch als der Handlauf sei indes der Hausmeister lädiert gewesen. „Die Haare standen hoch, wie wenn er in eine 220-Volt-Steckdose gegriffen hätte“, formulierte die Frau vor Gericht blumig. „Er hat ausgesehen wie nach dem Zweiten Weltkrieg...“ Damit aber war noch nicht Schluss. Die Chefin selbst, in ihrer Kemenate vom Trubel aufgeschreckt, war inzwischen zum Ort des Geschehens geeilt, ihr kleines Kind auf dem Arm. Sie habe riesige Angst gehabt, auch um die Kleine, sagte die Frau. Das Kind spielte durchaus eine Rolle: „Wie soll sie zuerst geschlagen haben? Sie hatte doch das Kind auf dem Arm“, sollte später ein Zeuge die Version der Frau bestätigen. Der Angeklagte hatte die ganze Angelegenheit zuvor nämlich ganz anders dargestellt. Klar, sei er erbost gewesen. Und wie. Doch zuerst habe die Frau den Arm erhoben, ihm eine geklatscht. Daraufhin habe er – reflexartig – zugelangt und die Ex-Chefin dabei wohl auch im Gesicht erwischt. Die Anwältin des 50-Jährigen sollte aus dieser Vorgehensweise später in ihrem Plädoyer einen Fall von Notwehr konstruieren. Das aber wollte nicht so recht funktionieren, zumal ja noch die Sache mit dem Hausmeister im Raum stand. Ihm gegenüber aber wollte sich der Angeklagte ebenfalls nur zur Wehr gesetzt haben. Warum er nicht einfach vor der Tür geblieben sei? Er sei doch gekommen, um seine Sachen zu holen, erklärte er. Die zunächst nebulös anmutenden Umstände klärten sich im Laufe der Zeugenaussagen doch merklich auf. Der 50-Jährige hatte für die Frau und deren Mann gearbeitet, hatte mit Frau und Kind und Frau Mama auch bei den Angestellten des Hotels gewohnt, war allerdings im Zorn geschieden. Noch ausstehendes Entgelt habe man ihm glatt versagt. Und als er nun gekommen sei, um die Reste seines Hausstands aus dem Hotel zu holen, sei es zu jener unschönen Auseinandersetzung gekommen. Die Verteidigerin konnte zumindest diese Angaben bestätigen: Tatsächlich hatte es eine Auseinandersetzung vor dem Arbeitsgericht gegeben. Und jenes habe, so die Anwältin, zugunsten des Arbeitnehmers entschieden: Der Kündigungsschutzklage sei stattgegeben, dem Mann seien noch verbleibende Forderungen von 10.500 Euro zugestanden worden. „Ich bin ja nur ein kleiner Mann“, hauchte ein Hüne, der vor aller Prozessbeteiligter Augen im Zeugenstuhl zu schrumpfen schien. Er tue nur, was Chef und Chefin ihm auftrügen. Gesehen habe er gar nichts. Jene Aussage fand die Verteidigerin bezeichnend: „Alle stehen im Abhängigkeitsverhältnis zu dem Ehepaar“, erklärte sie, warum die Version ihres Mandanten nur einer seiner beiden Umzugshelfer bekräftigte, der damals dabei war. Der Angeklagte – nach eigenen Angaben selbstständig, aber vom Drauflegen lebend – gab rasch noch eine Theorie von blühenden Kooperationen zwischen zwei hier rege aktiven osteuropäischen Mafia-Gruppen zum Besten, ehe er den Schuldspruch entgegennahm. Weil sein Sündenregister bis dato blütenweiß ist, kam er mit einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 17 Euro davon. (cha)

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