Kultur Südpfalz Reise durch mehrere Jahrhunderte

Ende März trat sie mit dem Cellisten Julian Bachmann beim Eröffnungskonzert des Palatinischen Frühlings der Musikfreunde in Bad Bergzabern auf und wurde von der Presse sehr gelobt. Am Samstag gab sie in der Villa Ludwigshöhe bei Edenkoben einen Solo-Klavierabend und riss die Zuhörer zu Beifallsstürmen hin: Die aus Litauen stammende Pianistin Gryta Tatoryté.

Gastgeber war der Zonta-Club Landau-Südpfalz, der neben internationalen und regionalen sozialen Projekten auch junge Künstlerinnen unterstützt und die hochbegabte Musikerin und Preisträgerin namhafter Wettbewerbe zum zweiten Mal eingeladen hatte. Die Pianistin nahm die in großer Zahl erschienenen Konzertbesucher mit auf eine musikalische Reise durch mehrere Jahrhunderte. In Gryta Tatorytés Spiel wirkt jedes musikalisch ausgeformte Detail außergewöhnlich sinnvoll. Alles scheint durchdacht, nichts wirkt überzeichnet. Stark beeindrucken ihre souveräne Übersicht über die Architektur der Werke, ihre atemberaubende pianistische Technik, die sie stets in den Dienst eines immensen Gestaltungsreichtums stellt, und ihr Sinn für sensible Klanggestaltung. Hinzu kommt eine überaus kultivierte Spielweise. Sehr entgegen kam die Härte des Flügels der Wiedergabe des Präludiums und der Fuge F-Dur BWV 856 von Bach. Die trockene Artikulation, die durchhörbare Transparenz und die schwingende Rhythmik verliehen diesen Miniaturen heitere Natürlichkeit. In reizvollem Kontrast zu diesen Bach-Stücken stand die Darbietung der Sonate F-Dur KV 332 von Mozart. Die anfangs beeinträchtigende Härte des Flügels glich die Pianistin durch ihren subtilen Anschlag weitgehend aus. Das Adagio lebte von der bis ins Detail ausgekosteten Kantabilität, während im Finale die Finger wild und glitzernd brillant über die Tasten glitten. Mit der Sonate F-Dur op. 54 von Beethoven schloss sich der Kreis der F-Dur Tonart, die Gryta Tatoryté als die Tonart des Fühlens in den Mittelpunkt stellte, wie sie in ihren das Konzert einleitenden Worten bemerkte. In diesem von der Sonatenform stark abweichenden und etwas befremdend wirkenden Werk zeigte sich die Pianistin als eine formal klar und dynamisch fein gestaltende Künstlerin. Mit großer Einfühlung und großartiger Intensität erzeugte sie im ersten Satz eine gediegene, spannungsvolle Dramatik, die sich im zweiten Satz ins fast Übersinnliche steigerte und in dem fulminanten Schluss ihren Höhepunkt fand. Ganz andere Anschlagsfarben und Klangeindrücke gab es nach der Pause. Die beiden Werke des litauischen Komponisten Mikalojus Konstantinas Ciurlionis überzeugten durch ihre harmonische Ausgewogenheit und ihren farbenreichen Klang. Ein einziges Klangfarbenspiel waren „Oiseaux tristes“ und „Une barque sur l′océan“ von Ravel. Zwei Werke von Chopin beendeten das Konzert. Die von träumerischer Ruhe und brillantem Schillern geprägte Berceuse brachte die Pianistin sehr melodiebetont zum Klingen. In dem spannungsgeladenen Scherzo Nr. 3 cis-Moll präsentierte sie sich als Virtuosin höchsten Ranges. (wgm)

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