Rheinpfalz „Scheint spannend zu werden“

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Bei der Landtagswahl 2016 treten mit Malu Dreyer (SPD) und Julia Klöckner (CDU) erstmals zwei Frauen gegeneinander an, um Ministerpräsidentin zu werden. Der Politikwissenschaftler Uwe Jun (52) von der Universität Trier sagt, das beeinflusse den Wahlkampf.

Was ist mit zwei Frauen der Unterschied zu anderen Wahlkämpfen?

Zunächst einmal ist klar, dass die Parteien die Eigenheiten der Spitzenkandidatinnen berücksichtigen. Das gehört zum Tagesgeschäft. Man muss also sehen, wie die politischen und auch persönlichen Eigenschaften mit in den Wahlkampf einfließen. Falls Frauen überhaupt andere politische Eigenschaften haben. Haben sie? Da hat die Forschung noch keine eindeutigen Ergebnisse geliefert. Es gibt aber beispielsweise Erkenntnisse aus der politischen Psychologie, die besagen, dass Frauen mehr Empathie, mehr Einfühlungsvermögen haben und besser zuhören. Sie können sich durch vertieftes Zuhören besser in politische Probleme einfühlen. Was ist strategisch anders, wenn zwei Frauen gegeneinander antreten? Es ist sicher für Frau Klöckner schwieriger, einen aggressiven Stil an den Tag zu legen, wenn sie gegen Malu Dreyer antritt, als gegen Kurt Beck. Kurt Beck hat selber stärker aggressiv agiert. Natürlich gib es auch Beispiele wie Maggie Thatcher in Großbritannien, aber in der Regel kann man sagen, dass Frauen weniger Aggressivität in die Politik bringen. Gibt es Unterschiede, was die Themen und die Parteiprogramme betrifft? Da ist weniger wahrscheinlich, dass es einen Unterschied gibt. Die Spitzenkandidatinnen haben sicherlich ein entscheidendes Mitspracherecht, und wir wissen, dass Familienpolitik zum Beispiel ein Thema ist, das Frauen eher behandeln. Aber ob Frauen dann auch eine andere Familienpolitik machen, wissen wir nicht. Schon unser Interview zeigt: Zwei Frauen im Wahlkampf – das ist ein spannendes Thema für die Medien. Da es das erste Mal ist, dass wir diese Situation auf Landesebene haben, wird es automatisch dazu führen, dass man eine Medienaufmerksamkeit gewinnt. Immer wenn sie etwas Neues haben, springen die Medien darauf an: neue Parteien, eine neue Person, eine neue Konstellation. Und an unserem Interview merkt man auch: Frauen in der Politik sind auch heute noch keine Selbstverständlichkeit. Da würde ich Ihnen widersprechen. In der Politik sind sie schon selbstverständlich. In den Parteien sind zwar immer noch mehr als 70 Prozent der Mitglieder Männer und weniger als 30 Prozent der Mitglieder Frauen. Im Bundestag ist der Anteil der Frauen in den letzten Jahren aber stark gestiegen. Ob es wirklich eine spezifisch weibliche Sicht auf die Politik gibt, wissen wir jedoch nicht eindeutig. Wird in Rheinland-Pfalz neben dem Medieninteresse auch die Wahlbeteiligung steigen? Da die mediale Aufmerksamkeit recht hoch sein wird und es nach den derzeitigen Umfragen ein recht offenes Rennen ist, haben wir schon mal zwei wichtige Faktoren, die dafür sprechen. Welche Rolle spielt Aussehen, wenn Frauen gegeneinander antreten? Es wird jedenfalls von den Medien stärker aufgenommen. Wir erinnern uns alle noch an die Diskussionen um die Frisur von Frau Merkel. Es wurde in den Medien auch schon die Diät von Frau Klöckner diskutiert. Wer hat es grundsätzlich leichter in einem Wahlkampf: der Amtsinhaber oder der Gegenkandidat? Grundsätzlich gilt: Der Amtsinhaber hat es leichter. Gerade die Ministerpräsidenten in den Ländern haben es einfacher, weil die Oppositionskandidaten wesentlich weniger bekannt sind. Zumal die amtierenden Ministerpräsidenten noch eine Symbolkraft für das Land erreichen. Wir hatten allerdings nur ein paar Jahre um Frau Dreyer kennenzulernen. Insofern ist ihr Vorteil nicht so groß, denn Frau Klöckner ist auch schon einige Jahre in der Landespolitik aktiv. Im Vergleich dazu Baden-Württemberg: Winfried Kretschmann ist wesentlich bekannter als sein Gegenkandidat. Kretschmann verkörpert Baden-Württemberg. Herr Jun, wie wird die Landtagswahl 2016 in Rheinland-Pfalz ausgehen? Wenn ich das wüsste, würde ich bei vielen Buchmachern gewinnen, oder die Parteien würden mich minütlich anrufen. Ich weiß es nicht. Es scheint, glaubt man den Meinungsumfragen, ein spannender Wahlkampf zu werden. Interview: Rebekka Sambale

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