Rheinpfalz Schnitzel-Schmarrn

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Verschiedenen Vorkommnissen der jüngsten Vergangenheit ist es zu danken, dass sich die Staatsanwaltschaft Mainz einen internationalen Ruf als Exzellenz-Cluster in Sachen Satire erarbeiten durfte. Manches von interessierter Seite Eingebrockte liegt den Juristen dort zwar noch unangenehm im Magen. So ist die pikante Frage, wo genau die Geschmacksgrenze zwischen Spaß und Majestätsbeleidigung zu verorten ist, längst nicht abschließend beantwortet. Einen Teilaspekt haben die Mainzer Ermittler aber binnen Wochenfrist routiniert abgefrühstückt. Die Rede ist vom „Nazi-Schnitzel“, das auf der Facebook-Seite der ZDF-Heute-Show serviert wurde: Nach dem Erfolg des Kandidaten der rechtsgerichteten FPÖ bei der österreichischen Bundespräsidentenwahl war dort ein paniertes Etwas in Form eines Hakenkreuzes zu bestaunen. Darunter befand sich folgende Bemerkung: „Österreicher wählen eben so, wie Sie es vom Schnitzel kennen: möglichst flach und schön braun.“ Den zahlreichen Facebook-Likes nach zu urteilen, traf dies zwar eher den deutschen Humor-Geschmacksnerv als Jan Böhmermanns sattsam bekannte Ausführungen zum Demokratieverständnis des türkischen Präsidenten Erdogan. Aber zumindest der eine oder andere Österreicher war von dem Piefke-Schmäh so richtig bedient. Als Folge hagelte es wüste Beschimpfungen aus der Alpenrepublik an die Adresse der „Heute-Show“-Recken. Und die Mainzer Staatsanwaltschaft war einmal mehr gefordert. Nicht etwa, um den Urhebern der Beschimpfungen einen gesalzenen Denkzettel zu verpassen, sondern um sich Anzeigen auf der Zunge zergehen zu lassen, in denen eine schmerzlich empfundene Majestätsbeleidigung des österreichischen Politikers angeprangert wurde. Dank der Umsicht der Mainzer Ermittler bleibt uns aber eine juristische Küchenschlacht um das Nazi-Schnitzel erspart. Ihr Argument: Die „Heute-Show“-Satire habe gerade nicht dem amtierenderen Ösi-Präsidenten ordentlich eingeschenkt. Wer aber bloß einen Kandidaten durch den Kakao zieht, kann nicht wegen „Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten“ eins übergebraten bekommen. Im Nachhinein kann der interessierte Beobachter nur erleichtert sein, dass das Wiener Schnitzel nicht zum Gegenstand einer Haupt- und Staatsaffäre wird. Wäre es doch höchst unfair, dieses köstliche Gericht allein wegen seiner goldbraunen Panade in den Verdacht der Nazi-Nähe zu rücken. Gerade diese luftige Oberfläche wissen Kenner besonders zu schätzen. Als Geheimtipp fürs Gelingen wird unter Schnitzelfreunden die Johann-Lafer-Methode gehandelt. Dieser aus der Steiermark stammende Wahl-Rheinland-Pfälzer, der jüngst ebenfalls die hiesige Justiz beschäftigte, empfiehlt auf seiner Internetseite, vor dem Panieren unters Eigelb etwas geschlagene Sahne zu mischen. „Das Ergebnis ist echt ein Traum“, schwärmen Lafer-Jünger. Auch historisch gesehen wäre der Nazi-Verdacht bezüglich des Wiener Schnitzels ein ziemlicher Schmarrn. Angeblich soll der Führer zumindest in seinen reiferen Jahren überwiegend Müsli und Rohkost verzehrt haben. Eine unangenehme Neigung zu Magenkrämpfen und Blähungen soll die Ursache dafür gewesen sein. Wiener Schnitzel dürften demnach kaum zu Hitlers Leib- und Magenspeisen gezählt haben. Bleibt die Geschmacksfrage, ob das Hakenkreuz-Schnitzel ein besonders gelungener Gag war. Wir wissen zwar nicht, was das Wiener Kabarettisten-Urvieh Helmut Qualtinger dazu gesagt hätte. Aber der stimmgewaltige Künstler hat einen bemerkenswerten Qualitäts-Maßstab aufgestellt: Satire ist laut Qualtinger „die Kunst, einem anderen so auf den Fuß zu treten, dass er es merkt, aber nicht aufschreit“. Na servus.

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